DIALEKTIKER
VIRTUELLER GRENZGÄNGER
Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer
Wenn Dominik Süss einmal Pause macht: Beine hoch und zum Wohl!
Du bist in der Branche als Social-Media-Experte bekannt und betreust mit deiner Agentur adspice viele heimische Gastronomie-Betriebe. Gleichzeitig präsentierst du dich mit deinem kürzlich erschienenen Kochbuch von deiner kulinarischen Seite. Dann arbeitest du auch regelmäßig im elterlichen Gasthof im Service mit. Siehst du dich vor allem als Koch, Wirt oder Social-Media-Experte?
Das sind drei unterschiedliche Rollen, die mir allesamt sehr viel Spaß machen. Nachdem meine Eltern recht jung und tatkräftig sind und unseren Gasthof wohl noch eine Zeit lang führen werden, helfe ich momentan überall dort aus, wo gerade viel zu tun ist. Wie es im Betrieb mit der nächsten Generation weitergehen wird, ist in der Familie aktuell kein Thema. Ich bin ein echtes Wirtshauskind und habe den Beruf von der Pike auf gelernt – also zunächst die Koch- und Kellnerlehre absolviert und dann in verschiedenen Betrieben mein Wissen vertieft. Besonders gerne erinnere ich mich an meine fünf Lehrjahre im Hotel Guglwald. Die letzten paar Jahre war ich als Koch auf „Wanderschaft“, manchmal auf Saison wie bei Martin Sieberer in Ischgl oder im „Tian“-Pop-up Arlberg. Dann ging es nach Kopenhagen und Vancouver in Fine-Dining-Restaurants. Kochen ist und bleibt meine große Leidenschaft.
Wie auch immer meine Zukunft in unserem Gasthof ausschauen wird – es ist mit Sicherheit kein Fehler, wenn der Wirt weiß, worauf es in der Küche ankommt.
Kochbücher gibt es wie Sand am Meer. Du hast weder einen berühmten Namen noch ein bekanntes Hauben-Restaurant in Rücken. Wieso wolltest du unbedingt ein Kochbuch machen? Und wie hast du es geschafft, dass es sich so toll verkauft?
Mit meinem Kochbuch „einfach, herzhaft & süß“ will ich junge Menschen fürs Kochen begeistern, indem ich zeige, dass das alles keine Hexerei ist, wenn man ein paar Grundregeln beherrscht. Es ist für den täglichen Einsatz in der Küche gedacht und nicht als Schmuckstück für die Bibliothek. Wer selbst ein bisschen kochen kann, schätzt dann auch eine ehrliche Wirtshausküche, wie sie bei uns in Oberkappel geboten wird. Dem Trend zu Fertiggerichten und Food-Delivery wollte ich einfach etwas entgegensetzen.
Mit Brandstätter habe ich einen familiengeführten Verlag gefunden, der mein Konzept verstanden und super umgesetzt hat. Was dem Verlag auch getaugt hat, war, dass ich mich ganz aktiv in die Vermarktung des Buches eingebracht habe. Da ist mir meine Erfahrung mit Online-Marketing zugutegekommen.
Wie vermarktet ein unbekannter Autor auf Social Media sein Kochbuch?
Indem man spannende Kurzvideos dreht, die von möglichst vielen Leuten geschaut werden. Bei meinem persönlichen Insta-Account „sweet.dominik“ habe ich aktuell 151.000 Follower. Als das Buch erschienen ist, haben wir ein zwei Meter hohes Dummy gebaut, mit dem ich quer durch Wien gegangen bin. Das hat nicht nur vor Ort für viel Aufmerksamkeit gesorgt, auch die Shorts, die wir auf Instagram und Tiktok hochgeladen haben, wurden zigtausend Mal angeschaut. So haben wir es auf Platz eins der Bestsellerliste geschafft. Dafür haben wir keine aufwendige Video-Produktion gebraucht. Wir haben das mit unseren Handys aufgenommen und daheim am Computer selbst zusammengeschnitten. Wenn man versteht, worum es geht, ist Online-Marketing die günstigste Werbeform, die es gibt.
Wer selbst ein bisschen kochen kann, schätzt eine ehrliche Wirtshausküche, wie sie auch im Gasthof Süss in Oberkappel geboten wird.
Dein Kochbuch richtet sich an junge Leute, die viel Zeit auf Social Media verbringen. Mit originellen Videos kann man dort sehr hohe Clickzahlen erreichen. Im Gasthof Süss habt ihr ein ganz anderes Publikum. Da bringen schräge Videos, die von Kids auf der ganzen Welt geschaut werden, wenig, oder?
Klar. Da muss man es anders machen. Aber das funktioniert genauso gut. Mit dem Account „gasthofsuess“ haben wir zwar „nur“ 12.500 Follower, weil wir dort ausschließlich Leute aus der Region ansprechen wollen, die potenzielle oder bereits bestehende Gäste sind. Auch hier sind Kurzvideos die beste Möglichkeit, sich in Erinnerung zu rufen, ein Event anzukündigen oder Mitarbeiter zu suchen. Wir können für zusätzliche Nachfrage sorgen, wenn wir sehen, dass in den kommenden Wochen manche Tage noch nicht so gut gebucht sind. Wir machen Gutschein- Aktionen, kündigen Themen- Wochen an und so weiter. Auch dafür brauche ich nicht mehr als mein Handy und ein bisschen Zeit. Ich würde jedem Gastronomen raten, es einfach selbst zu probieren. Das Know-how ist schnell gelernt und der technische Aufwand hält sich wirklich in Grenzen. Wer sich da nicht drübertraut, kann gerne unsere Agentur kontaktieren, aber eigentlich ist es nicht so schwer.
Wieso dann eine Agentur, wenn das alles nicht so schwer ist?
Es geht immer um Ressourcen.Wenn man das gut machen will, muss man halt ein bisschen Zeit investieren.Manchmal geht es darum, ein einzelnesEvent anzukündigen, oder darum, kurzfristig Mitarbeiter zu finden. Will man in kurzer Zeit viele Menschen erreichen, sollte man schon verstehen, wie die Algorithmen der Plattformen funktionieren. Wir helfen gerne weiter, aber man kann auch in Eigenregie erfolgreich sein, wenn man sich mit der Materie ein bisschen beschäftigt.Früher haben wir Events in Lokalmedien angekündigt und Mitarbeiter über Zeitungen gesucht. Das hat auchGeld gekostet. Verglichen damit ist Online-Marketing deutlich günstiger und effizienter.
Zurück in die reale Welt. Oberkappel ist ein kleines Nest, weitab von größeren Ballungsräumen. Trotzdem sind am Sonntag mehr als 200 Gäste da. Wo kommen die alle her?
Die Grenze zu Bayern ist keine 40 Meter entfernt. Rund die Hälfte unsere Gäste kommt aus Bayern, obwohl das Preisniveau bei uns mindestens 20 Prozent höher ist als in Deutschland. Wir machen das mit einer höheren Qualität beim Essen und einem besonders herzlichen Service wett.
Der Gasthof ist seit 1887 in Familienbesitz. Schon meine Großeltern und dann meine Eltern haben laufend in Modernisierungen investiert. So haben wir auch neun schöne Gästezimmer. Viele Gäste fahren zumindest eine halbe Stunde mit dem Auto, um zu uns zu kommen. Wir haben es geschafft, uns den Ruf zu erarbeiten, dass es sich lohnt, uns zu besuchen. Da kommen wieder Facebook und Instagram ins Spiel, wo wir uns bei bestehenden Gästen laufend in Erinnerung rufen können
Gerade die Bayern sind so stolz auf ihr Bier. Bei euch bekommen sie aber „nur“ österreichisches Bier. Sorgt das für Diskussionen?
Gar nicht. Auch die Bayern trinken am liebsten lokal gebraute Biere und nicht die großen Marken aus München. Das Mühlviertel ist die lebendigste Bierregion Österreichs. Bei uns gibt es immer mehrere regionale Biere vom Fass. Bezüglich der Bierkultur gibt es wirklich keine Grenze zwischen dem Mühlviertel und Bayern.
Und wie schaut es mit der Sprache aus? Sprechen die Nachbarn im nächsten Dorf wirklich anders?
Jo mei, freilich. Wenn ich das sage, wissen die Bayern gleich, dass ich ein Oberösterreicher bin. Umgekehrt ist es genauso. Nach dem ersten Satz weiß ich, ob jemand von diesseits oder jenseits der Grenze kommt. Natürlich sind die Unterschiede für Außenstehende sehr klein und oft nicht zu hören. In Norddeutschland gehen wir als Bayern durch, in Passau aber nicht. Mir taugen unsere Dialekte total, sie bereichern die Gespräche und gehören zum Schmähführen einfach dazu. Mit unserer Agentur bin ich immer wieder auch in anderen Bundesländern unterwegs und freue mich über die unterschiedlichen Dialekte in unserem Land. Sogar in Wien passiert es mir relativ oft, dass jemand nicht nur den Oberösterreicher, sondern manchmal sogar den Mühlviertler in mir heraushört.
Mit meinem Kochbuch „einfach, herzhaft & süß“ will ich junge Menschen fürs Kochen begeistern, indem ich zeige, dass das alles keine Hexerei ist, wenn man ein paar Grundregeln beherrscht, so “Sweet Dominik”.
wer&wo
Gasthof Süss
Marktplatz 7, 4144 Oberkappel



