DAS OLIVENÖL RUND UM
Gastbeitrag: Viron Deliniotis
Die Welt des Olivenöls etwas näher zu bringen und aufzuzeigen welche Freude es bereiten kann, diese hochkomplexe Aromen wahrzunehmen und Spitzenöle zu genießen. Ganz abgesehen von den positivenAuswirkungen für unseren Körper. Ist die Absicht meines Gastbeitrages für Lust&Leben online.
καλή μέρα – kalí méra! Ich bin Viron, der Gründer von DELINIO. Aufgewachsen in Stuttgart, habe ich nach meinem Wirtschaftsstudium in Griechenland, der Heimat meiner Eltern, angefangen zu arbeiten. Immer schon war Griechenland auch meine Heimat – und das nicht nur wegen zahlreicher Urlaube, spannender Geschichten meiner Familie oder weil ich Griechisch genauso gut wie Schwäbisch spreche
Griechenland ist längst bekannt für seine hervorragenden Oliven und die daraus gewonnenen Öle. Im Laufe der Jahre konnte ich jedoch ganz außergewöhnlich gute Produkte kennenlernen. Von Bauern, die diese Früchte seit Generationen anbauen, und sie gleichermaßen kenntnisreich mit traditionellen Methoden und mit viel Hingabe zu ganz besonderen Ölen extrahieren. Diese hochwertigen Produkte findet man auch in Griechenland in keinemSupermarkt – außerhalb des Landes schon gar nicht.
Denkst du beim Stichwort “Ölmühle” auch gleich an Romantik und die Toskana? Altes Gebäude, Steinmühle… Dann muss ich dich enttäuschen! Wer Spitzenöle extrahieren will benötigt, neben viel Wissen und Ehrgeiz, hoch moderne Anlagen. Die Partnermühlen von DELINIO verfügen über Anlagen von MORI – dem Mercedes unter den Mühlen Herstellern. Die eine davon steht sogar mitten im Hain und wird ausschliesslich für die eigenen Oliven genutzt. Kürzere Wege vom Baum bis zur Extraktion kann es nicht geben. Und das ist essentiell wenn man aromareiche Öle extrahieren möchte
Viele glauben, dass das Herstellen von Olivenöl nur zwei Monate im Herbst stattfindet. Es ist jedoch eigentlich eine Tätigkeit bei der man das ganze Jahr über zu tun hat. Nach der Ernte, ist immer vor der Ernte.
In der Ölmühle
Ist man nun endlich so weit und hat alle Widrigkeiten übers Jahr hinweg gut gemeistert, kommt der nächste wichtige, ich würde fast sagen, der wichtigste Schritt überhaupt. Aus den per Hand gesammelten Oliven, welche in modernen luftdurchlässigen Kisten zur Mühle gebracht werden (und nicht in alten, z. Teil nie gewaschenen Säcken), muss nun schnellstens aromareiches Olivenöl extrahiert werden. Hierbei kann sehr viel schief gehen! Die Liste der Dinge, die falsch laufen können, ist sehr groß. Hier ist die Erfahrung des Müllers gefragt. Den jede Charge die angeliefert wird, muss unterschiedlich verarbeitet werden, abhängig von: der Sorte der Oliven // dem Zustand der Früchte, und // dem gewünschtem Ergebnis.
Es gibt unendlich viele Faktoren welche das Ergebnis beeinflussen können: Angefangen von der Geschwindigkeit der Messer, die die Früchte zerkleinern, über die Temperatur im Malaxierer, der Zeit die die Maische dort bleibt, dem sofortigen Filtern u.v.m
Jeder spricht von “kalt gepresst”, ein überholter Ausdruck, denn die Oliven werden heute nicht mehr gepresst. Aber das ist ein anderes Thema.
Die für eine Kaltextraktion notwendigen 24-25°C zu halten ist gar nicht so einfach. Und höhere Temperaturen beeinflussen das Ergebnis negativ. Anfang/Mitte Oktober ist es im Süden Griechenlands noch sehr warm und der qualitätsbewusste Müller kühlt die Oliven (!), vor der Verarbeitung, auch schon mal runter. Denn: es geht nicht darum, einfach nur die Früchte zu zerkleinern – es soll ein hochwertiges, nährstoffreiches und aromatisches Öl gewonnen werden. Der Wille, das Wissen und die Passion des Müllers entscheiden über die Qualität. Ohne diese Faktoren entsteht am Ende etwas, das zwar wie Olivenöl aussieht, aber weit von dem entfernt ist, was wir unter einem sensorisch fehlerfreien Öl verstehen.
Woraus besteht Olivenöl eigentlich?
Zu etwa 70-80 % aus Ölsäure, einer einfach ungesättigte Fettsäure, die als gesund gilt, da sie das “gute” HDL-Cholesterin erhöhen und das “schlechte” LDL-Cholesterin senken kann. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie Linolsäure (Omega-6). Vitamin E (Tocopherol) schützt die Zellen vor oxidativem Stress. Polyphenolen , diese bioaktiven Verbindungen (z. B. Oleuropein, Hydroxytyrosol) haben starke antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften. Je mehr Polyphenole im Öl, umso intensiver schmeckt es. Die genaue Zusammensetzung variiert je nach Olivensorte, Anbauregion, Erntezeitpunkt und Produktionsmethode.
Ein niedriger Säuregrad ist keine Garantie für ein Olivenöl ohne sensorische Fehler und stellt nur einen von mehreren wichtigen Faktoren dar. Viele Menschen stützen ihre Entscheidung für ein Olivenöl jedoch allein auf diesen Parameter, was absolut unzureichend ist. Zur Messung des Polyphenolgehalts gibt es unterschiedliche Methoden, die unterschiedliche Ergebnisse liefern können. Daher ist es wichtig, beim Vergleich darauf zu achten, dass dieselbe Methode angewendet wurde. Und das Olivenöl gesund ist, hat sich wahrscheinlich mittlerweile überall rumgesprochen.
Nur, welches Olivenöl ist damit gemeint
Das raffinierte, massentaugliche Öl, in Millionen von Flaschen aus der Fabrik, zum Schleuderpreis? Das gepanschte? Oder jenes vom kleinen, passionierten Hersteller? Wenn wir von Olivenöl sprechen, dann meinen wir Olivenöl, das direkt, in einer sauberen, modernen Mühle, mit Wissen, Passion und ohne chemische Eingriffe, extrahiert wurde. Nur ein derartiges Öl ist durch den hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren gesund und wirkt für unsere Arterien antioxidativ.
Studien zeigen, dass der tägliche Konsum von etwa zwei Esslöffeln (ca. 28 Gramm) Olivenöl das “schlechte” LDL-Cholesterin senken und gleichzeitig das “gute” HDL-Cholesterin erhöhen kann. Darüber hinaus kann es helfen, Entzündungen zu reduzieren, den Blutdruck zu senken und das Risiko für Atherosklerose (Verhärtung der Arterien) zu verringern. Diese positiven Effekte werden auf den hohen Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren und antioxidativen Polyphenolen im Olivenöl zurückgeführt.
Das Thema hat mich so gepackt, dass ich meinen Konzernjob gekündigt habe um mich zum Olivenöl Verkoster ausbilden zulassen und DELINIO zu gründen. Inzwischen habe ich über 800 Öle verkostet.
Filtern – ja oder nein?
Ab und zu werden Olivenöle angeboten, die trüb und ungefiltert sind. Diese Trübung entsteht durch Fragmente, die nach der Separation noch im Öl verbleiben. Derartige Öle ‘halten nicht lange durch’, denn ihre Qualität lässt sehr schnell nach – auch wenn es verlockend klingt, diese als ‘natürlich’ anzupreisen. Wer jedoch auf Qualität Wert legt, also auf Aromen, die lange erhalten bleiben, muss das Öl sofort nach der Extraktion filtern.
Die Filter sind vor dem Einsatz weiß! Filtern bedeutet auch, dass etwas Öl ‘verloren’ geht. Je mehr Filter eingesetzt werden, desto besser ist das Fundament, also die Qualität des Öls.
Tipp: Ein einfaches und beliebtes Hausmittel gegen Husten: Olivenöl mit Zitrone und Honig. Das Olivenöl hat entzündungshemmende und beruhigende Eigenschaften, die helfen können, gereizte Schleimhäute im Hals zu beruhigen. Die Zitrone liefert Vitamin C und hat antibakterielle Eigenschaften, die das Immunsystem unterstützen und die Kehle reinigen können. Und der Honig hat ebenfalls beruhigende und antimikrobielle Eigenschaften, die helfen können, den Husten zu lindern und die Heilung zu fördern.
Mythen:
(1) Mit Olivenöl kann man nicht kochen und nicht braten. Blödsinn.
(2) Olivenöl ist lange haltbar, „was soll schon passieren“. Falsch! Sofort nach der Extraktion läuft die Qualität gegen die Zeit. Denn je mehr Zeit vergeht und wenn dazu auch noch unsachgemäß gelagert wird, verliert das Öl Aromastoffe und wichtige Bestandteile, die gut für uns sind. Neben Licht und Temperatur der Lagerung, ist also die Zeit der grösste Feind.
(3) Olivenöl ist gleich Olivenöl. Es gibt enorme Unterschiede, und es hängt stark davon ab, welchen Anspruch sowohl der Bauer als auch derMüller haben.
(4) Die Farbe sei ein Qualitätsmerkmal. Falsch. Die Farbe kann beeinträchtigt werden. Sie ist abhängig von vielen Faktoren, wie der Olivensorte, dem Zeitpunkt der Ernte, diverse Einflüsse während der Verarbeitung. Deswegen werden bei professionellen Verkostungen auch dunkelblaue Gläser verwendet.
Was ist das eigentlich:
Extra Natives Olivenöl (ENOÖ)? Nun nur ein mikrokleiner Anteil verdient dieses Prädikat. Der Missbrauch bzw. die Täuschung sind aufgrund einer unzureichende EU-Gesetzgebung, mangelnder Kontrollen und der Unwissenheit der Konsumenten geschuldet.
Wie muss ein gutes Öl schmecken:
Ein gutes Olivenöl muss fruchtig und frisch sein, mit einer ausgewogenen Bitterkeit und Schärfe. Die Kunst besteht unter anderem darin, diese drei Variablen im Gleichgewicht zu halten. Jedes Olivenöl sollte zunächst pur probiert werden. Denn wenn es, wie viel es tun, in Brot getunkt wird, beeinflusst selbstfreilich der Geschmack der Brotsorte.
Und wenn es bitter ist und man auch etwas husten muss? Wenn ein Olivenöl diese Eigenschaften aufweist, ist das ein Indiz für hohe Qualität. Nicht jeder mag derartig intensive Öle, aber milde und flache Öle werden oft aus sehr reifen Oliven gewonnen, was natürlich nicht optimal ist.