HOFTRATSCH

DAS LAND LEBEN

Landwirtschaft bedeutet viel Arbeit. Sie kann aber auch richtig viel Spaß machen – gerade für Quereinsteiger. Am besten gleich mit einem eigenen Restaurant. Lokalaugenschein am Markthof am Rande des Wienerwaldes.

Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer

Fabian Schasching, Angelika Strasser-Edhofer und Maximilian Eichberger: Die drei vom Markthof auf der Weide bei ihren freilaufenden Rindern.

In der Stadt wird gerne von der Bedeutung der Lage für ein Lokal gesprochen. Am Land auch. Doch was eine gute und eine weniger gute Lage ist, lässt sich dort nicht so leicht beantworten. Zufällig findet man das „Markthof“ in Siegersdorf bei Neulengbach jedenfalls nicht. Doch das muss man auch nicht. Dass man hier sehr gut essen kann, hat sich im letzten Jahr in der Gegend herumgesprochen. Der Parkplatz ist stets gut gefüllt. Ein Blick auf die Nummerntafeln enthüllt, dass das Einzugsgebiet von St. Pölten über Krems und Tulln bis nach Wien reicht. Stimmt das Angebot, kommen auch die Gäste!

Dass sie einmal Wirtin in Siegersdorf werden würde, war Angelika Strasser- Edhofer nicht in die Wiege gelegt. Sie stammt aus der Wachau und war nach ihrem FH-Diplomstudium weltweit für ein heimisches Industrieunternehmen unterwegs. Ihr Mann Johannes Edhofer war am elterlichen Hof in Siegersdorf geblieben und hat die kleine Landwirtschaft in Richtung „Bio“ und Direktvermarktung für die Gastronomie weiterentwickelt. Schwerpunkt wurde die Eierproduktion von glücklichen Hühnern. Auch ein paar Rebstöcke gehörten dazu. Der Wein wird hauptsächlich über den Heurigenbetrieb, der ein paarmal im Jahr ausgesteckt hat, verkauft.

Glückliche Hühner, stolze Rinder
Gemeinsam haben Angelika und Johannes dann mit der Rinderzucht begonnen. 2017 stand der benachbarte Hof zum Verkauf, den ein Wiener Geschäftsmann als Landidyll genutzt hatte. Die unzähligen Jagdtrophäen, die noch heute den Gästeraum zieren, zeugen von der Leidenschaft des vorherigen Besitzers. „Uns war von Anfang an klar, dass wir das Gebäude samt dem dazugehörigen Grund übernehmen wollen. An ein Restaurant haben wir zunächst noch nicht gedacht“, erinnert sich Angelika Strasser-Edhofer. Diese Idee entstand erst nach der Pandemie.

„Eigentlich lief alles wunderbar, doch als mit dem Lockdown im März 2020 die Gastronomie zusperren musste, hatten wir über Nacht unseren wichtigsten Vertriebskanal verloren. Damals haben wir mit der Selbstvermarktung begonnen, wobei wir neben den Eiern Schritt für Schritt weitere Produkte entwickelt haben.

Da stellte sich rasch die Frage nach zusätzlichen Kühlräumen und einer professionellen Produktionsküche. Das war die Initialzündung für das Projekt Markthof“, berichtet Angelika. Mit diesem neuen Standbein wurde die Frage nach neuen Mitarbeitern akut. Schon bisher war es eine Herausforderung, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Alleine, quasi „nebenbei“, den Markthof zu entwickeln ging einfach nicht. Da kam es zu einer günstigen Fügung des Schicksals: Sie lernten den jungen Koch Fabian Schasching aus dem benachbarten Neulengbach kennen. Trotz seiner Jugend hatte er schon einen beachtlichen Werdegang hinter sich: Nach dem Steirereck am Pogusch und später im Stadtpark ging es zum Floh in Langenlebarn und danach zu Thomas Dorfer ins Landhaus Bacher.

Schasching hatte mit dem Wiener Maximilian Eichberger einen Bruder im Geiste, der mit ihm fast alle Stationen gemeinsamen absolviert hatte.

Die QimiQ-Familie feiert Jubiläum: Nicola Haindl (r.) mit Tochter Michele beim Lust&Leben-Gespräch im Kochstudio in Hof bei Salzburg. 

Zwei junge Spitzenköche
„Die Energie der beiden war ansteckend. Und die Vorstellung, gemeinsam ein eigenes Restaurant zu führen, hat mich natürlich auch gereizt. Allerdings galt es zunächst, den richtigen Rahmen zu finden. Ich konnte und wollte es mir nicht leisten, zwei Köche fix anzustellen, bevor es überhaupt ein Restaurant gab. Was, wenn es nicht gleich so lief, wie wir uns das erträumten? Was, wenn sie sich schon bald beruflich oder privat verändern wollten?“, hatte Angelika zunächst Bedenken. Die Übernahme des großen Nachbargebäudes kurz zuvor war ja auch schon ein großer finanzieller Brocken gewesen.

Rund um die Uhr geöffnet
Schließlich einigte man sich darauf, dass alle drei – Fabian, Max und Angelika – am Markthof beteiligt sind und man neben dem Restaurantbetrieb von Donnerstag bis Sonntag auch die Produktpalette für den Ab-Hof-Shop deutlich erweitert. Während Fabian und Max sich um die Produktion kümmern, hat Angelika alles Administrative über – inklusive der Betreuung des Shops, der rund um die Uhr geöffnet ist.

„Wir haben kurz überlegt, mit Verkaufsautomaten zu arbeiten. Schlussendlich war das jedoch viel zu kompliziert, von der Kühlung bis zum Nachschlichten. Wir haben uns dafür entschieden, alle Artikel mit Barcodes zu versehen, die man einfach beim Kassenterminal scannt – so wie bei den SB-Kassen im Handel“, erklärt die tatkräftige Chefin. Und wie schaut es mit der Kontrolle aus? Was passiert, wenn ein Kunde darauf „vergisst“ etwas zu scannen? „Das ist verschwindend gering, wenn es denn überhaupt schon einmal passiert ist. In der Großstadt würde das wohl nicht so problemlos funktionieren, aber hier bei uns ist die Welt noch weitgehend in Ordnung“, erklärt Angelika.

Neben den eigenen Eiern gibt es Würste, Pasteten, Suppen im Glas, hausgemachte Pasta und vieles andere mehr. Auch Schokoladen aus heimischen Manufakturen, Brot und Gebäck vom befreundeten Bäcker sowie – je nach Verfügbarkeit Schwein-, Lamm- und Wildspezialitäten. Am besten schmeckt es am Markthof jedoch, wenn das junge Kochduo frisch kocht. Rund ein Drittel der Gerichte ist den eigenen Produkten gewidmet – vom Beef Tatar über Rindsgulasch bis zu saftigen Steaks. Aber auch Meeresfisch und Meeresfrüchte findet man auf der Karte. Dazu gibt es immer auch ein paar vorzügliche vegetarische Gerichte. „Das ist kein Widerspruch zu unserer Philosophie, sondern eine sinnvolle Ergänzung.

Wir haben viele Stammgäste, denen wir eine Abwechslung bieten wollen“, erklärt uns Angelika.

Der Anspruch des Restaurants, das im aktuellen Gault & Millau auf Anhieb mit zwei Hauben bewertet wurde, zeigt sich auch beim Wein – sowohl im glasweisen Ausschank wie auch flaschenweise. Dass man gute Weine dann auch im passenden Zalto-Glas bekommt, versteht sich für die Chefin von selbst: „Ich komme ursprünglich aus der Wachau. Wein ist ein wichtiger Teil unserer Genusskultur. Das wissen auch die meisten unserer Stammgäste sehr zu schätzen.“

Geschmack zeigt sich am Markthof noch in vielen anderen Bereichen – nicht nur bei Tisch. Das gesamte Ambiente wirkt gepflegt – vom frischen Blumenschmuck bis zur hochwertigen Ausstattung. Sogar der Schweinestall, den man direkt vom Innenhof einsehen kann, scheint urgemütlich. Die Mini-Schweine wirken genauso glücklich wie die stolzen Angusrinder hinten auf der Weide. Und wenn man die freilaufenden Hühner länger betrachtet, fängt man unbewusst zu summen an: Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn, ich hätt’ nicht viel zu tun …

 

Die unzähligen Jagdtrophäen, die noch heute den Gästeraum zieren, zeugen von der Leidenschaft des vorherigen Besitzers.

An der Maschine mit Fabian Schasching: Die Veredelung des Fleisches geschieht zu einem guten Teil direkt am Hof.

wer&was

Familie Edhofer
Kellergasse 1
3041 Siegersdorf

www.familie-edhofer.at