GROSSE WEINE AM KLEINEN SEE

Andreas Katona ist vom Wörther See an den Längsee übersiedelt. Im Restaurant des Weinguts Georgium serviert er jetzt bodenständigere Gerichte und schenkt großartige Weine aus.

Text: Wolfgang Schedelberger Fotos: Rainer Fehringer

Irgendwann stellt sich für jeden ambitionierten Gastronomie-Mitarbeiter die Frage der Selbständigkeit. Für Andreas Kantona war es zum Jahreswechsel 2023/24 so weit. Nach fünf Jahren Luxusgastronomie in Hubert Wallners 4-Haubenrestaurant am Wörther See brach er zu neuen Ufern auf und wechselte an die eher ruhigen Gestaden des Längsee bei St. Veit an der Glan, wo sich das Weingut Georgium befindet. Die waren auf der Suche nach einem neuen Pächter, der sich um das idyllisch gelegene Restaurant des Weinguts kümmern sollte. Seit Ostern bewirtet Katona jetzt als „Mundschenk“ die Gäste, in der Küche agieren die beiden jungen Kärntner Köche Martin Kruttner und Andreas Klammer.

Du warst dein gesamtes berufliches Leben in der Luxusgastronomie beschäftigt. Was hat dich dazu bewogen, es jetzt etwas bodenständiger anzugehen?

Nach über 20 Jahren im Service wollte ich mich selbständig machen. Das ist der logische nächste Schritt, wenn man in dieser Branche im Angestellten-Verhältnis alles erreicht hat, was man erreichen kann. Mit diesem Gedanken spiele ich mich schon länger. Jetzt hat alles gepasst, also habe ich diesen Schritt zu Jahresanfang gewagt. Was mir in der Top-Gastronomie immer getaugt hat, ist die Fokussierung auf Spitzenqualitäten in allen Bereichen. Diese Philosophie werde ich auch in Zukunft beibehalten, weil sie Teil meiner Weltanschauung geworden ist. Aber das kann man auch in einer entspannten und ungezwungenen Form umsetzen.

« Naturweine befeuern mein Leben. »

Der Längsee ist deutlich weniger glamourös als der Wörthersee. Kann man hier Gastronomie mit derart hohen Ansprüchen überhaupt erfolgreich betreiben?

Das will ich hoffen, wenngleich das Publikum natürlich ein anderes ist. Mein Vor-Vorgänger Markus Rath hat das hier ja auch Jahre lang geschafft, bevor er vor zwei Jahren zurück in seine steirische Heimat gegangen ist. Mir ist wichtig, ein zugängliches Lokal zu machen, das keinerlei Schwellenängste erweckt. In ein Luxusrestaurant geht man zu besonderen Anlässen, um sich einen Abend lang in Form eines großen Menüs verwöhnen zu lassen. Dafür zieht man sich schön an und lässt sich das auch etwas kosten. Wir wollen ein Lokal für viele Anlässe sein, wo man auch ganz kurzfristig auf eine Kleinigkeit vorbeikommen kann. Wir wollen das ganze Jahr hindurch offenhalten und müssen dafür auch die Einheimischen als Stammgäste gewinnen.  

Das hängt auch von der Güte der Küche und dem Preisniveau ab. Wie habt ihr euch da positioniert?

Saisonal und regional – aber nicht als Schlagworte, sondern als gelebte Werte. Wir befinden uns schließlich am Weingut Georgium, wo Markus Gruze und Uta Slamanig seit Jahren seit Jahren die Philosophie einer nachhaltigen Bewirtschaftung leben und sich aktiv beim Slow Food Convivium Kärnten einbringen. „Gut-Sauber-Fair“ sind Werte, die auch mir total wichtig sind. Mit Martin Kruttner und Andreas Klammer sind zwei junge und doch schon sehr erfahrene Kärntner Köche an Bord, die beide in Top-Restaurants in ganz Österreich gearbeitet haben. Zurück in ihrer alten Heimat zeigen sie bei jedem Teller, was sie können. Wir sind eher ein Bistro und kein Fine Dining Restaurant. Es gibt drei Vorspeisen, drei Zwischengerichte und drei Hauptgänge – jeweils mit Fleisch, Fisch oder vegetarisch. Wer Lust hat, kann sich auch ein fünfgängiges Menü mit Weinbegleitung zusammenstellen lassen. Unser Motto lautet: man kann, aber man muss nicht. Das bedeutet, dass die Gäste bei jedem Besuch selbst bestimmen können, wie viel Geld sie ausgeben wollen.

« Wir überraschen unsere Gäste positiv. »

Im Gastraum könnt ihr rund 20 Gäste bewirten, im Sommer mit dem lässigen Gastgarten finden wesentlich mehr Gäste Platz. Das wird zu Dritt kaum schaffen sein, oder?

Das wird sich nicht ganz ausgehen. Während der Saison werden wir sowohl im Service als auch in der Küche Verstärkung aufnehmen. Am Wochenende sperren wir bereits zu Mittag auf, die restlichen Tage gibt es nur ein Abendservice, wobei wir bei den Öffnungszeiten flexibel sein wollen. Wenn jemand am Nachmittag eine Kleinigkeit essen und etwas trinken will und wir bereits da sind, werden wir keine Gäste wegschicken.

Und wie schaut das Getränke-Angebot aus? Als einer der bekanntesten Sommeliers des Landes hast du ein sehr breites Weinwissen. Gleichzeitig befindet sich das Lokal auf einem Weingut. Was gibt es glasweise zu trinken und was flaschenweise?

Markus Gruze kenne und schätze ich seit über zehn Jahren. Wir haben uns bei der ersten Raw-Naturweinmesse in Wien kennen gelernt, als Wein aus Kärnten noch eine absolute Rarität war. Bei uns kann man auch reifere Jahrgänge der Georgium-Weine trinken, was sich gerade beim Pinot Noir immer lohnt. Gleichzeitig haben wir jede Menge an außergewöhnlichen Weinen aus dem Naturwein-Bereich im Angebot. Wer zu mir kommt, erwartet sich schließlich auch Unbekanntes und Überraschendes. Wir ermuntern unsere Gäste sogar, selbst Weine mitzubringen, wenn sie etwas Besonderes im Keller haben, das sie mit Freunden teilen wollen. Je außergewöhnlicher der Wein, desto niedriger das Stoppelgeld.

Auf teure Prestige-Weine, die in deinen vorherigen Stationen zum Standardprogramm gehört haben, verzichtest du hier aber, oder?

Gar nicht. Bei uns bekommen die Gäste auch große Champagner und ausgewählte Flaschen aus dem Burgund. Nur überteuerte „Angeber-Weine“ gibt es bei uns nicht, weil sich wohl kaum „Etiketten-Trinker“ zu uns verirren werden. Gleichzeitig wollen wir Weinfreunden schon etwas bieten, ganz egal wie viel Geld sie gerade ausgeben wollen. Da bin ich gerne ein individuell agierender Mundschenk, der stets den passenden Wein findet.

Danke fürs Stichwort. Wie kam es eigentlich zum Namen Mundschenk für dein erstes eigenes Lokal?

Ich habe da länger nachgedacht, weil ich das Lokal nicht einfach nach meinem Namen taufen wollte. Dann habe ich mich daran erinnert, dass Juan Amador seinerzeit für sein Wiener Restaurant einen Mundschenk und keinen Sommelier gesucht hatte. Das bin dann ich geworden. Der Name ist vielleicht etwas außergewöhnlich, aber ich denke, das passt ganz gut zu mir.  

Ursprünglich kommst du aus Wien, in Kärnten bist du „erst“ seit fünf Jahren. Dialekt hast du jedenfalls noch keinen angenommen. Seit wann war dir klar, dass du fix in Kärnten bleiben willst?

Dialekt ist nicht so meins. Ich habe auch nie Wienerisch gesprochen, obwohl ich dort aufgewachsen bin. Wenn man in unserer Branche etwas erreichen will, sollte man bereit sein, dorthin zu gehen, wo man einen attraktiven Job findet. Mir hat auch Tirol während meiner Zeit bei Simon Taxacher gefallen, landschaftlich waren auch das Elsaß und die Schweiz attraktiv. Die Verbindung zu Wien ist nie abgerissen. Aber in den letzten fünf Jahren habe ich Kärnten kennen und lieben gelernt. Ich habe mich also zunächst in der näheren Umgebung umgeschaut und bin am Längsee fündig geworden. Die Landschaft ist schön, das Klima angehmer als im restlichen Österreich und mir gefällt die Lebensart der Kärntner, die ein bisschen fröhlicher und unbeschwerter ist, als in den anderen Bundesländern. Ich fühle mich hier sehr wohl. 

wer & was

Ein Sommelier wird Gastronom

In welchem heimischen Luxusrestaurant hat Andreas Katona eigentlich nicht gearbeitet? Nach der Lehre im Wiener Innenstadtgasthaus Kupferdachl („Zum Leupold“) und einem Sommer am Arlberg wechselte er Ende 2002 ins eben erst eröffnete Palais Coburg, wo Christian Petz einen fulminanten Start hinlegte. Nach zwei Jahren ging es in die Schweiz und dann zu Jean-Georges Klein ins Elsaß. Es folgten zwei Jahre im Hangar-7. Aus familiären Gründen ging Katona dann für ein Jahr zurück nach Wien, wo er bei Christian Petz am Badeschiff andockte. Es folgten fünf Jahre bei Simon Taxacher, zwei Jahre bei Juan Amador und dann fünf Jahre bei Hubert Wallner am Wörthersee – überall als Chefsommelier. Im vergangenen Jahr wurde der schon lange gehegte Wunsch, sich als Gastronom selbständig zu machen, immer konkreter. Als Markus Gruze vom Weingut Georgium einen neuen Pächter für 2024 suchte, wurde man rasch handelseins. Schließlich kennt man sich schon seit vielen Jahren. Zu Ostern 2024 hat Katona das neue Restaurant namens „Der Mundschenk“ eröffnet.