DER WIRT UND SEIN LIEFERANT
Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer

Klare Worte im Gespräch: Transgourmet Österreich-Geschäftsführer Thomas Panholzer (li.) und Wiener Innenstadt-Gastronom Robert Huth (re.).
Lust&Leben: Die Gastronomie erlebt schwierige Zeiten – wieder einmal. Sie sind schon sehr lange im Geschäft, Herr Panholzer. War es früher leichter in und mit der Gastronomie Geld zu verdienen?
Panholzer: Das stimmt wohl nur dann, wenn man einen sehr sentimentalen Rückblick macht. Das einzig Beständige ist der Wandel, auf den es zu reagieren gilt. Manche machen das besser als andere. Wer nicht bereit ist, auf Veränderungen des Marktes zu reagieren, verabschiedet sich irgendwann einmal aus dem Geschäft. Als ich vor 18 Jahren bei Transgourmet – damals noch C+C Pfeiffer – begann, wurden dort gerade Kochstudios installiert. Wir wurden von den Mitbewerbern belächelt. Auch im eigenen Haus gab es skeptische Stimmen. Was sollen Haubenköche in einem C+C Markt bewirken? Cook 2.0 gibt es heute noch und hat entscheidend dazu beigetragen, unsere kulinarische Kompetenz zu erhöhen und damit Marktanteile zu vergrößern.
Ich könnte jetzt noch ein Dutzend anderer Innovationen nennen, die wir seit 2008 umgesetzt haben, um immer besser zu werden. Das ist ein permanenter Prozess, der niemals aufhört. Erfolgreiche Unternehmen gab es vor zwanzig Jahren, es gibt sie heute und es wird sie auch in der Zukunft geben.
Lust&Leben: Wie schaut es bei Ihnen aus, Herr Huth? Die Gastwirtschaft, die Sie 2001 gemeinsam mit Ihrer Frau Gabriele eröffnet haben, gibt es immer noch. Im Laufe der Jahre sind dann noch ein paar Lokale dazu gekommen. Sie haben also immer alles richtig gemacht?
Huth: Es stimmt, unsere Gastwirtschaft läuft immer noch erfreulich gut. Aber wir hatten auch Höhen und Tiefen. Nicht alles hat so funktioniert, wie wir uns das zunächst vorgestellt haben. Wir haben mehrere Lokale aufgesperrt, ein paar davon mussten wir im Laufe der Jahre aber auch wieder zusperren, weil sie nicht so gelaufen sind, wie wir gehofft hatten.
Das Da Max hat uns 15 Jahre lang Freude bereit, aber der Publikumsgeschmack hat sich geändert. Darauf muss man reagieren. Jetzt bespielen wir das Lokal mit neuem Namen und neuem Konzept wieder sehr erfolgreich. Herr Panholzer hat schon Recht, wenn er sagt, dass im Geschäftsleben der Wandel die einzige Konstante ist. Dass wir die letzten 20 Jahre erfolgreich waren, ist keine Garantie dafür, dass wir es auch die nächsten 20 Jahre sein werden. Man muss Tag für Tag am Ball bleiben.
Lust&Leben: Dauerhafte Partnerschaften sind etwas Positives. Gleichzeitig gibt es zwischen Lieferanten und Gastronomen systemimmanente Interessenskonflikte. Der Lieferant möchte möglichst teuer verkaufen, der Gastronom möglichst günstig einkaufen. Wie treu sind Sie Transgourmet, Herr Huth?
Huth: Im Großen und Ganzen regelt der Markt die Preisgestaltung. Wenn ein Gastronom bei jeder Aktion zu einem anderen Lieferanten läuft, wird er nicht lange im Geschäft bleiben. Wo man was zu welchem Preis einkauft, ist natürlich ein ganz entscheidender Faktor, um in der Gastronomie erfolgreich zu sein. Wir kaufen sehr viel, aber nicht alles bei Transgourmet. So haben wir zum Beispiel bei den Getränken einen anderen Lieferanten, mit dem uns eine langjährige Partnerschaft verbindet. So etwas gibt man nicht so schnell auf, wenn man mit dem Partner zufrieden ist.
Natürlich spielt der Preis eine wichtige Rolle, er ist aber nicht das einzige Kriterium. Verlässlichkeit, Flexibilität und das Service sind ebenfalls sehr wichtig. Auch mit dem Eingehen auf Sonderwünsche kann sich ein Lieferant profilieren. (lacht)
Lust&Leben: Spielen Sie dabei auf etwas Konkretes an?
Huth: Wir haben vor zwei Jahren auf der Internorga in Hamburg das erste Mal ein vegetarisches Burger-Patty entdeckt, das uns geschmacklich überzeugt hat. Wir wollten diese Patties von Redefine Meat unbedingt haben, aber in Österreich waren sie nicht verfügbar. Wir haben dann mit Transgourmet geredet und gefragt, ob sie das nicht in ihr Sortiment aufnehmen könnten. Ein paar Wochen später war es soweit. Seither bekommen wir es von Trangourmet geliefert.
Panholzer: Wenn ein langjähriger Kunde mit so einem Wunsch zu uns kommt, sehen wir das als sportliche Herausforderung, der wir uns gerne stellen. Natürlich muss das finanziell darstellbar sein und in unser Sortiment passen. Wenn es geht, machen wir so etwas gerne. Die Sortimentsgestaltung ist eine hochkomplexe Angelegenheit. Ich bin selbst immer wieder überrascht, wie breit unser Angebot tatsächlich ist.
Insgesamt haben wir rund 27.000 Artikel gelistet. Es geht aber nicht darum, möglichst viel vom Gleichen anzubieten, sondern jene Produkte zu listen, die auch tatsächlich nachgefragt werden. Dazu kommt noch das Thema der Saisonalität bei Obst und Gemüse. Unser Sortiment ist dauernd in Bewegung.
Lust&Leben: Erstaunlicherweise haben sie in diesem Zusammenhang nicht das Wort „Qualität“ verwendet. Ist das nur ein Schlagwort:
Panholzer: Es wird oft als Schlagwort missbraucht. Die Qualität eines Produkts hängt von mehreren Faktoren ab. Gerade bei der Frischware nicht zuletzt von uns selbst. Wenn wir da nicht für eine schnelle Drehung sorgen, leidet das Produkt – egal ob es sich um Fleisch oder Fisch, um Obst oder Gemüse handelt. Natürlich gibt es schon vom Ausgangsprodukt unterschiedliche Qualitäten, was sich in einem unterschiedlichen Preis widerspiegelt. Wir bemühen uns, den Kunden gute Ware in verschiedenen Preiskategorien zu bieten. Allerdings muss auch eine günstigere Ware gewisse Qualitätsstandards bieten. Sonst würden wir sie nicht führen.
Huth: Vielleicht einmal von einer Handvoll Luxusrestaurants abgesehen, kenne ich keinen Gastronomen, der in allen Produkt-Kategorien immer die teuerste Qualität einkauft. So ein Lokal würde nicht lange funktionieren. Ein Beispiel: Hier in der Mama Leone dreht sich alles um Pizza. Wir treiben einen sehr hohen Aufwand, um die beste Pizza der Stadt zu backen. Wir sind im ersten Bezirk und haben ein Publikum, das bereit ist, für ein hervorragendes Produkt einen entsprechenden Preis zu bezahlen. Gleichzeitig betreiben wir schon seit vielen Jahren erfolgreich das Eatalico in der Praterstraße, wo die Pizza weniger kostet, obwohl sie größer ist. Wir kaufen bei Transgourmet daher zwei unterschiedliche Qualitäten von Pizzakäse – eine teurere für das Mama Leone und eine günstigere für das Eatalico. Würden wir dort auch den Premium-Käse verwenden und dann – notwendigerweise – ein bis zwei Euro mehr pro Pizza verlangen, hätten wir deutlich weniger Gäste.
Lust&Leben: Manche Gastronomen gehen mit einem erfolgreichen Konzept an verschiedene Orte. Sie beschränken sich – bis aufs Eatalico – auf einen Häuserblock, betreiben dort allerdings fünf sehr unterschiedliche Konzepte. Ist das die bessere Strategie?
Huth: Das kann man nicht pauschal sagen, es sind halt zwei sehr unterschiedliche Wege, erfolgreich mehrere Lokale zu führen. Die Frage hat sich für uns allerdings so nie gestellt. Nachdem die Gastwirtschaft so gut gelaufen ist, wurden wir gefragt, ob wir auch das Lokal daneben übernehmen wollen. Unsere Zusage hatte aber nichts mit Expansionsdrang zu tun gehabt. Wir wollten vermeiden, dass dort ein Lokal aufsperrt, das nicht zu uns passt. Uns war von Anfang an klar, dass wir kein „Huth II“ machen würden, sondern eine ganz andere Küche anbieten wollten.
Italien war nahe liegend. Bei den weiteren Lokalen war uns wichtig, jedem eine eigene Identität zu geben. So können wir auch mit relativ kleinen Karten arbeiten und werden überall als Spezialisten wahrgenommen.
Lust&Leben: Das berühmte Schnitzel gibt’s also nur in der Gastwirtschaft?
Huth: Natürlich, das ist ein Signature Dish. Auf Wunsch tragen wir das Schnitzel aber auch über die Gasse in eines unserer anderen Lokale. Das ist ein Spezialservice für Stammgäste.
Lust&Leben: Ist die Hausmesse „PUR“, die vor kurzem das sechste Mal in Salzburg über die Bühne ging auch als Service für Stammkunden gedacht?
Panholzer: Wir freuen uns über die vielen Stammkunden, die auch heuer wieder gekommen sind, aber mit der PUR wollen wir nicht nur Stammgäste erreichen. Unser Messestand auf der Salzburger GAST mag groß erschienen sein, tatsächlich war er es nicht, wenn es darum ging, alle unsere Themen glaubhaft darzustellen. Als wir dann bei unserer französischen Schwester gesehen haben, was für eine tolle Hausmesse sie in Paris veranstaltet haben, war uns klar, so etwas wollen wir auch. Die PUR erfüllt verschiedene Funktionen. Sie bietet unseren Partnern eine Plattform, sich unseren Kunden zu präsentieren. Gleichzeitig können wir Gastronomen, die noch keine Kunden sind, unser gesamtes Sortiment vor Augen führen. Und dann gibt es noch einen Aspekt, den wir zunächst unterschätzt haben. Es ist eine tolle Leistungsschau für alle unsere 2.200 Mitarbeiter, sodass sie über sämtliche Neuerungen in unserem Angebot am Laufenden sind. Das stärkt den Teamspirit.
Lust&Leben: Stichwort Team-Spirit: Weder im Handel noch in der Gastronomie kann man als Einzelkämpfer erfolgreich sein. Wie halten Sie Ihr Team zusammen, Herr Huth?
Huth: Ein gewisser Wechsel gehört dazu und ist auch in Ordnung. Eine hohe Fluktuation von Mitarbeitern ist aber zumeist ein Zeichen, dass irgendetwas nicht passt. Ich bin stolz darauf, dass wir sehr viele langjährige Mitarbeiter haben, was es für alle Beteiligten leichter macht, erfolgreich zu sein. Ich kann und will auch nicht permanent in allen unseren Lokalen anwesend sein, um nach dem Rechten zu sehen. Ich muss mich darauf verlassen können, dass der jeweilige Restaurantleiter weiß, was er tut. Ein gesundes Wachstum hilft dabei, engagierten Mitarbeitern Aufstiegschancen zu bieten. Ich will da keine großen Schlagwörter verwenden, also nur so viel: Ein gutes Betriebsklima und ein respektvoller Umgang miteinander machen das Leben für alle einfacher. Dafür zu sorgen, ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Chefs.
Lust&Leben: Bei einem großen Unternehmen wie Transgourmet kommen dann noch Werte dazu, die man auch aktiv nach außen kommuniziert, wie etwa Nachhaltigkeit. Wie stellt man sicher, dass solche Werte nicht nur Worte bleiben?
Panholzer: Indem alle Mitarbeiter von der Richtigkeit dieser Werte überzeugt sind und diese dann auch leben. Wir haben unsere Nachhaltigkeits-Strategie unter den Leitsatz „Taten statt Worte“ gestellt. Den will ich jetzt nicht konterkarieren, indem ich endlos darüber erzähle, was wir alles machen. Nur so viel: es geht nicht nur ums Sortiment, sondern auch um die Umwelt sowie den Umgang miteinander. Auch wir sind stolz darauf, eine niedrige Fluktuationsrate zu haben. Wir haben schon vor längerer Zeit Fortbildungsmaßnahmen für engagierte Mitarbeiter forciert, um in Zukunft noch öfter Führungspositionen aus den eigenen Reihen besetzen zu können.
Lust&Leben: Wie schaut es eigentlich mit der Zukunft der Gastronomie aus? Wird die künstliche Intelligenz – gepaart mit Robotics – alles verändern? Ist das klassische Gasthaus ein Auslaufmodell?
Huth: Die neuen Technologien werden vieles verändern und zwar schneller, als man denkt. Das gilt für alle Lebensbereiche. Schon heute gibt es Lokale, in denen vieles übers Handy läuft – von der Reservierung über die Bestellung bis zur Bezahlung. Unsere Sehnsucht nach persönlicher Dienstleistung wird dadurch aber eher zunehmen. Das Essen kann man sich nach Hause liefern lassen, das persönliche Service aber nicht. Mit anderen Worten: Geselligkeit findet im Gasthaus statt und als solcher Ort wird es weiter gefragt bleiben. Die Abläufe vor und vor allem hinter den Kulissen werden sich verändern – so wie in allen anderen Branchen.
Panholzer: Wir beschäftigen uns laufend damit, wie wir Abläufe optimieren und Qualitäten steigern können. Technische Innovationen spielen dabei eine entscheidende Rolle, die man nicht verschlafen darf. Ich will nicht darüber spekulieren, was sich wie und wann verändern wird, weil man mit solchen Prognosen oft daneben liegt.
Aber wenn ich einen Blick zurückwerfe, und mir vor Augen führe, mit welcher Rasanz sich viele Prozesse in den letzten 20 Jahren verändert haben, ist davon auszugehen, dass es so weiter gehen wird.
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Das einzig Beständige ist der Wandel, auf den es zu reagieren gilt. Das ist ein permanenter Prozess, der niemals aufhört. Erfolgreiche Unternehmen gab es vor zwanzig Jahren, es gibt sie heute und es wird sie auch in der Zukunft geben.
Transgourmet
Das 1862 in Linz als „Kolonialwarengeschäft“ gegründete Familienunternehmen Pfeiffer ist unter der Leitung nachfolgender Generation Schritt für Schritt gewachsen und hat 1980 mit der Belieferung der Gastronomie begonnen. Ab 1994 expandierte C+C Pfeiffer in die Bundesländer. 2009 wurde der Weinpreis Vineus ins Leben gerufen, ab 2012 unter der Marke Trinkwerk die Weinkompetenz gebündelt.
2016 übernahm der internationale C+C Profi Transgourmet das Unternehmen. An der Unternehmensausrichtung ändert sich dadurch nichts.
Seit 2018 wird in Salzburg die Hausmesse PUR veranstaltet. An zwölf regulären Niederlassungen und vier Cash & Carry Outlets erwirtschaftete Transgourmet Österreich mit 2.200 Mitarbeitern einen Umsatz von 896 Millionen Euro (2024).
www.transgourmet.at
Team-Spirit: Ein gutes Betriebsklima und ein respektvoller Umgang miteinander machen das Leben für alle einfacher. Dafür zu sorgen, ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Chefs.
Huth Gastronomie
2001 starteten Gabriele und Robert Huth mit der Gastwirtschaft in der Schellinggasse 5 ihr gastronomisches Unternehmertum. Die Expansion erfolgte schrittweise und fokussierte sich zunächst auf die unmittelbare Umgebung. Mit dem Da Moritz in der Schellinggasse 6 wurde das Thema Italien besetzt. Zwischenzeitlich wurde auch das Haus der Musik bespielt. Die Brauwirtschaft Da Max in der Schellinggasse 6 musste nach 15 Jahren wieder zusperren, dafür wird das Bier-Thema jetzt mit einer eigenen Brauerei im Mama Kraft bedient.
Im Mama und der Bulle dreht sich alles um Steaks und Burger. Beim jüngsten Streich, dem im Mai 2024 eröffneten Mama Leone, steht die Pizza im Fokus der Aufmerksamkeit. Der einzige geographische „Ausreißer“ ist die „Pizzeria Populare“ Eatalico in der Praterstraße des 2. Wiener Gemeindebezirks.
www.huthgastronomie.at