TONI M. – NÄCHSTES KAPITEL

Gegenüber vom Stammhaus in Feuersbrunn entsteht mit dem Gutshof gerade ein neues Hotel.

Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer

Täglich überzeugt sich Toni Mörwald vom Baufortschritt des Gutshofs, dem neuen Hotel in Feuersbrunn.

Bevor wir uns zum Interview am Mittagstisch ins Stammhaus begeben, steht noch eine Baustellenbegehung an. Gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite entsteht mit dem Gutshof ein weiteres Hotel. Auch eine Greisslerei mit regionalen Spezialitäten und Weinen wird es geben, genauso wie mehrere Veranstaltungsräume mit modernster Technik.

Lust&Leben: Jetzt also wieder eine Baustelle. Hast du in deinem Leben nicht schon genug gebaut?

Offensichtlich noch nicht. So ein Projekt ist immer auch mit ein bisschen Stress verbunden, weil man viele Dinge zur selben Zeit im Kopf hat. Gleichzeitig ist es immer schön, zu sehen, wie etwas Neues entsteht – noch dazu vor der eigenen Haustüre. Gestalten macht mir großen Spaß. Aber noch mehr Spaß macht es mir dann, das Ganze auch gastronomisch zu bespielen. Im Juni ist es so weit. Ich freue mich schon darauf.

Lust&Leben: Im Jahr 1999 hast Du mit der Villa Katharina den Gästen erstmals eine Übernachtungsmöglichkeit geboten. 2015 wurde das Haupthaus zu einem Luxushotel umgebaut. Wieso jetzt noch ein weiteres Hotel am gleichen Ort?

Das war ursprünglich gar nicht geplant, aber während wir unser Haus 2015 zu einem modernen Hotel umgebaut haben, stand plötzlich das Gebäude auf der anderen Straßenseite zum Verkauf. Es sollte ein großes Flüchtlingsquartier für hunderte Menschen entstehen. Wäre es dazu gekommen, hätte ich das gesamte Projekt Feuersbrunn begraben können. Obwohl es damals finanziell eng war, habe ich es geschafft, die Immobilie zu erwerben. Jetzt war es an der Zeit, sie auch zu nutzen.

Lust&Leben: Besteht in einem kleinen Ort wie Feuersbrunn tatsächlich ein Bedarf für weitere Betten?

Es geht darum, die eigene Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ein Ort ist das, was man daraus macht. Viel zu oft wird dabei zugesehen, wie ein Ort langsam stirbt. Es gibt keine Post und keine Bank mehr, Bäcker, Fleischer und Greißler hören auf und zu guter Letzt muss auch der Dorfwirt das Handtuch schmeißen. Das war es dann. Wir wollen in Feuersbrunn einen anderen Weg gehen. Mit unserem Michelin-Stern sind wir jetzt auch bei internationalen Genießern auf dem Radar, die es schätzen, eine adäquate Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Ich mache mir um die Zukunft keine Sorgen. Die Villa Katharina gibt es übrigens immer noch. Dort wohnen jetzt unserer Mitarbeiter.

Lust&Leben: Dein Lebensweg gleicht einer Bilderbuch-Karriere. Aus dem kleinen elterlichen Gasthaus ist ein Imperium geworden. Ist deine Erfolgsgeschichte tatsächlich so geradlinig verlaufen?

Ich habe kein Imperium, ich führe ein Institut für Ess- und Trinkkultur – darauf lege ich Wert. Natürlich geht es im wirtschaftlichen Leben nicht immer nur bergauf. Als ich 2004 auf Initiative eines Bekannten in meiner jugendlichen Naivität bei der Ausschreibung für die AUA-Tochter Airest mitgemacht habe, spürte ich plötzlich einen Gegenwind, den ich für unvorstellbar gehalten habe. Da ging es nicht mehr darum, ob ich das operativ hinbekomme, sondern nur mehr um die finanziellen Interessen von Investoren. Schon fix zugesagte Großaufträge wurden über Nacht storniert und böse Gerüchte gestreut. Zeitweise stand sogar die Existenz meines damals sieben Lokale umfassenden Unternehmens auf dem Spiel. Das war mir eine große Lehre.

Lust&Leben: Es ist eine Sache, als talentierter Koch aus dem elterlichen Gasthaus ein angesagtes Restaurant zu machen. Etwas anders ist es, sieben Restaurants zu führen? Und wieso hast du dich von den meisten Lokalen wieder getrennt?

Ich habe mich die ersten Jahre lang konsequent geweigert, ein zweites Lokal aufzusperren. Immer wieder hat mich unser Stammgast Fürst Metternich mit dem Spruch bedrängt: „Sie können kochen, aber sie haben kein Schloss. Ich habe ein Schloss, kann aber nicht kochen. Machen Sie doch bei mir im Schloss Grafenegg ein Restaurant auf!“ Ich habe ihm immergeantwortet, dass ich mich geschmeichelt fühle, aber nicht in zwei Küchen gleichzeitig kochen könne. Im Herbst 1993 hat mich der Fürst dann gebeten, für den 40. Geburtstag von José Carreras ausnahmsweise bei ihm im Schloss ein Catering für 120 Gäste zu machen. Da musste ich natürlich zusagen, obwohl es an einem Samstag war, für den wir bereits zahlreiche Reservierungen hatten. Ich habe also trotz vollem Haus das Catering zugesagt.

Am nächsten Tag ist der Fürst gekommen und hat mir gesagt, dass ich ganz offensichtlich nicht über meine Fähigkeiten Bescheid wisse, denn er ist während des Geburtstagsfestes heimlich nach Feuersbrunn gefahren, um sich zu vergewissern, dass auch im Stammhaus alles perfekt läuft. Das war der Beginn meines Engagements in Grafenegg, das bis heute – mittlerweile auch mit einem Hotel – großartig läuft. Grafenegg liegt ganz in der Nähe und wird nur im Sommer bespielt.

Lust&Leben: Wie kam es zu den Restaurants in Wien und zum Catering?

Der erste Schritt war der schwierigste, weil ich lernen musste, zu Delegieren. Die weitere Expansion erfolgte ohne mein aktives Zutun. Ich habe mich nie um ein bestimmtes Lokal beworben, sondern wurde stets gebeten, dem Eigentümer bei einem Problem zu helfen. Mit dem Ambassador in Wien stand ich dann auch medial in der Auslage, was mir zunächst geschmeichelt hat und auch das Interesse an unserem Catering-Geschäft befeuert hat. Die Schattenseiten einer Person des öffentlichen Lebens habe ich dann auch manchmal erfahren, aber damit lernt man umzugehen.

Lust&Leben: Aus Wien hast Du dich mittlerweile zurückgezogen?

Wenn Du damit meinst, dass ich dort aktuell kein Restaurant führe, dann ja. Ganz prinzipiell gilt, dass Engagements, bei denen ich nicht der Eigentümer, sondern nur Betreiber bin, immer ein Ablaufdatum haben. Das liegt in der Natur der Sache. Ich bin auch nicht mehr im Fontana und im Kloster Und in Krems aktiv. Aber wir bespielen in Wien nach wir vor jeden Winter das Zirkuszelt Palazzo, das ganz hervorragend läuft. Und dann haben wir das Kochamt im Palais Ferstl, das wir auch für Private-Dining Events nutzen. Außerdem sind wir mit unserem Catering laufend in Wien tätig. Das Catering-Geschäft ist seit vielen Jahren ein wichtiges Standbein unseres Unternehmens.

Gemeinsam Verkosten: Welche Desserts soll es im Palazzo 2025/26 geben? Nach wir vor bespielt das Team jeden Winter das Zirkuszelt Palazzo, das ganz hervorragend läuft.

Lust&Leben: Du hast zuvor über die Schattenseiten einer hohen Medienpräsenz gesprochen. Gleichzeitig hast Du das Rampenlicht auch aktiv gesucht. Ich erinnere mich an eine große McDonalds-Kampagne mit Dir als Protagonisten, die Dir vor allem von Kollegen viel Kritik eingebracht hat. War das rückblickend ein Fehler?

Überhaupt nicht. Das war eine wohlüberlegte Entscheidung, bei der es nicht primär ums Geld ging. Der damalige McDonalds-Chef Andreas Schwerla war mit seinem Führungsteam im Rahmen von Seminaren öfter bei uns. Bei seinen privaten Besuchen haben wir dann auch über Wirtschafts- und Management-Themen gesprochen. Dabei habe ich unglaublich viel gelernt. Was das Thema Markenführung betrifft, gibt es wohl kein besseres Unternehmen als McDonalds. Es haben dann auch Köche wie Gualteri Marchesi oder Daní Garcia Kooperationen mit McDonalds gemacht. Ich befinde mich da also in allerbester Gesellschaft.

Lust&Leben: Zurück in die Gegenwart. Wie findest und bindest Du Mitarbeiter? Das ist in den meisten Betriebe ein Riesenproblem. Für Dich nicht?

Das Mitarbeiter-Thema ist in der Gastronomie von zentraler Bedeutung. Ich beschäftige mich täglich damit. Aber ich werde diesbezüglich nie das Wort Problem in den Mund nehmen. Das Allerwichtigste ist es, jungen Leuten eine solide Ausbildung zu bieten, die es ihnen ermöglicht, die Welt zu erobern. Es macht mir auch große Freude, mit jungen Menschen zu arbeiten. Ich habe noch nie ein Mitarbeiter-Inserat geschaltet und bekomme trotzdem laufend Bewerbungen.

Das beste Marketing machen aktive oder ehemalige Mitarbeiter, wenn sie ihren Freunden vorschwärmen, wie viel Freude ihnen der Job bei uns macht. Deshalb stört es mich auch nicht, wenn talentierte junge Leute unser Unternehmen einmal verlassen. Im besten Fall sind sie woanders erfolgreich und schicken gute Leute zu uns, wenn diese auf dem Sprung sind. Intern arbeiten wir viel mit Incentives und fördern es, wenn sich Mitarbeitern mit Ideen einbringen. Aktuell haben wir in 75 fixe Mitarbeiter in Feuersbrunn, ab Juni werden es mit der Eröffnung des Gutshofs ein paar mehr sein.

Lust&Leben: Dass junge Leute nur mehr von „Work-Life-Balance“ reden, stimmt also nicht?

Faule Menschen hat es schon immer gegeben, auch als wir jung waren. Auch der Vorwurf der älteren Generation, dass die nächste nicht mehr so tüchtig sei, ist so alt wie die Menschheit. Wenn es sich lohnt und die Rahmenbedingungen passen, wollen auch junge Menschen etwas leisten. Ein respektvoller Umgang miteinander ist das Um und Auf. Ich denke auch, dass der Trend hin zu immer mehr Schließtagen der falsche Weg für die Gastronomie ist. Das bringt weder dem Wirt, noch den Gästen noch den Mitarbeitern etwas. Wir haben 365 Tag im Jahre geöffnet.

Lust&Leben: Du bist ein viel beschäftigter Mensch. Als wir uns vor 20 Jahren das erste Mal im Rahmen eines Kochkurses für 20 AMA-Mitarbeiterinnen kennen gelernt haben, hast du drei Stunden lang nicht zum Handy gegriffen und warst ausschließlich für die Teilnehmer da. Jetzt sind wir ohne Telefon-Unterbrechung schon beim Dessert angekommen und du wirkst so, als hättest du den ganzen Tag Zeit. Wie organisierst du dein Zeit-Management?

Ich habe für euch nicht den ganzen Tag Zeit. Ich habe für unseren Termin zwei Stunden blockiert und während dieser Zeit bin ich nur für euch da. Ich plane meine Tage genau, weil ich gelernt habe, dass man erfolgreicher ist, wenn man zu hundert Prozent bei der Sache ist, die man gerade macht. Natürlich telefoniere ich viel, aber dafür habe ich eigene Zeitfenster blockiert. Ich lasse mich nicht gerne stressen.

Lust&Leben: Trotz deines offensichtlichen Tatendrangs wirst auch du nicht jünger. Wie schaut deine persönliche Lebensplanung aus? War der Gutshof deine letztes großes Bauprojekt?

Zum ersten Teil der Frage: Zumindest zehn Jahre lang will ich noch aktiv im Geschäft sein, weil mir die Arbeit wirklich viel Spaß macht. Zum zweiten Teil: Nein, sicher nicht. Das nächste Projekt ist schon in Planung, aber darüber reden wir erst nach der Eröffnung des Gutshofs.

Der Sportliche: Im Stangen-Wald beim täglichen Slalom.

Der Blick nach vorne: Toni Mörwald zeigt bereits die Bemusterung der neuen Hotelzimmer. 

Standpunkt: Es geht darum, die eigene Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Ein Ort ist das, was man daraus macht. Viel zu oft wird dabei zugesehen, wie ein Ort langsam stirbt.

Hier schmeckt es vorzüglich, auch wenn der Chef nicht in der Küche steht, sondern mit seiner Frau Eva und uns bei Tisch sitzt.

Mörwald Relais & Chateaux
Hotel & Restaurant
Kleine Zeile 13-17
3483 Feuersbrunn
www.moerwald.at