NORDLICHTER
DER KING IST DER KÖNIG
Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: beigestellt
Johannes King: Ich komme aus dem Süden und habe mich in den Norden verliebt.
Die meisten Monarchen werden als Kronprinz geboren, Johannes King musste sich seinen Status als „König von Sylt“ über viele Jahre hinweg erarbeiten. Dass er einmal als erfolgreicher Gastronomie-Unternehmer am nordwestlichsten Punkt Deutschlands landen würde, war dem aufgeweckten Kind aus dem Schwarzwald nicht in die Wiege gelegt.
Über Wien und Berlin nach Sylt
Nach der Lehre in Rottweil und einem Aufenthalt bei Franz Keller in Köln kam er auch nach Wien in die Kurbäckerei Oberlaa, um sein Wissen in der Patisserie zu vertiefen. „Wien hat mir total getaugt, aber ich wollte einfach noch mehr lernen, also bin ich 1985 weitergezogen“, erinnert sich King. Es folgten Bildungsreisen zu den großen Köchen Frankreichs. Dabei durfte er Größen wie Chapel, Troisgros, Giradet, Passard und Robuchon über die Schulter schauen, um nur die bekanntesten zu nennen. Dann ging es für ein Jahr ins Hôtel de la Poste im burgundischen Saulieu.
In Berlin erkochte sich King dann als Küchenchef des Restaurants Gran Slam 1993 seinen ersten Michelin-Stern. Nach zehn Jahren Großstadt ging er schließlich als Küchenchef und Gastgeber in den neu eröffneten Söl’ring Hof auf Sylt und holte zunächst einen Michelin-Stern, ab 2004 dann einen zweiten. Ab 2013 hatte King mit Jan-Philipp Berner einen gleichberechtigten Küchenchef an seiner Seite, der seit Kings Rückzug 2018 weiterhin auf Zwei-Sterne-Niveau kocht und das Haus auch als Direktor führt.
Die Schank: Ort vieler Jugenderinnerungen, wenn das Haus voller Leben war. Gern lässt man sich in der gemütlichen Gaststube sehen. Für Künstler, Prominente und Verliebte steht ein blickgeschütztes Separée zu Verfügung.
Ruhiger treten ist relativ
Johannes King konnte sich jetzt ganz um seinen eigenen Genuss-Shop kümmern. „Als ich auf Sylt landete, war ich zunächst ein Fremder. Wir wollten das Restaurant im Söl’ring Hof rasch als Spitzenrestaurant etablieren, was uns ja auch gelungen ist. Anfangs haben wir bis auf Fisch und Meeresfrüchte fast alles auf die Insel bringen lassen. Je länger ich hier war, desto mehr habe ich gelernt, was die karge Landschaft alles zu bieten hat. Unsere Küche ist immer regionaler geworden.
Gleichzeitig ist in mir die Idee gereift, eine Genussmanufaktur samt Shop zu gründen“, erklärt uns King bei einem erfrischenden Gin Tonic auf seiner sonnigen Terrasse in Keitum. Den Rosen Gin hat er selbst komponiert. Die in den Dünen wild wachsende Sylter Rose hat aromatische Blätter und ist ein entscheidender Geschmacksträger. Destilliert wird er von Hans Reisetbauer in Oberösterreich. Nicht der einzige Österreichbezug in Kings Sortiment. Sein einzigartiger Rosenessig wird in Wien von Erwin Gegenbauer gebraut.
Die Liebe zu Sylter Produkten und die Zusammenarbeit mit lokalen Kleinproduzenten ist eine Komponente der Genussmanufaktur. Einiges stammt auch direkt aus dem eigenen Gemüsegarten, der gleich hinter dem Haus liegt. „Das kühle Klima ist kein Problem. Sonne haben wir genug. Wichtig ist nur, dass die kleinen Pflanzen windgeschützt sind, weil es gerade im Frühling oft kräftig bläst“, meint King.
Weitere Steckenpferde des Gourmet-Königs sind Kaviar und Portwein. „Ich bin einfach ein Produktfanatiker und lasse meine Gäste gerne an meinen kulinarischen Leidenschaften teilhaben. Sowohl bei Kaviar wie auch beim Portwein kennen sich viele Genießer leider viel zu wenig aus. Mit meinen Workshops komme ich da meinem selbst auferlegten Bildungsauftrag nach“, schmunzelt King.
Bildungsreisen nach Frankreich, Spanien und Portugal stehen in der Nebensaison nach wie vor auf dem Programm. Regelmäßig ist er dabei auch mit seinem E-Bike unterwegs. Als Wahlsylter ist er mittlerweile ein passionierter Radfahrer, der sich auch von Wind und Wetter nicht aus dem Konzept bringen lässt. „Mir gefällt Sylt das ganze Jahr hindurch, auch der Winter hat seine Reize, wenn es auf der Insel ruhig wird“, so King.
Hinter seiner Manufaktur hat Johann King einen kleinen Gemüsegarten angelegt, wo er am liebsten werkt.
Auch geschäftlich läuft es ausgezeichnet. Die wenigen Plätze im Bistro sind fast immer besetzt. Am Alten Bahnhof von Keitum hat King einen weiteren Shop aufgemacht, in dem es alles rund um die Tischkultur gibt. Und auch sein Online-Shop, über den er alle Produkte unter eigenem Markennamen deutschlandweit vertreibt, läuft blendend. Kein Wunder, dass der King immer so fröhlich ist.
