DAS WIRD JA IMMER GRÜNER

Beim Wein dreht sich alles um den Grünen Veltliner. Auch sonst hat der Winzer Bernhard Ott ein durch und durch grünes Herz, das sich in allen Aspekten seines Schaffens zeigt.

Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Michael Otto

Bereit für den Saisonstart: Mit den neuen Signature Drinks’25 Summer Fling und Peach Rose Garibaldi in der Hand im Salon Bökermann.

Gut waren die Ott-Weine schon immer. So hatte bereits Bernhards Urgroßvater Ignaz um 1900 die besten Wiener Gasthäuser direkt beliefert – damals noch fassweise und mit dem eigenen Pferdefuhrwerk. Seither ist viel Wasser die Donau heruntergeflossen.

Doch als Bernhard Ott 1993 im zarten Alter von 21 Jahren das elterliche Weingut übernehmen musste, war vom Glanz vergangener Tage nur mehr wenig übrig geblieben. Was wenige wissen: Aufgrund des nahe gelegenen Militärflughafens wurde Feuersbrunn im Zweiten Weltkrieg oft bombardiert. Der Wiederaufbau ging nur schleppend vor sich

Auch die Weine vom Wagram hatten damals ein mäßiges Image und standen im Schatten der benachbarten Weinbaugebiete Wachau sowie Kamp- und Kremstal. Die damalige Bezeichnung „Donauland“ war für die Vermarktung von Herkunftsweinen auch nicht hilfreich. Gerade einmal zehn Hektar Weingärten des ehemals stattlichen Weingutes waren verblieben.

Heute sind Bernhard und seine Frau Maria für knapp 50 Hektar verantwortlich, die sie gemeinsam mit gut 30 Mitarbeitern bewirtschaften. Getrunken werden Ott-Weine mittlerweile von Tokio bis Hamburg und von New York bis Paris. Und natürlich auch in den besten Restaurants unseres Landes. Nur in Supermärkten sucht man Ott-Weine vergeblich. Auf diese Vertriebsschiene, wo es in letzter Konsequenz immer um einen Verdrängungswettbewerb über den Preis geht, verzichtet Ott aus Überzeugung.

In zwei Weinbaugebieten verwurzelt
Ja, es gibt auch einen kleinen Weingarten, der mit einer gebietstypischen Mischung heimischer Rebsorten ausgepflanzt ist. In zwei weiteren Parzellen wächst Riesling. Und in kleinsten Mengen werden auch rote Rebsorten angebaut, aus denen der frisch-fruchtige Roséwein Rosalie gekeltert wird. Aber das sind Nebenschauplätze. Tatsächlich dreht sich hier alles um den Grünen Veltliner. Auch wenn alle Weingärten recht nahe nebeneinanderliegen,befinden sie sich in zwei verschiedenen Weinbaugebieten. Die Grenze zwischen Wagram und Kamptal erscheint hier etwas willkürlich gezogen, was es für Ott nicht einfach macht, die Herkunft seiner Weine mit zwei, drei Sätzen zu beschreiben. So kommt sein bekanntester Wein namens Fass 4 aus Weingärten, die in beiden Weinbaugebieten liegen, und ist konsequenterweise „nur“ mit der Herkunft Niederösterreich gekennzeichnet. Das Gleiche gilt für den „Am Berg“ und „Der Ott“. Die Riedenweine tragen entweder die Herkunft Kamptal oder Wagram.

Der beste Speisebegleiter der Welt
„Für mich ist der Grüne Veltliner die beste Rebsorte überhaupt, wenn es ums Essen und Trinken geht, weil er so vielseitig einsetzbar ist. Mit seiner Würzigkeit und Säure passt er perfekt zu den verschiedenen asiatischen Küchen, aber auch in Mexiko und Peru funktioniert er wunderbar. Von Top-Lagen gelesen, kann ein Grüner Veltliner auch mit den großen weißen Burgundern mithalten und macht auch in den besten Restaurants der Welt eine gute Figur. Dort tut sich gerade eine attraktive Nische auf, weil einige Spitzenweine aus der Burgund so teuer geworden sind, dass sie als Speisebegleiter in der Gastronomie nicht mehr kalkulierbar sind“, gibt Bernhard Ott eine persönliche Einschätzung über das Potenzial seiner Lieblingsrebsorte.

Ganz so einfach ist das dann aber doch nicht, wie Ott bei Verkostungen in den USA erfahren muss. Nach dem ersten Siegeszug des „Grunen“ durch die angesagtesten Weinbars der Staaten haben zu viele Winzer versucht, das gute Veltliner-Image zu nutzen, um mit einfachen Basisqualitäten das schnelle Geld zu machen. Aber mit Tarnen und Täuschen kommt man in der Oberliga halt nicht weit. Auf Dauer zählt das, was im Glas ist, und nicht, was auf dem Etikett steht.

Schön sind die in Schwarz-Weiß gehaltenen Frontetiketten mit Holzschnitt-Druck zweifellos, aber das ist nur ein Aspekt, um den es bei der Ausstattung geht.

Das Image und die Marke
Eine hohe Wiedererkennbarkeit sowie die Übereinstimmung von Aussehen und die Kernbotschaften der Marke sind mindestens genauso wichtig. Neben dem Produzentennamen „Ott“ und dem Jahrgang befinden sich nur noch der Name – wie Fass 4, Am Berg – oder der Name der Lage auf dem Etikett. Die Rebsorte ist nur auf der Rückseite angeführt. Dass es sich dabei immer um einen Grünen Veltliner handelt, erklärt sich dank jahrzehntelanger Markenführung von selbst. Die bewusste Pflege der Marke Ott zieht sich durch viele Bereiche. So ist jedes einzelne Zalto-Glas am Weingut mit dem Schriftzug Ott versehen, egal ob es offziellen Verkostungen, internen Tastings, dem alltäglichen Weingenuss oder dem Verkauf dient.

Meiko & das Glas: „Beim Verkosten verwenden wir so viele Gläser, wie wir wollen, und zwar immer perfekt gespült und getrocknet von unseren Meiko-Gläserspülern. Das Gleiche gilt auch für Tastings mit Kollegen und Kunden. Da braucht es dann schnell einmal hundert und mehr Gläser. Die müssen einfach immer in einem perfekten Zustand sein“, meint Bernhard Ott.

„Das Glas ist eines meiner wichtigsten Werkzeuge überhaupt. Wir bemühen uns ein ganzes Jahr hindurch, in den Weingärten die Finesse einer besonderen Lage herauszuarbeiten. Diese Nuancen will ich dann auch sensorisch deutlich wahrnehmen können. Bei Tisch mag der ästhetische Aspekt genauso wichtig sein, aber wenn wir im Keller Proben nehmen, zählt ausschließlich die Funktionalität der Gläser“, so Ott. Das ist übrigens auch der Grund, wieso es neben den drei Meiko-Spülern zur ebenen Erd’ auch einen im Weinkeller gibt. „Beim Verkosten verwenden wir so viele Gläser, wie wir wollen, und zwar immer perfekt gespült und getrocknet. Das Gleiche gilt auch für Tastings mit Kollegen und Kunden. Da braucht es dann schnell einmal hundert und mehr Gläser. Die müssen einfach immer in einem perfekten Zustand sein“, meint Ott.

Kleine und große Schritte
Auch wenn sich das Erscheinungsbild der Ott-Weine in den letzten 20 Jahren kaum verändert hat, ist im Hintergrund vieles anders geworden. Am Anfang ging es der ehrgeizige Jungwinzer noch ziemlich konventionell an und feilte an vielen kleinen Details, um Jahr für Jahr immer bessere Weine zu keltern. Das gelang auch. Die Aufnahme bei den österreichischen Traditionsweingütern, die sich von Anfang an um eine seriöse Lagenklassifizierung bemüht haben, war für ihn so etwas wie ein Ritterschlag. Das war im Jahr 2000.

Er war damals übrigens der erste Winzer vom Wagram, der in diese elitäre Vereinigung aufgenommen wurde. Auch wenn die Weine immer besser wurden, war er mit seinem Latein am Ende. Der Wechsel zu modernen Stahltanks statt den alten Holzfässern war rückblickend betrachtet ein Fehler. Konventionell kann man gute und weniger gute Weine machen. Doch wenn es darum geht, das ganze Potenzial eines alten Weingartens auszuschöpfen, führt für Ott kein Weg an der biodynamischen Landwirtschaft vorbei.

Also hat er 2006 zusammen mit zwölf Kollegen, die ganz ähnlich getickt haben, die Winzervereinigung „Respekt Biodyn“ gegründet. Gemeinsam konnte man es sich leisten, den amerikanischen „Bio-Guru“ Dr. Andrew Lorand nach Österreich zu locken, um sich ernsthaft mit dem Thema Biodynamie auseinanderzusetzen. Damals besuchte Ott das erste Mal Georgien, wo ihn die traditionelle Weinbereitung in Quevres (das sind im Boden vergrabene, tönerne Amphoren) faszinierte. Er brachte eine LKW-Ladung mit Quevres nach Österreich, um mit der Spontanvergärung ungepresster Trauben und sehr langen Maischestandzeiten zu experimentieren. Auch wenn er die Quevre-Behälter mit dem Jahrgang 2015 in „Frühpension“ schickte, waren die zehn Jahrgänge, die er mit ihnen gearbeitet hatte, unglaublich wertvoll. „Wir haben sehr viel gelernt und ich liebe meine Quevre-Weine bis heute. Leider haben sie nicht wirklich in unser Sortiment gepasst. Traditionelle Kunden konnten damit wenig anfangen und für die alternative Naturwein-Szene waren sie zu wenig radikal. Dennoch war es kein Irrweg, sondern nur ein Umweg, der uns schlussendlich zum Einsatz von Korbpressen und großen Stockinger-Holzfässern geführt hat“, erklärt Ott. Heute bleiben die Lagenweine zwei Winter lang auf der Hefe und führen so zu noch mehr Tiefe und Struktur.

Grün nicht nur im Weingarten
Der Schritt hin zur biodynamischen Bewirtschaftung der Weingärten war vor allem vom Bestreben, bessere Weine zu machen, geprägt. Aber natürlich hat Otts wachsendes Verständnis vom Zusammenspiel von Mensch und Natur auch in allen anderen Bereichen seines Schaffens gewirkt. Es wäre ja auch seltsam, wenn man im Weingarten biodynamisch arbeitet und anschließend die Marillenbäume mit Chemie spritzen würde.

Kulinarisch: Für mich ist der Grüne Veltliner die beste Rebsorte überhaupt, wenn es ums Essen und Trinken geht, weil er so vielseitig einsetzbar ist.

Im März 2020 war die Generalsanierung des Betriebs eigentlich schon beschlossene Sache, als plötzlich Corona ausbrach und die Regierung einen Lockdown mit ungewissem Ablaufdatum verhängte. Kurz hat der Familienrat debattiert, ob man in derart unsicheren Zeiten ein so großes Investment wagen könne. Das Argument von Sohn Moritz, dass „Wein immer getrunken wird“, hat schlussendlich überzeugt.

Nebenschauplatz: In der kühlen Lage Kirchthal fühlt sich auch der Riesling wohl.

Von März 2020 bis zum Frühsommer 2021 wurde der Betrieb in Feuersbrunn von Grund auf saniert, wobei die alte Substanz erhalten wurde, gleichzeitig alles auf höchste Nachhaltigkeit getrimmt wurde – inklusive zahlreicher Solarpaneele, die weit mehr als den eigenen Bedarf produzieren. Seit damals sind die Pforten des Weinguts täglich für Besucher geöffnet – auch ohne vorherige Ankündigung.

Gastgeber: Norbert Unger kümmert sich mit den Meiko-Gläserspülern um ein perfektes Gläserservice der Kostproben am Weingut Ott.

Norbert Unger wurde als Gastgeber engagiert, der sich um Betriebsführungen und Verkostungen kümmert. „Ausgesteckt“ – sprich Heurigenbetrieb – gibt es jedoch nicht. „Wir sind ein landwirtschaftlicher Betrieb, wo man Weine kosten kann. Zum Essen geht man ins Wirtshaus oder ins Restaurant. Wir leben diesbezüglich ja im gelobten Land. In weniger als 20 Minuten Fahrzeit gibt es über ein Dutzend hervorragender Lokale, wo man unsere Weine zum Essen bestellen kann.

Gekocht wird bei den Otts trotzdem täglich. Das gemeinsame Mittagessen mit allen Mitarbeitern ist ein Ritual, auf das niemand verzichten möchte. Auch das ist Teil einer gelebten Genusskultur, die bei vorangegangen Generationen selbstverständlich war.

Am besten reifen Otts Grüne Veltliner in großen Stockinger-Fässern.

Weingut Ott
Neufang 36, 3483 Wagram

T.: 02738 22 57
www.ott.at