IM FOKUS
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Text: Wolfgang Schedelberger
Die Dose ist viel besser als ihr Ruf. Das wissen Getränkeprofis aus Industrie und Handel schon lange. Trotzdem war ihr Image lange Zeit eher mäßig. Zu sehr erinnert die Dose an Diskontware aus dem Supermarkt. Das hat auch historische Gründe. Während die bekannten regionalen und nationalen Biermarken bis zur Jahrtausendwende fast ausschließlich in Mehrweg-Glasflaschen vertrieben wurden, hat der Handel vor allem billige Eigenmarken im „Wegwerfgebinde“ Alu-Dose verkauft. Vor dem EU-Beitritt gab es in Österreich beim Bier einen Mehrweg-Anteil von über 80 Prozent. Seither ist er auf bescheidene 18 Prozent gesunken ist. Vielen Konsumenten ist es einfach zu mühsam geworden, schwere Bierkisten nach Hause zu schleppen, wenn es das gleiche Bier in leichten Dosen gibt.
Grüner Kreislauf statt MehrwegÂ
Eine etwaige Rückkehr zu Mehrweg-Gebinden aus Glas, wie sie in der heimischen Gastronomie bis heute üblich sind, ist für den Großteil der privaten Konsumenten immer unattraktiver geworden. Also wollten vor allem grüne Politiker zumindest das Recycling der Rohstoffe forcieren. Dass ein viele PET-Flaschen nach wie vor im Hausmüll landen, ist tatsächlich ein ökologisches Problem. Es hätte aber wenig Sinn gemacht, nur PET-Flaschen zu bepfanden und die Dose unbelastet zu lassen, obwohl Österreich dort schon bisher und ganz ohne jede gesetzliche Verpflichtung eine Recycling-Quote von über 70 Prozent erreicht.Â
Und dann gibt es noch den Aspekt des Landschaftsschutzes. Der unachtsame Umgang mancher Konsumenten mit leeren Dosen, die leider in der Natur und nicht im Recycling-Container landen, stößt nicht nur Grünpolitikern auf. Auch wenn sich der Lebensmittelhandel zunächst ein wenig zierte – schließlich ist er es, der die größten Belastungen zu schultern hat – wurde im September 2022 im Österreichischen Nationalrat ein Gesetz zum „Einwegpfand“ beschlossen, das nun mit 1. Jänner 2025 in Kraft tritt.Â
Es gilt allerdings eine einjährige Ãœbergangsfrist, während der PET-Flaschen und Dosen, die bereits produziert sind, so wie bisher ohne Pfand verkauft werden dürfen. Ab 2026 muss dann tatsächlich jedes Einweg-Gebinde mit Pfand in Umlauf gebracht werden. Dosen und Flaschen müssen dann ein Logo und einen Barcode tragen, der zeigt, dass der Abfüller tatsächlich ins System eingezahlt hat.Â
Für Dosen, die im Ausland produziert und in Österreich verkauft werden sollen, gibt es ein Pickerl-System, das der jeweilige Importeur selbst anbringen muss, damit auch diese Gebinde Teil des heimischen Recycling-Kreislaufs werden können.   Â
Müll oder wertvoller Rohstoff? Kreislaufwirtschaft bedeutet eine bessere Nutzung unserer Ressourcen.
Würstelstand und Automaten
Das Dosenpfand betrifft nicht nur den Handel, sondern alle Orte, an denen Dosen und PET-Flaschen verkauft werden. Also muss auch bei Getränke-Automaten an Bahnhöfen zukünftig 25 Cent pro Dose mehr bezahlt werden. Weil es absurd teuer wäre, neben jedem Automaten auch einen Rücknahme-Automaten aufzustellen, wurden diese von der allgemeinen Rücknahme-Verpflichtung ausgenommen.
Würstel-Stände und Schnell-Imbisse, wo ein Gutteil der Getränke vor Ort getrunken wird, sind allerdings zur Rücknahme und Auszahlung des zuvor verrechneten Pfands verpflichtet. Das hat im vergangenen Sommer zu heftigen Protesten geführt, weil viele kleine „Standler“ um ihre Existenz fürchten. Abgesehen vom administrativen Mehraufwand fehlt es bei kleinen Würstelständen oft einfach am Platz, um die leeren Dosen aufzubewahren.
Der Österreichische Automaten-Profi Uko-Microshops ist mit Tomra, ein Spezialist für Rücknahme-Automaten, eine Partnerschaft eingegangen, um touristischen Betrieben eine individuelle Rücknahme-Möglichkeit anbieten zu können und berät diese auch, um im ersten Halbjahr 2025 eventuell in den Genuss von Fördermitteln zu kommen. In Frequenzlagen (Skihütten, Einkaufszentrum, Bahnhof, etc.) macht das wahrscheinlich Sinn, für einen Würstelstand in Einzellage wird sich so eine Investition eher nicht lohnen.Â
Events und Parties
Bei angemeldeten Veranstaltungen, wo viele Menschen zusammenkommen, sind in Österreich Glasgebinde verboten. Auf Sport-Veranstaltungen und Konzerten kommen daher fast immer Pfandbecher aus Plastik zum Einsatz. Überall dort, wo Besucher ihre eigenen Getränke mitbringen dürfen, ist die Dose das Gebinde der ersten Wahl. Wie ein Blick auf die leere Zuschauerfläche nach einer Veranstaltung zeigt, bleiben regelmäßig unzählige Dosen zurück. Ein Pfand von 25 Cent wird wohl nicht ausreichen, um Besucher zu motivieren, die leeren Dosen unzerdrückt aufzubewahren und sich dann in einer Schlange anzustellen, um sie dann für ein paar Cent zu retournieren.
Der deutsche Limonaden-Hersteller Fritz Kola ist deshalb mit einem lässigen „Pfandhaus“ auf Festivals unterwegs, wo man die leeren Flaschen und Dosen einfach einwerfen und das Pfand damit spenden kann. So kann man mit geringem Einsatz Gutes tun und gleichzeitig das Gelände reinhalten. Im kommenden Sommer sollen Fritz Cola Pfandhäuser auch bei Veranstaltungen in Österreich unterwegs sein.
Mit dem Pfandhaus sammelt Fritz Cola das Pfand für soziale Anliegen.
Discos und Clubs
Wie es in der Nachtgastronomie rechtlich aussieht, ist zumindest in der Theorie noch nicht endgültig geklärt. Jeder Gastgeber hat die 25 Cent pro Dose bereits im Voraus bezahlt und kann sie – wie schon jetzt beim Mehrweg-Gebinde – bei seinem Lieferanten wieder retournieren. Ob er dem Gast 25 Cent geben müsste, wenn dieser mit der leeren Dose zurück an die Bar kommt, wird wohl erst dann geklärt werden, falls ein vorwitziger Jus-Student einmal vor Gericht herausfinden will, ob er leere Dosen mitnehmen darf, oder nicht. In der Praxis wird das allerdings keine Rolle spielen.Â
Generell versuchen Club-Betreiber immer weniger Glasgebinde einzusetzen, um eventuelle Verletzungen zu vermeiden. Die Dose hat in der Nachtgastronomie – nicht zuletzt dank Red Bull – jedenfalls ihren Fixplatz und ein tolles Image. Das hat der heimische Wasser-Abfüller Blue Bomb genutzt, um mit „Dosenwasser“ in der Nachtgastronomie durchzustarten. Das Handling des Leergebindes ist jedenfalls wesentlich leichter, als es bei Glasflaschen der Fall ist. Â
Die Dose im WirtshausÂ
In Restaurants und Gasthäusern spielen Dosen aktuell nur eine untergeordnete Rolle. Bis auf Red Bull und eventuell ein paar ausgefallene ausländische Spezialbiere kommen Dosen eigentlich nicht zum Einsatz. Daran wird sich so schnell nichts ändern. Schon bisher hat die Gastronomie bei Bier und Limonaden auf die edlere Erscheinung der Glasflasche gesetzt. Sollte sich der eine oder andere Limonaden-Anbieter einmal dazu entschließen, in Zukunft nur mehr Dosen anzubieten, könnte sich das Image der Dose auch bei älteren Gästen langsam ändern.Â
Ginge es nur um praktische und ökologische Erwägungen, ist die Dose nicht nur jeder PET-Flasche überlegen, sondern auch Glasgebinden. Die Dose bietet hundertprozentigen Lichtschutz und verursacht dank ihres geringen Gewichts auch weniger CO2-Emissionen beim Transport. Selbst wenn der Transportweg relativ kurz ist, benötigt man für die hygienisch einwandfreie Reinigung einer Glasflasche Energie. Â
Dein Lieferant als PartnerÂ
Alle wichtigen Getränkelieferanten und C&C Märkte haben jedenfalls ordentlich in ihre Logistik investiert, um ihren Gastro-Kunden zusätzliche Mehrarbeiten abzunehmen. Seit ein paar Wochen informiert Del Fabro Kolarik seine Kunden umfassend, wie sie mit dem neuen Pfandsystem am besten umgehen. Eine entscheidende Rolle spielen dabei plombierte Rücknahmesäcke, die für einen einfachen und hygienischen Transport vom Gastronomen ins Del Fabro Lager garantieren. Abholkunden können die Dosen auch direkt an den Standorten retournieren.
Metro-Österreich Chef Thierry Guillon-Verne hat in allen 16 Niederlassungen High-Speed Automaten aufstellen lassen, die bis zu 100 Flaschen oder Dosen auf einmal „schlucken“, damit es schnell geht. Wer hat schon Lust, beim Einkauf lange vor einem Rückgabe-Automaten zu stehen.Â
Ganz ähnliche Wege geht man bei Transgourmet. Als umweltbewusstes Unternehmen begrüße man die Einführung des Einwegpfands, wenngleich es mit einem erheblichen Mehraufwand einhergeht. „Geben Sie’s uns, wie sie wollen“ formuliert Geschäftsführer Thomas Panholzer den Claim von Transgourmet Österreich. Mit anderen Worten: Selbstabholer nutzen die Rückgabe-Automaten in den C&C Märkten, Lieferkunden können das Leergut den Transgourmet-Fahrern mitgeben.
Man kann darüber diskutieren, um wie viel grüner unser Planet durch die Einführung des Einweg-Pfands in Österreich tatsächlich wird. Zwei Aspekte sind jedoch zweifellos positiv. Zum einen wird das Einwegpfand dazu beitragen, die allgemeine Wegwerf-Mentalität zu verringern. Zum anderen werden ziemlich sicher weniger Flaschen und Dosen in der Natur herum liegen. Immerhin.   Â
Intakt und mit Logo
In der EU gibt es beim Thema Einweg-Pfand ganz unterschiedliche Regelungen. In den meisten Ländern gibt es aktuell (noch) kein Pfand auf Einweg-Gebinde. In Skandinavien bestehen solche Systeme hingegen schon seit Jahrzehnten. Schweden hat bereits 1984 ein Dosenpfand eingeführt, ein paar Jahre später folgte dann auch ein Pfandsystem für PET-Flaschen. Deutschland hat 2003 unter einer rotgrünen Regierung ein Pfandsystem für Limonaden und Bier in Einweg-Gebinden beschlossen. Viele EU-Länder bereiten derzeit ähnliche Lösungen vor oder diskutieren darüber. Ein einheitliche EU-Regel ist derzeit nicht absehbar.Â
Die Höhe des Pfands richtet sich nicht nach dem tatsächlichen Wert des Rohstoffs, denn sonst wäre der Anreiz viel zu gering und der Aufwand zu hoch. Die 25 Cent sind ein Betrag, der Konsumenten dazu motivieren soll, das Leergut tatsächlich zu retournieren. Ab Jänner 2025 wird vom jeweiligen Verkäufer (Getränkemarkt, Diskonter, Lieferant) ein Pfand von 25 Cent pro Dose/Flasche eingehoben, das dieser dem Käufer bei der Retournierung des Leerguts zurück bezahlt.
Damit es zu keinen unerwünschten Importen von ausländischen Dosen und PET-Flaschen, auf die beim Kauf kein Pfand erhoben wurde, kommt, werden in Österreich nur Flaschen und Dosen mit dem heimischen Logo zurückgenommen. Ein zusätzlicher Strichcode erleichtert das automatische Scannen, das eine rasche Entgegennahme in Automaten ermöglicht. Für Großabnehmer wird es spezielle Säcke geben, in denen bis 200 Dosen Platz finden. Damit die Dosen automatisch kontrolliert und sortiert werden können, müssen diese „unbeschädigt“ retourniert werden. Was dies genau bedeutet, ist noch nicht ganz klar. Eine kleine Delle, die beim Handling leicht passieren kann, wird beim Retournieren wohl kein Problem bedeuten. Ein Knick oder eine Beschädigung von Logo und Strichcode hingegen sehr wohl. Dann fällt man um den Pfand um, es bleibt nur – wie bisher – der Weg zur Recycling-Tonne.
„Wir unterstützen unsere Partner und geben ihnen die Innovationen an die Hand, die sie für eine erfolgreiche Zukunft benötigen“
Moritz Unterkofler, Geschäftsführer von UKO Microshops
Eine geniale Erfindung
Die ersten Getränkedosen wurden 1933 in den USA entwickelt und zunächst ausschließlich für Bier verwendet. Obwohl die erste Dosen-Generation noch keinen Verschluss hatte und man sie mit einem spitzen Gegenstand „anstechen“ musste, waren die neuen Bierdosen auf Anhieb ein Renner.Â
Erst 1962 wurden die bis heute gängigen, vorgeprägten Aufreißverschlüsse erfunden. Bis in die späten 1950er Jahre wurde statt dem heute üblichen Aluminium das fünf Mal so schwere Weißblech verwendet, das immer noch für die Verpackung von Lebensmitteln genutzt wird.Â
Weil nur sehr geringe Mengen an Aluminium für die Herstellung einer Dose gebraucht werden, war Recycling zunächst kein Thema. Dosen wurden zumeist gemeinsam mit dem Hausmüll entsorgt. In Zeiten billigen Stroms spielte das Recycling von Aluminium keine Rolle, obwohl dieses außergewöhnliche Metall für eine Wiederverwendung geradezu prädestiniert ist, weil es sich ohne Qualitätsverlust endlos wieder verwenden lässt. Um aus einer bereits verwendeten „Aludose“ eine neue zu formen, braucht es nur fünf Prozent der Energie, die für die Hersteller der ursprünglichen Dose benötigt wurde.
Mit – oder bis vor kurzem zumeist ohne – Pfandsystem hat sich das Recyclen von Aluminium weltweit durchgesetzt. Laut Studien sind über 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums heute noch im Umlauf.Â
In Österreich liegt die Recycling-Quote von Aluminiumdosen laut Umweltministerium aktuell bei rund 70 Prozent. Durch die Einführung des Pfandsystems ist eine Steigerung auf bis zu 90 Prozent denkbar. Auch wenn das für den gesamten Energieverbrauch unseres Landes nur eine minimale Einsparung bedeutet, wird ein deutlicher Rückgang von „Littering“, also des achtlosen Wegwerfens von Dosen in der Natur, erwartet.
Parallel mit dem Dosenpfand wird in Österreich mit Jahresbeginn 2025 auch ein Pfand von 25 Cent für PET-Einwegflaschen eingeführt. Hier ist die Wiederverwertung zwar nicht ganz so energie-effizient wie bei Alumium, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft funktioniert grundsätzlich aber genauso. Der Rückgang von Littering wird wohl ähnlich deutlich ausfallen, wie bei den Dosen.
Weitere Infos: www.recycling-pfand.at