20ERJUBEL

DER DOPPELTE LUKAS

In kürzester Zeit hat Lukas Kienbauer Schärding erobert. Anfang 2016 eröffnete er das Fine-Dining-Restaurant Lukas und wurde vom Gault Millau sogleich als „Newcomer des Jahres“ mit zwei Hauben ausgezeichnet. Jetzt hat er mit dem Lukas Steak sein zweites Restaurant in Schärding eröffnet.

Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer

Lukas Kienbauer.  Foto: Rainer Fehringer

Ein anspruchsvolles Feinschmecker-Restaurant funktioniert in einer 5.000 Einwohner zählenden Bezirkshauptstadt nicht, weil es einfach zu wenig potenzielle Gäste gibt. Sonst würde es ja eines geben, oder? So ein Restaurant würde in Schärding sehr wohl sein Publikum finden, weil es weit und breit nichts Vergleichbares gibt und es viele Gäste gewohnt sind, zum Essen eine halbe Stunde und mehr mit dem Auto zu fahren. Nur hat sich bis jetzt niemand getraut, es zu machen.

Welche dieser beiden Annahmen stimmt? Bevor man es probiert hat, bleibt die Antwort reine Spekulation. Lukas Kienbauer wollte es herausfinden. Nach seinen Ausbildungs- und Wanderjahren, die ihn unter anderem zu den Brüdern Obauer und danach zu Josef und Maria Steffner ins Mesnerhaus in Mauterndorf geführt hatten, wollte er zurück ins heimatliche Innviertel, um sich selbstständig zu machen. Er übernahm ein kleines Lokal am Unteren Stadtplatz von Schärding, baute es mit viel Geschmack um und eröffnete das „Lukas“ mit einem für die Umgebung radikalen Konzept: Es hat nur abends geöffnet und geboten wird ausschließlich ein Überraschungsmenü! Doch siehe da, es funktionierte – seit dem ersten Tag ist das Restaurant ausreserviert, für Freitag und Samstag muss man zumeist Wochen im Voraus buchen. 

„Das Lokal ist genauso geworden, wie ich mir ein gutes Restaurant vorstelle: gepflegt und zugleich lässig, anspruchsvoll und doch zugänglich. Wie schön, dass das die Gäste genauso sehen“, freut sich Lukas Kienbauer über die Verwirklichung seines Traums, der seinen Namen trägt. Dass er das Restaurant nach seinem Vornamen und nicht nach seinem Nachnamen benannte, hat einen Grund: „Die Gäste sollen sagen ‚Gehen wir zum Lukas‘ und nicht ‚Gehen wir zum Kienbauer‘.“

Am Herd und im Garten gefordert

Die Stars seiner Küche sind nicht internationale Luxusprodukte, sondern Obst und Gemüse aus dem elterlichen Garten. Außerdem zieht er mit seinem Team regelmäßig durch den Wald und über die Wiesen, um Pilze, Beeren, Kräuter und andere Wildpflanzen zu sammeln. „Das macht erstens viel Spaß und ist auch für die Gäste interessant. Bei uns bekommen sie die Geschmäcker der Region in einer Form zu kosten, wie sie kaum jemand kennt“, erklärt Lukas. Diese Form der Lebensmittelbeschaffung hat allerdings auch ihre Tücken. „Ich habe zwar eine solide Kochausbildung genossen, aber ich war nie Bauer. Von den 80 Obst und Gemüsesorten, die wir im ersten Jahr ausgepflanzt haben, sind ‚nur‘ 50 etwas geworden. Wirklich überzeugend waren 30 davon. Und auch was die Erntemengen betrifft, sind wir öfters danebengelegen. Manchmal hatten wir viel zu viel, dann wieder zu wenig. Aber das ist ein Lernprozess, der mir total taugt“, meint Lukas. Nach dem Ernten ist der junge Zwei-Hauben-Koch dann wieder in seinem Element. Es wird unglaublich viel eingelegt und eingekocht, getrocknet und fermentiert, um auch im Winter spannende Produkte zum Kochen zu haben.

Toll kochen, scharf rechnen

Für Lukas Kienbauer war von Anfang an klar, dass er ein für die Region recht hohes Preisniveau fahren muss, damit sich der ganze Aufwand auch rechnet. Er wollte also nicht ein gehobenes Wirtshaus schaffen, sondern ein modernes Restaurant. Das kleine Menü kostet heute 59 Euro, das große 75, nachdem man die Preise im Vorjahr moderat angehoben hat. Das ist in Anbetracht des Gebotenen zwar recht günstig, gleichzeitig ist es jedoch das teuerste Restaurant weit und breit. Wer zum Lukas kommt, will also etwas Besonderes erleben. Es gibt mehrere Küchengrüße und dann fünf bis acht kleine Gänge, die allesamt aufwendig angerichtet sind. Dass man dem Team in der offenen Küche bei der Arbeit zuschauen kann, gehört zum Erlebnis dazu.

Ein Signature-Dish, den es praktisch immer gibt, ist das Schweineschwanzerl, das mit viel Geschmack und krosser Textur überzeugt, doch nicht jedermanns Sache ist. „Das ist der Vorteil einer Carte blanche, denn aktiv bestellen würden das wohl nur wenige Gäste. Wir wollen nicht zu brav sein. Wir fragen bei der Reservierung nach, ob es Unverträglichkeiten gibt, und natürlich bieten wir auch eine vegetarische Alternative an. Wir wollen unsere Gäste herausfordern, aber natürlich nicht überfordern“, erklärt Lukas.

Ein ähnliches Konzept wird auch bei den Getränken verfolgt. In der alkoholischen Begleitung kommt schon einmal ein seltenes Craftbier, ein Sake oder ein Natural Wine ins Glas, weil das für viele Gäste neue Erfahrungen sind. Der Großteil der Weine ist jedoch klassisch. Und weil fast alle Gäste mit dem Auto kommen, hat Lukas gemeinsam mit Sommelier Timo Weisheidinger eine absolut spannende „unvergorene“ Getränkebegleitung entwickelt, damit auch der designierte Fahrer nicht auf außergewöhnliche Geschmackserlebnisse verzichten muss. Weil das Lokal immer voll ist und es lediglich ein Menü gibt, fällt die Kalkulation diesbezüglich relativ leicht. Gleichzeitig ist die Preispolitik heikel. Schließlich muss der Preis in einem attraktiven Verhältnis zum Erlebnis stehen.

Steak, kein Burger

Immer wieder hat Lukas probiert, das Restaurant auch zu Mittag aufzusperren, aber so wirklich funktioniert hat das nie. „Es gab zwar die Nachfrage, aber wir waren dafür weder vom Konzept noch von den Mitarbeitern her geeignet. Für unser Menü nehmen sich die Gäste am Abend zwei bis drei Stunden Zeit und bestellen zumeist die dazugehörige Weinbegleitung. Das geht zu Mittag nicht. Und bei einer ‚Schmalspur-Variante‘, die wir auch ausprobiert haben, geht zu viel vom Zauber verloren“, erklärt Lukas.

Doch als ihm ein weiteres Lokal am Oberen Stadtplatz angeboten wurde, hat Lukas gleich zugesagt. Vor Kurzem hat das Lukas Steak eröffnet, bei dem sich alles um das Thema Fleisch dreht. Das Lukas Steak hat auch mittags geöffnet und ist ein À-la-carte-Restaurant. „Zum einen können wir jetzt auch das Mittagsgeschäft abdecken. Zum anderen können wir Gästen am Abend eine Alternative anbieten, wenn wir im Restaurant restlos voll sind“, erklärt Lukas.

Auch wenn es im Lukas Steak deutlich günstiger ist, handelt es sich nicht um ein Billig-Restaurant. Mit 24 Euro ist das Mittagsmenü wohl eines der teuersten im Innviertel. Dafür gibt es neben einer Vor- und Nachspeise ein wirklich gutes Stück Fleisch. Garnelen und Thunfisch sind eine Alternative für Begleitpersonen, die nicht unbedingt Fleisch wollen. Burger gibt es hingegen keine. „Wir haben in Schärding bereits ein Lokal, in dem es gute Burger gibt. Außerdem muss man nicht alles anbieten. Wir wollen die Gäste schon dazu verführen, saftige Steaks zu essen“, meint Lukas. Der bisherige Erfolg gibt ihm jedenfalls recht. Auch diesmal hat Lukas eine bisher vernachlässigte Marktlücke gefunden.