20ER JUBEL
GEGENPOL STATT KOMPROMISS
Eugen und Silvia Fischbacher haben mit der Paularei und dem Matteo einen modernen Gegenpol zu ihrem traditionellen Alpenhof geschaffen.
Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer
Silvia und Eugen Fischbacher mit ihren Kindern Mateo und Paula. Foto: Rainer Fehringer.
Am ältesten ist der Neuwirt. Der wurde bereits 1586 urkundlich erwähnt und befindet sich seit 1900 im Besitz der Familie Fischbacher. 1963 folgte mit dem Alpenhof ein luxuriöses Familienhotel, das den Spagat zwischen Tradition und Moderne spielerisch schafft. Parallel mit der Entwicklung von Flachau zur angesagten Wintersport-Destination haben die Eltern von Eugen Fischbacher den Alpenhof Schritt für Schritt zum Vier-Sterne-Superior Hotel mit großzügigem Wellness-Angebot ausgebaut. 1986 wurde auch der Neuwirt renoviert, ohne dass der Charme des alten Hauses gelitten hätte. Allerdings wurde er zum Abendlokal, wo sich auch viele Einheimische nach der Arbeit gerne treffen. Mit dem Restaurant Paularei und dem Hotel Matteo hat die nächste Fischbacher-Generation im Vorjahr ein Ausrufezeichen gesetzt, das den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen soll. Schließlich haben Eugen und Silvia Fischbacher die beiden Betriebe nach ihren Kindern benannt.
Die Paularei und das Matteo sind total moderne Lokale, sowohl was das Konzept als auch das Design betrifft. Wie geht das mit dem traditionell gehaltenen Alpenhof zusammen?
Eugen Fischbacher: Gar nicht. Wir haben ganz bewusst einen Gegenpol geschaffen, weil wir das Potenzial dafür gesehen haben, aber in keiner Weise das Geschäft im Stammhaus konkurrenzieren wollen. Ich bin überzeugt, dass genau positionierte Betriebe sich am Markt wesentlich leichter tun als schwammige Mischkonzepte. Das gilt auch für die Preisgestaltung. Der Alpenhof ist ein Luxushotel im Vier-Sterne-Superior-Segment, das wir vor fünf Jahren nach dem Motto Tradition trifft Innovation aufwändig renoviert haben. Dort gibt es einen wirklich großzügigen, mehrfach ausgezeichneten Wellness-Bereich und eine intensivere Betreuung durch unsere Mitarbeiter. Also müssen wir unsere Preise einfach halten und können auch abseits der absoluten Saisonspitzen nicht schleudern.
Das ist leichter gesagt als getan. Die Buchungsplattformen vermitteln auf einen Mausklick Preis-, aber nicht unbedingt Leistungstransparenz. Wie reagieren Sie darauf?
Indem wir mit dem Alpenhof nur mit ganz wenigen Zimmern, wenn überhaupt, über Plattformen buchbar sind. Da geht es nur darum, präsent zu sein. Wir arbeiten auch nicht mit Agenturen oder Reisebüros zusammen, sondern verkaufen praktisch alles selbst. In den buchungsrelevanten Monaten schreiben wir täglich 300 bis 400 individualisierte Angebote. Von Stammgästen bekommen wir regelmäßig sehr offene Antworten, auch wenn sie absagen. Da haben wir herausgehört, dass viele Gäste öfter kommen würden, sich dabei aber nicht jedes Mal den kostspieligen Aufenthalt im Alpenhof leisten wollen beziehungsweise können. Das war ein Mitgrund, wieso wir uns zum Neubau von Matteo und Paularei entschieden haben.
Und was waren die anderen Gründe?
Wir hatten das Grundstück und Kapital zur Verfügung, das regt natürlich die Fantasie an. Dann haben wir gesehen, dass es auch im Sommer und in den Zwischensaisonen Nachfrage nach Gastronomie und Betten gibt, allerdings nicht in dem Preissegment des Alpenhofs, den wir heuer im Sommer auch erstmals geschlossen hatten. Wenn man ehrlich kalkuliert, sind die Kosten im Sommer ja ähnlich hoch wie im Winter. Die Energiekosten für den Wellnessbereich und die Entlohnung der Mitarbeiter sind ja die gleichen.Â
Uns war es ganz wichtig, die Paularei als Freestander direkt an der Straße zu positionieren, weil es uns so gelungen ist, zahlreiche auswärtige Gäste zu gewinnen, die zuvor Schwellenangst gehabt haben, ins Restaurant des Alpenhofs zu gehen. Dass sich dahinter auch ein Hotel befindet, wissen manche Gäste gar nicht. Umgekehrt können wir den Hotelgästen einen großzügigen Gastraum bieten, wo sie durchgängig etwas zum Essen und Trinken bekommen, ohne dass man das Gefühl hat, man sitzt in einer Hotelstube.
Mit Pizza und Burger setzen Sie dabei auf zwei absolute Trendthemen. Außerdem braucht es dafür keine riesige Küchenbrigade, oder?
Dafür braucht man ein System, und wenn das nicht wirklich gut durchdacht ist, scheitert man. Wir haben uns dafür unseren lieben Freund Gerhard Lürzer als Berater an Bord geholt, weil er sich, wie ich von zahlreichen Gesprächen wusste, in Obertauern schon jahrelang intensiv mit dem Thema Burger und Pizza auseinandergesetzt hatte, bis er zufrieden war. Ein derartiges Know-how ist Goldes Wert, weil man sich unglaublich viel Lehrgeld spart. Wir wollen nicht von einem Pizzaiolo abhängig sein, der die Gäste manchmal mit Showeinlagen unterhält, dann aber auch wieder schlechte Tage hat oder mitten in der Saison den Lohn neu verhandeln will. Wir haben bei der Pizza ganz genau definierte Standards, die ein halbwegs geschickter Mitarbeiter nach ein paar Tagen Einschulung beherrscht.
Mit Tiefkühlprodukten wollten Sie nicht arbeiten?
Convenience ist nicht von vornherein schlecht, aber gerade die Pizza ist ein heikles Produkt. Außerdem bleibt die Wertschöpfung bei der Herstellung im Haus, wenn man es selber machen kann. Eine gute Pizza zu machen ist keine Hexerei, aber doch ein komplexer Prozess. Hat man aber einmal alles definiert, von der Grammatur beim Teig über die optimale Einstellung des Ofens bis zu hochwertigen Auflagen, hat man einen Standard, den man jeden Tag halten kann. Für Betriebe, die neben vielen anderen Speisen auch Pizza anbieten, mag sich Convenience lohnen, für uns ist die Pizza hingegen ein Kernthema, also machen wir sie selbst.
Was waren Ihre Überlegungen für das Hotel Matteo?
Unser Claim lautet „Be Smart – Stay Clever“. Wir wollten ein modernes Hotel schaffen, das doch deutlich über der Kategorie Budget-Design-Hotels der großen Ketten liegt. Alle Zimmer sind geräumig, haben schnelles Wifi und große TV-Schirme. Begehbare Duschen und vor allem richtig gute Betten waren uns auch wichtig. Ich verspreche Ihnen: Bei uns schlafen Sie richtig gut. Aber wir haben viele Kostenfaktoren, die Gäste in diesem Segment einfach nicht brauchen, weggelassen. Es gibt keinen Spa- oder Wellnessbereich, keine eigenen Aufenthaltsräume und keine Gastronomie. Dafür gibt es ja die Paularei.Â
Natürlich haben wir uns bemüht, eine zeitgemäße, attraktive Formensprache zu finden, aber Design ist viel zu oft nur ein Schlagwort, das darüber hinwegtäuschen soll, dass bei der Einrichtung gespart wird. Mit dem Matteo sind wir übrigens auch über verschiedene Plattformen buchbar. Zum einen haben wir ja einen wirklich attraktiven Preis, zum anderen wird das von einem jüngeren Publikum einfach erwartet.
Wie vereinen Sie Privat- und Berufsleben?
Während der Umbauphase waren wir schon stärker als sonst gefordert, aber ansonsten ändern sich unsere Arbeitszeiten ja nicht. Im Winter führt die Silvia den Alpenhof jetzt alleine, und ich bin in der Paularei, aber auf das gemeinsame Mittagessen mit den Kindern verzichten wir nie. Für Kollegen mit kleineren Betrieben ohne entsprechende Strukturen ist es manchmal schwerer, den eigenen Tag zu strukturieren. Aber wir beschäftigen im Winter bis zu 80 Mitarbeiter. Da muss sich ein gemeinsames Mittagessen mit der Familie schon ausgehen.