20ER JUBEL

JEDE PIZZA MIT SYSTEM

Das aus Bayern stammende L’Osteria-Konzept beweist, dass man auch im gehobenen Segment mit System sehr erfolgreich sein kann.

Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer

Hell, modern, edel – und das in allerbester Lage! Egal, ob man in der L’Osteria in der Wiener City (früher das Drei-Hauben-Restaurant Novelli) oder am Grazer Mehlplatz (zuvor Aiola City) sitzt, man fühlt sich wie bei einem modernen, schicken Italiener. Nur die wenigsten Gäste werden vermuten, dass sie sich in einem Systemgastronomie-Lokal befinden. Es wird sie auch nicht wirklich interessieren  denn sowohl Pizza als auch Pasta sind hervorragend, das Getränkeangebot ausgezeichnet (auf der Weinkarte findet man auch Top-Weine wie Tignanello) und das Ambiente gediegen. Vor genau fünf Jahren eröffnete die erste L’Osteria in Linz, heute gibt es in Österreich bereits neun Niederlassungen, in den nächsten Jahren sollen zehn weitere folgen.

Sie bieten relativ günstige Pizza und Pasta in relativ hochwertigem Ambiente an. Ist das der Schlüssel zum Erfolg?

Das ist unser Konzept, das mich von Anfang an überzeugt hat. Aber den Schlüssel zum Erfolg gibt es nicht. Die Gastronomie ist ein Hands-on-Geschäft, bei dem man sich täglich neu beweisen muss. So wie auch in inhabergeführten Lokalen ist ein gutes Team das Um und Auf. Ein erprobtes System macht manches leichter, weil gewisse Abläufe definiert sind. Und auch das Wachstum ist leichter zu finanzieren, weil man konkrete Businesspläne eines nachweislich erfolgreichen Konzepts präsentieren kann. Dieses Wachstum ermöglicht es auch, motivierten Mitarbeitern eine Perspektive für die persönliche Entwicklung zu bieten, was bei einem normalen Restaurant nicht immer so einfach ist.

Sie beschäftigen hauptsächlich ungelernte, sprich billige Arbeitskräfte, auch in der Küche. Kann man da tatsächlich von Karrieremöglichkeiten für Mitarbeiter sprechen?

Natürlich. Zum einen zahlen wir alle Mitarbeiter über Tarif, zum anderen will auch nicht jeder eine Karriere in der Gastronomie machen. Wir haben Studenten, die sich in Teilzeit etwas dazuverdienen wollen und, wenn sie im Service gut sind, auch einiges zusätzlich an Trinkgeld machen. Für Mitarbeiter in der Küche ist es vielfach die erste Möglichkeit, eine fixe Beschäftigung zu haben, während sie zum Beispiel Deutsch lernen. Ich widme rund 80 Prozent meiner Zeit den Mitarbeitern, weil es für uns das entscheidende Thema ist. Ich habe auch kein eigenes Büro, sondern bin laufend auf Achse, um so viel Zeit wie möglich in unseren Betrieben zu verbringen. Dank Mobiltelefon und Laptop ist das ja heute kein Problem mehr.

Die meisten System-Konzepte zeichnen sich durch sehr strenge Regeln für alle Bereiche aus. Bei Ihnen sind die Service-Mitarbeiter jedoch individuell gekleidet. Was hat es damit auf sich?

Wir haben auch sehr strenge Regeln. Ein höflicher, respektvoller Umgangston untereinander ist uns ganz, ganz wichtig, aber wir definieren uns nicht über Uniformen. Man kann nicht selbstständiges Handeln einfordern und den Mitarbeitern dann keinen Gestaltungsraum geben. Es gibt bei uns auch keine strengen Regeln bezüglich der Gästeansprache. In unserem Restaurant bei der WU werden wohl die meisten Gäste geduzt, in der Bräunergasse wird zumeist das förmliche „Sie“ gewählt. Jeder Standort funktioniert ein bisschen anders. Deshalb variiert auch die Einrichtung. Am Bahnhof, in Parndorf und bei der WU sind die Lokale etwas legerer, in der Bräunergasse und am Grazer Mehlplatz ein bisschen eleganter. Gewisse Gestaltungselemente sind jedoch immer gleich. Wirklich streng ist unser System eigentlich nur, was die Produktion betrifft. Wir haben unsere Rezepturen standardisiert und genau definiert, damit Pizza und Pasta jedes Mal gleich gut gelingen. Der Einkauf erfolgt zentral, nur frisches Obst und Gemüse wird jeweils vor Ort gekauft.

Inwiefern unterscheiden sich die deutschen L’Osterias von den österreichischen Betrieben? Sind wirklich alle Produkte identisch?

Beim Essen schon, bei den Getränken gibt es gewisse Unterschiede, weil wir hier natürlich mehr österreichische Weine auf der Karte haben. In Deutschland bestellt niemand Soda-Zitron, in Österreich schon.

Wie schaut ein typischer L’Osteria-Gast aus, und wie lange bleibt er im Schnitt im Lokal?

Das hängt sowohl vom Standort als auch der Uhrzeit ab. Die Verweildauer in der Josefstadt, wo wir auch viele Familien ansprechen, ist wesentlich höher als am Bahnhof, wo viele Menschen ihre Pizza-to-Go mitnehmen. Wir haben ein sehr niederschwelliges Konzept und wollen im Prinzip jeden ansprechen, der Lust auf Pizza oder Pasta hat, egal ob er eine kurze Mittagspause nutzen will oder am Abend mit Freunden drei Gänge und eine gute Flasche Wein genießen will. Wir bieten allerdings weder Fleisch noch Fischgerichte an, weil wir das logistisch nicht auf dem Qualitätsniveau anbieten können, das wir uns vorstellen würden. Ein erfolgreiches Gastronomie-Konzept definiert sich nicht nur über die Dinge, die man macht, sondern auch über jene, die man ganz bewusst nicht macht.

Nach welchen Kriterien wählen Sie neue Standorte aus?

In Wien sind wir an vier sehr unterschiedlichen Orten präsent. Die Bräunerstraße ist eine elegante Innenstadtlage, die Florianigasse ein bürgerlicher Wohnbezirk. Dann gibt es noch eine L’Osteria bei der WU und ein weiteres Lokal am neuen Zentralbahnhof. Grundanforderung für ein neues Objekt ist eine gewisse Größe und natürlich die Frequenz. Ganz wichtig ist für uns ein attraktiver Gastgarten. Damit eine L’Osteria gut funktioniert, brauchen wir Lokale mit rund 150 Sitzplätzen, und das funktioniert fast ausschließlich im urbanen Bereich. Parndorf ist da eine Ausnahme, aber im dortigen Factory Outlet Center gibt es ja ausreichend Frequenz.

Ist der Erfolg der L’Osteria auf das einzigartige Konzept zurückzuführen, oder sehen Sie eine grundlegende Veränderung des Marktes hin zu einem höheren Anteil von Systemgastronomie?

Verglichen mit Deutschland ist der Anteil an System-Konzepten in Österreich immer noch sehr niedrig. Das hat zum einen mit der Geografie des Landes zu tun, zum anderen auch mit der sehr hohen Qualität von inhabergeführten Gasthäusern. Dennoch glaube ich, dass der Anteil von gut gemachter System-Gastronomie deutlich steigen wird. Zum einen wächst der gesamte Markt des Außer-Haus-Verzehrs weiterhin. Es ist also genug Platz für neue Anbieter da. Zum anderen werden die Konsumenten anspruchsvoller und schätzen die verlässliche Qualität einer Marke wie L’Osteria. Und auch gute inhabergeführte Betriebe arbeiten immer professioneller, sprich mit System. Es gibt heute zahlreiche erfolgreiche Gastronomen, die ein zweites oder drittes Lokal eröffnen, was früher eher unüblich war. Natürlich eignet sich nicht jedes Konzept dafür, multipliziert zu werden. Aber bei unserer L’Osteria funktioniert das sehr gut.

MARIA-KLARA HEINRITZI

wuchs im bayerischen Bad Tölz auf. Durch ihren Vater, der ein großer McDonald’s-Franchise-Partner mit Lokalen in Bayern, Tirol und Salzburg ist, lernte sie die Systemgastronomie schon in frühen Jahren kennen. Mit 18 ging sie für zwei Jahre nach Paris und lernte im dortigen Four Seasons die Welt der Luxushotellerie kennen. Danach studierte sie zwei Jahre lang im englischen Brighton Hotelmanagement. Dann ging es nach Wien, wo sie für Helmut Österreicher dessen Restaurant im MAK leitete. Nach einem Eigentümerwechsel zog es Heinritzi erneut in ihre Lieblingsstadt Paris, wo sie im Management des berühmten Plaza Athenée arbeitete. 2010 entschloss sie sich, ein eigenes Unternehmen aufzubauen und übernahm vom bayerischen Systemgastronomie-Unternehmen L’Osteria die Lizenzrechte für Österreich. Am 1. Juli 2011 eröffnete Heinritzi die erste L’Osteria-Niederlassung in Linz. Weitere Standorte in Salzburg, Innsbruck, Graz, Wien (mittlerweile vier Restaurants) und Parndorf folgten. Kommendes Jahr eröffnet in der Linzer Pluscity die zehnte L’Osteria Österreichs. Mittelfristig sieht Heinritzi in Österreich Potenzial für 20 Restaurants.

L'OSTERIA

Die erste L’Osteria wurde 1999 von Friedemann Finders und Klaus Radar in Nürnberg eröffnet. Das Lokal war derart erfolgreich, dass schon nach drei Jahren weitere Betriebe in Bayern folgten. Heute gibt es in Deutschland bereits 59 L’Osterias. Vor kurzem eröffnete die erste L’Osteria in der Schweiz, demnächst soll in Bristol der Einstieg nach England gelingen, bei dem Heinritzi unmittelbar beteiligt ist. Die Gründer Finders und Radar waren übrigens auch Teil jenes Erfolgsquartetts, das 2002 das Vapiano-Konzept entwickelte.