20ER JUBEL

POSITV GEFORDERT UND HOCHWILLKOMMEN

Sigrid und Maximilian Blumschein mussten sich nach der vergangenen Wintersaison endgültig vom elterlichen Hotel Grüner Baum in Bad Gastein trennen. Mit dem Hotel Post im Tiroler Sankt Johann haben sie jetzt eine Wirkungsstätte gefunden, die etwas anders tickt.

Text: Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer & Hotel Post

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Sommernachtsfest in atemberaubender Kulisse. Foto: Hotel Post

Manche Probleme mögen hausgemacht gewesen sein. Andere waren im Umfeld begründet. Dennoch ist das Schicksal des Grünen Baums in Bad Gastein ein Lehrbeispiel dafür, wie sich eine Tourismusregion selbst immer mehr in Schwierigkeiten bringt. In den 1980ern hatte der Grüne Baum – so wie praktisch das gesamte Gasteinertal – seine goldenen Jahre. Große Namen von Helmut Kohl und Luis Trenker bis zu Richard von Weizsäcker und Liza Minelli machten im Grünen Baum Urlaub und trugen ganz entscheidend zum mondänen Flair des Ortes bei. Doch spätestens mit der Jahrtausendwende war der Zauber der Region dahin. Mit dem Ort ging es bergab, die Prominenz blieb aus, und um in neue Themen zu investieren, fehlte das Geld.

Die Wende nicht geschafft

Als Maximilian und Sigrid Blumschein 2006 nach einem Jahr im Sheraton in Algier zurückkehrten, um sich um den schon in Schieflage befindlichen Betrieb zu kümmern, entdeckten sie eine Baustelle nach der anderen. „Wir sind aus dem Löcherstopfen nicht mehr herausgekommen. Einerseits galt es, dringend anstehende Investitionen vorzunehmen, andererseits mussten Schulden getilgt werden.

Operativ gelang uns zwar die Wende – sprich, wir konnten schwarze Zahlen schreiben, aber es reichte eben nur dazu, die Zinsen zu bedienen, nicht aber, um Rückzahlungen vorzunehmen“, erinnert sich Max Blumschein.

So wurde im Sommer 2015 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Es gab auch einen Sanierungsplan, doch die lokale Hausbank lehnte den Entschuldungsplan schlussendlich ab und stellte ihre Forderungen fällig. Somit war das Schicksal des Grünen Baums mit Ende der Wintersaison 2015/2016 besiegelt. Die Immobilie samt großem Grundbesitz wird in Zukunft wohl nicht mehr touristisch, sondern privat genutzt werden. Neben der tristen touristischen Entwicklung des Gasteinertals war das Fehlen von Betriebsgenehmigungen für die meisten Gebäude des Grünen Baums der Hauptgrund für die ablehende Haltung der Hausbank. Offensichtlich hatte man das vor Jahrzehnten nicht so eng gesehen wie heute.

So weit, so schlecht. Doch ein Ende ist immer auch ein Anfang. Das junge Hotelierpaar steht erst am Beginn ihres beruflichen Weges und wollte fĂĽr sich und ihre beiden Kinder ein neues Zuhause finden, wo sie ihr Berufsleben als ĂĽberzeugte und begeisterte Gastgeber wieder mit frischem Schwung und in einem positiv besetzten Umfeld aufnehmen konnten.

Gelungene Symbiose aus Alt und Neu

Die ersten 470 Jahre hieß das erste Haus am Platz von Sankt Johann „Zum weißen Rössl“. Mit dem Einzug der Poststation im Jahr 1770 bürgerte sich der Name Zur Post ein. Die alten Mauern verleihen der Post ein ganz besonderes Flair, doch irgendwann war die Infrastruktur nicht mehr zeitgemäß. Da traf es sich gut, dass die Post mit der ortsansässigen Familie Egger Besitzer hat, die die anstehenden Investitionen auch finanzieren konnten. Jedem Österreicher ist das Egger Bier, das in Niederösterreich gebraut wird, wohlbekannt. Dahinter steht jedoch ein Unternehmen, das zu den größten holzverarbeitenden Betrieben des Landes zählt und seinen Sitz in Sankt Johann hat. Man hat sich nicht auf die Behebung von ein paar Kleinigkeiten beschränkt, sondern der Post einen kompletten Neuauftritt verpasst.

Mit der Übernahme des benachbarten Gebäudes wurde 2014 die Kapazität des Hotels Post auf heute 99 Zimmer praktisch verdoppelt. Außerdem wurden eine Tiefgarage und ein „Postshop“ errichtet. Dort gibt es jedoch keine Briefmarken oder Handys zu erwerben, sondern regionale Spezialitäten, von frisch gebackenem Roggenbrot bis zum Rindfleisch vom Brunnhof.

Die neue Post bietet einen gelungenen Mix aus dicken, alten Mauern und traditionellem Charme einerseits. Einen willkommenen Kontrast schaffen Sichtbeton und moderne Materialien im neu errichteten Zubau. Alles schien wunderbar zu funktionieren, nur passte der damalige Pächter nicht wirklich zum Haus. Statt selbst als Gastgeber aufzutreten, kümmerte er sich um seine anderen Geschäfte und installierte in der Post einen Geschäftsführer. Der war zwar tüchtig, aber kein Gastgeber, und den braucht ein Haus wie die Post einfach.

Die Familie Egger trennte sich einvernehmlich von ihm und engagierte Maximilian und Sigrid Blumschein, die hier seit Sommeranfang die neuen Gastgeber sind. „Natürlich muss man umdenken, weil jedes Haus anders tickt. Im Grünen Baum gab es praktisch nur Urlaubsgäste, hier haben wir auch Geschäftsleute und vor allem ein Wirtshaus, in das auch die Einheimischen gerne zum Essen kommen. Die Gastronomie ist hier viel wichtiger, dafür ist der Willkommenscocktail – im Grünen Baum unverzichtbar – hier nicht wirklich gefragt“, meint Max Blumschein.

Ein funktionierender Ort

Sankt Johann ist auch eine Tourismusgemeinde, im Sommer und natürlich noch mehr im Winter. Doch Sankt Johann ist eben auch das Zentrum einer ganzen Region, mit Schulen, Krankenhaus, Fachgeschäften und zahlreichen Gewerbebetrieben. „Der Ort lebt das ganze Jahr. In der Gaststube treffen sich Stammtische und Vereine und wir bewirten Familien, die etwas zu feiern haben. Das ist doch eine ganz andere Situation als wir sie in Gastein hatten. Deshalb ist der Stellenwert der Gastronomie hier auch wesentlich höher, weil wir viel breiter aufgestellt sind“, erklärt Sigrid Blumschein.

Trotz skurriler Schwierigkeiten bei der Suche nach einem neuen Küchenchef, die ein bezeichnendes Licht auf die Arbeitsmoral mancher junger Leute wirft, die nur scheinbar auf Jobsuche sind, läuft das Gasthausgeschäft sehr gut. Und mit Maximilians Vater gibt es glücklicherweise ein familiäres „Backup“, der einspringt, wenn kurzfristig Not am Mann ist. Prinzipiell stellt sich die Mitarbeitersuche in Sankt Johann wesentlich einfacher dar als in Bad Gastein. „Wir beschäftigen 34 Mitarbeiter, von denen fast alle aus der Region stammen. Als Ganzjahresbetrieb sind wir ein attraktiver Arbeitgeber, das Haus ist komplett saniert, und das Betriebsklima passt. Unsere Rolle ist es, dafür zur sorgen, dass es so bleibt“, sagt Maximilian Blumschein.

Und auch in puncto Vertrieb hat sich einiges geändert. In Bad Gastein hing der wirtschaftliche Erfolg davon ab, dass man in einigen wenigen Wochen für eine wirklich gute Auslastung sorgt. In Sankt Johann gibt es zwar auch touristische Spitzenzeiten. Aber dank der wirtschaftlichen Kraft des Ortes, werden ganzjährig Übernachtungsmöglichkeiten gebraucht. Außerdem tragen Firmenvereinbarungen – natürlich auch mit Egger – zu einer guten Auslastung zu allen Jahreszeiten bei.

Der Betrieb funktioniert also, an diversen Schrauben muss freilich noch gedreht werden. So ist im Tagungsgeschäft noch Luft nach oben. Die Infrastruktur ist in der neuen Post ja gegeben, nur muss das Angebot noch besser vermarktet werden.

Das Powerpaar Sigrid und Maximilian Blumschein

„Was uns besonders freut, ist, mit einen jungen Team etwas aufzubauen. Es tut einfach gut, mit Elan und Schwung etwas entwickeln zu können. Außerdem wurden wir von den Einheimischen wirklich herzlich angenommen, was uns besonders freut. Wir sind ja nicht nur zum Arbeiten hergekommen, sondern wollen hier auch unsere Kinder großziehen“, meint Sigrid Blumschein.

Das Hotel Post ist ein in historisch gewachsenes Haus mit wunderbar verspielter Fassade.

Die Holzvertäfelungen versprühen edlen Charme ohne düster zu wirken.

Die neuen Zimmer versprĂĽhen moderne Eleganz.

HOTEL & WIRTSHAUS POST

SpeckbacherstraĂźe 1

6380 St. Johann in Tirol

Tel.: 05352/63 64 30