20ERJUBEL

ZURÜCK IN DER HEIMAT

Weder Gasthaus noch Wirtshaus oder gar „Bräu“ lautet die Bezeichnung des neuen Lokals im Innviertler Munderfing. Christoph Forthuber und seine Doris haben bewusst die Bezeichnung „Restaurant“ gewählt, um den Gästen zu signalisieren, dass es ihnen um eine ausgezeichnete Küche geht.

Wolfgang Schedelberger // Fotos: Rainer Fehringer

Das Wirtesterben im ländlichen Raum betrifft auch das Innviertel.

Foto: Rainer Fehringer

Ehrliche Wirtshäuser mit bodenständiger Küche findet man heute kaum mehr. Umso mutiger war die Entscheidung von Christoph Forthuber und Doris Pfleger, ihre gut bezahlten Jobs in Wien aufzugeben und ihr Erspartes in ein Lokal im abgelegenen Munderfing zu investieren. Im April 2017 war es so weit, und sie eröffneten mit zwei Mitarbeitern ihr schmuckes Restaurant im ehemaligen „Bräu“. Trotz überschaubaren Budgets ist es den beiden gelungen, ein urgemütliches Lokal mit zwei sehr unterschiedlich gestalteten Gasträumen zu schaffen, die sowohl mittags als auch abends gut besucht sind. 

Am Sonntag – normalerweise der wichtigste Tag für bodenständige Wirtshäuser – bleibt das Restaurant Forthuber hingegen geschlossen. Da wollen sowohl die Mitarbeiter als auch die Chefs in Ruhe ausschlafen. Der zweite Ruhetag ist dann der Montag, an dem es gilt, diverse Wege zu erledigen und die Karte für die kommende Woche vorzubereiten.

Eine regionale Küche mit Pepp

Wir kommen also am Dienstag zu Mittag und betreten einen gut gefüllten Speisesaal. In der Umgebung gibt es offensichtlich doch eine Menge Leute, die ein gepflegtes Mittagsmenü zu schätzen wissen. Eine Grießsuppe mit Ei klingt jetzt nicht nach gehobener Restaurantküche, doch sie schmeckt ganz hervorragend. „Das ist ein Rezept von meiner Oma. Eigentlich sehr einfach, für den Geschmack braucht es nicht mehr als Zwiebel, Salz und Muskatnuss“, erklärt Christoph Forthuber. Nicht minder köstlich ist die „Maggikraut-Suppe“. Der Unterschied zu einer „Maggi-Krautsuppe“ ist offensichtlich. Es handelt sich nicht um eine Krautsuppe, die mit billiger Industriewürze aromatisiert wird, sondern um eine Suppe mit frischem Maggi-Kraut, von dem Forsthuber zu Hause immer ein paar Stöcke stehen hat. 

Zu Mittag soll es relativ schnell gehen. Die empfohlenen Vorspeisen kosten 2,90 €, die Hauptspeisen zwischen 8,90 € und 10,60 € und das Dessert 5,40 €. Das ist in Anbetracht der gebotenen Qualität sehr günstig, aber doch deutlich teurer als so manche Kampfpreise, mit denen anderswo um den eiligen Mittagsgast gebuhlt wird. „Zu Mittag kochen wir zwar weniger aufwendig, aber trotzdem immer frisch und mit hochwertigen Produkten aus der Region. Wir kalkulieren wirklich fair, aber unter dem Strich muss einfach etwas übrig bleiben, sonst funktioniert das auf Dauer nicht“, meint Forthuber.

Jugend forscht am Herd

Seine Leidenschaft zum Kochen hat Forthuber bereits in jungen Jahren entdeckt. Wenn Mama, Tante und Oma in der Küche etwas für die ganze Familie gekocht haben, war der kleine Christoph immer mit dabei und hat auch gerne mitgeholfen. Als er mit zehn Jahren eine Kochsendung über die Zubereitung einer Gans gesehen hat, war er fasziniert und wollte das sogleich nachkochen. Gesagt – getan! Die Mutter hat eine Gans gekauft, und Christoph hat dann daraus ein Essen für die ganze Familie zubereitet. „Ich habe ein bisschen Hilfe gebraucht, aber es hat ganz gut geschmeckt“, erinnert sich Forthuber. Neugierig wie Kinder nun einmal sind, hat Jung-Christoph damals auch Convenience-Produkte probiert. Schließlich sind die Fotos auf den Verpackungen ja durchaus verführerisch. Nur geschmeckt hat es ihm halt nicht. Seither weiß er: Kochen macht Sinn!

Bereits mit 13 Jahren hat Christoph beim Onkel im Gasthaus regelmäßig mitgearbeitet, und auch das hat ihm getaugt. So hatte er noch vor dem Pflichtschulabschluss gewusst, was er beruflich einmal tun wolle.Nach der Lehre hat er in einigen der besten Restaurants des Landes wie Weyringer am Wallersee oder dem Esszimmer in Salzburg gearbeitet. Er war aber auch bei Hans Haas im Münchner Tantris und bei Andreas Caminada in Schloss Schauenstein. Danach schaltete er einen Gang zurück – zumindest was den Glamourfaktor des Arbeitgebers betrifft – und arbeitete für zwei Jahre in einem Linzer Reha-Zentrum, wo sich Forthuber mit den diätischen Aspekten der Ernährung auseinandersetzte. „Auch das war eine wichtige Station, weil dieser Aspekt des Kochens sowohl in der Ausbildung als auch in der gehobenen Haubenküche viel zu wenig berücksichtigt wird“, erklärt Forthuber.

Wein und Liebe im Burgenland

Schlussendlich wollte er dann doch wieder für Gäste kochen, die wegen des guten Essens ein Lokal besuchen. Also heuerte im burgenländischen Schützen bei Alain Weissgerber an, wo er drei Jahre lang blieb. Damals war er schon mit seiner Doris zusammen, die bei der Österreichischen Weinmarketing Gesellschaft in Wien arbeitete. Kennengelernt haben sich die beiden übrigens vor sechs Jahren ganz stilgerecht auf einem burgenländischen Weinfass. Schon damals reifte der Gedanke, einmal ein eigenes Lokal zu eröffnen, und auch das Konzept stand schon weitgehend.

Ich liebe das Kochen mit erstklassigen Produkten. Ich brauche zwar keine Pinzette, um detailverliebte Teller zu schicken, aber ich will schon, dass Gäste nicht nur deshalb kommen, weil sie satt werden wollen. Außerdem wollte ich irgendwann zurück in die Heimat“, erinnert sich Forthuber. Als er vom Bräu in Munderfing erfuhr und mit dem Eigentümer handelseins wurde, wechselte er für ein knappes Jahr ins Mochi nach Wien, wo es der Dienstplan erlaubte, zumindest zwei Tage die Woche ins Innviertel zu fahren, um den Umbau zu koordinieren. Die Bausubstanz im Bräu war zwar in Ordnung, doch die optische Gestaltung der zwei Gasträume ließ zu wünschen übrig, und auch die Küche musste auf Vordermann gebracht werden. Schließlich war das ehemalige Wirtshaus sechs Jahre lang geschlossen.

Der vordere Gastraum wurde „von der Hüfte aufwärts“ neu gestaltet, beim hinteren wurden auch Tische und Sessel getauscht. Und dank einer Vereinbarung mit dem Verpächter ging sich auch eine professionelle Küche aus, in der nicht nur gebraten, gebacken und gekocht werden kann, sondern auch das Eis hausgemacht wird. „Das war mir schon sehr wichtig, denn wenn wir sagen, dass wir konsequent ohne Convenience kochen, will ich auch beim Eis keine Kompromisse machen“, so Forthuber.

Bier und Wein

Damit der kulinarische Genuss vollkommen wird, ist natürlich auch eine hohe Weinkultur gefragt. Darum kümmert sich Doris Pfleger, die ihre Weinkarte liebevoll mit „Freinderlwirtschaft“ betitelt hat. Freie Tage werden genutzt, um heimische Winzer zu besuchen, die sich dann auch regelmäßig mit Gastauftritten in Munderfing revanchieren. 

Aber auch die Bierkultur wird hochgehalten – nicht nur weil der Name Bräu noch immer über der Tür prangt. „Im Inn- und Mühlviertel haben wir einige der besten Brauereien des Landes. Das Salzburger Augustiner gibt es genauso vom Fass wie das Schnaitl Pils deluxe und ein Franziskaner Weißbier aus München. Dazu kommen noch wechselnde Spezialbiere. Bis auf die Schartner Bombe – eine oberösterreichische Traditionsmarke – werden alle Limonaden hausgemacht.

Der Name ist Programm

Am Abend wird dann noch etwas aufwendiger gekocht als zu Mittag. Die meisten Gäste wählen das fünfgängige Menü und schätzen es, in einem angenehmen Rahmen zu fairen Preisen eine ausgezeichnete Haubenküche mit tollen Weinen genießen zu können. Nach Salzburg sind es mit dem Auto rund 35 Minuten, die Grenzstadt Braunau ist gar nur 25 Minuten entfernt. „Für ein einfaches Gasthaus würde niemand so weit fahren, für ein gutes Restaurant nehmen Gäste jedoch gerne eine längere Anfahrt in Kauf“, erklärt Forthuber.

So sehr er persönlich auch gerne einmal in ein bodenständiges Wirtshaus geht, so wichtig war es ihm, den Gästen gegenüber klar zu machen, dass man ein Restaurant und kein Wirtshaus ist. Das fängt damit an, dass zumindest am Abend fast alle Gäste reservieren, was die Planung natürlich deutlich erleichtert. Gerade am Anfang stieß es auf Unverständnis, wenn man unangemeldete Gäste wegschicken musste, obwohl noch einige Tische frei waren. Doch anfangs war man nur zu viert – da stoßen Küche und Service an ihre natürlichen Grenzen, auch wenn nicht jeder Tisch besetzt ist. Der Gästezuspruch stieg beständig. 

Vor ein paar Wochen ist das Team auf sieben Mitarbeiter angewachsen, was die Sache deutlich erleichtert. Schließlich gilt es auch, regelmäßige Caterings zu bestreiten, und sollten Christoph und Doris im kommenden Jahr Nachwuchs bekommen, könnte der Restaurant-Betrieb problemlos fortgesetzt werden.

Doris und Christoph Forthuber

Immer auf der Karte ist das Wiener Schnitzel, wahlweise vom Kalb oder Schwein. Etwas Gebackenes muss es am Land einfach geben, und die Alternative steirisches Backhendl (Doris Pfleger kommt aus der Steiermark) hätte wohl nicht funktioniert, zumindest dann nicht, wenn es Forthuber so zubereitet, wie er sich das vorstellt. „Ein trockenes Industriehuhn kommt mir nicht in die Küche, doch sobald man eine alte Rasse mit dunklem Fleisch verwendet und das Huhn dann vielleicht noch à point saftig zubereitet, häufen sich die Beschwerden der Gäste.“

Mittagszeit ist Stoßzeit

Der rustikale Eingang zum Restaurant