IM FOKUS

NEUERFINDUNG DER ZEIT

Was wiegt schwerer: die Kilo-Joule oder die Endorphine? Im Wirtshaus Kogel3 ist die Frage nur rhetorisch: Süßes macht froh. Gute Süßigkeiten machen sogar glücklich. Und dieses Wirtshaus in einzigartiger Qualität gar euphorisch.

Text: Michael Pech // Fotos: Rainer Fehringer

Eveline Wild und Stefan Eder – losgelöst mit Bodenhaftung

Alles beginnt mit dem Urknall. Konzentriert steht Stefan Eder in der Küche seines Hotels. Vor ihm kreist auf einer Drehscheibe der Teller. Eder drückt die Tube mit der Roten-Rüben- Kren-Creme in der Mitte des sich drehenden Tellers an und zieht sie mit einer gleichmäßigen Handbewegung nach außen. So entsteht ein spiralförmiges Kunstwerk. „Ein kulinarisches Mikrouniversum“, lacht der Koch. Das Gericht hat er „Urknall“ getauft. Es ist der erste Gang im neuen Fine-Dining- Restaurant, das Stefan Eder und seine Frau Eveline Wild im Oktober vergangenen Jahres in ihrem Hotel eröffnet haben. Das Mikrouniversum wird vervollständigt mit Planeten in unterschiedlichen Geschmäckern, einem Saturnring aus einem Hanf-Chip, einer Waffel aus Stollenkäse und etwas Sternenstaub. Die Gäste staunen. „Natürlich ist es das eine verspielte Inszenierung, wir wollen den Gästen aber ganz bewusst dieses Entertainment bieten“, erklärt der Drei-Hauben-Koch.

So süß, wie die Zeit vergeht.

Neue Positionierung einfach notwendig

Auch das Hotel selbst, wunderschön gelegen im idyllischen steirischen Almenland, brauchte eine Art von Urknall, um wieder auf eine stabile Umlaufbahn zu kommen. Den haben Stefan Eder und seine Eveline gezündet. Er, der weit gereiste Koch, sie, die aus Tirol stammende Konditoren-Weltmeisterin, bekannt auch durch zahlreiche TV-Auftritte. 2013 übernahm Stefan Eder den Betrieb seiner Eltern – ein Haus, dessen Geschichte zurück bis in das Jahr 1397 reicht, als hier noch eine Hofschmiede stand.

„Die ersten Jahre nachdem wir übernommen hatten, waren wirtschaftlich eine Katastrophe“, erinnern sich die beiden. „Wir saßen in vielen Bilanzbesprechungen. Jedes Mal gab es ein Minus vor dem Ergebnis. Der Hebel zu schwarzen Zahlen war schließlich der Umbau der Zimmer. Damit konnten wir die Preise heben und Gäste langfristig an das Haus binden. Die Steuerberater haben uns damals von der Investition übrigens abgeraten: Das wäre viel zu riskant. Letztendlich war es aber unsere Rettung.“ Oder eben der Urknall. Denn seitdem ist im Vier-Sterne-Hotel kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Fast im Jahres-Rhythmus wird etwas verändert oder erweitert. Sei es im Finetuning, als man nach dem ersten Lockdown versuchte, das Frühstück zu servieren, anstatt ein Buffet aufzubauen (nach einem halben Jahr gab man dem Verlangen der Gäste nach einem Buffet wieder nach) oder in der Hardware, wo zuletzt für 800.000 Euro der neue Restaurantbereich für die Hausgäste entstand sowie die Fine-Dining-Abteilung, der sogenannte „Zeitraum“.

»Wir ticken ein bisschen anders und wollen das auch zeigen.«

– Stefan Eder –

Zeitreise mit Schildkröte

Wer dorthin will, der kommt zuerst an der alten Stube mit dem Kachelofen vorbei, wo heute noch die Grundmauern aus dem 14. Jahrhundert zu sehen sind. Eine Zeitreise der Architektur. Am Eingang wacht dann eine Schildkröte als Symbol der Langsamkeit. Dann eröffnet sich der Zeitraum. Das Konzept ist innovativ und einzigartig. Das große Menü (acht Gänge, Brotgang und Pralinen) kostet nämlich nichts. Zu bezahlen ist „nur“ die Zeit, die man im Raum verbringt. Für alle Gäste an der Handvoll an Tischen gilt dieselbe Beginnzeit. Gewartet wird auf niemanden. Wer später kommt, steigt bei dem Gericht ein, das gerade an der Reihe ist. Wer das Menü in kleinerer Variante will, lässt einfach einen Gang aus und wartet auf den nächsten. „Es ist einfach eine andere Sichtweise auf den Wert unserer Arbeit, wenn wir sagen, dass die Zeit etwas kostet und nicht das Essen. Die Menschen kommen so ins Nachdenken. Und genau das wollen wir ja bewirken“, erklärt Eder.

Interview mit der Konditoren-Weltmeisterin Eveline Wild über ihr Handwerk, die Trends der Zeit und mehr im Heft #90.

Einzigartig

Das Chalet „Sterzhütte“ als einzigartiger Rückzugsort mit allen Annehmlichkeiten des Hotels.

Jede Suite und jedes Zimmer sind mit einem völlig einzigartigen Charakter liebevoll gestaltet.

Wo gehobelt wird, fallen Trüffel.

Adresse:

8171 St. Kathrein am Offenegg
+43 (0) 3179 8235- 0
info@der-wilde-eder.at

www.der-wilde-eder.at