ZWEI SCHWESTERN & EIN EHRWÜRDIGES HAUS

Der Unterwirt in Ebbs ist ein Fels in der kulinarischen Brandung Tirols. Geführt wird er von Sabrina Steindl, der Unterwirtin und ihrer Schwester Katrin. Leidenschaftliche Gastgeberinnen und – sorry für das Wortspiel – auch ordentliche Gasgeberinnen. Der Unterwirt ist jüngstes Mitglied im Köcheverband JRE, das Publikum wurde jünger und die Küche kocht immer besser, was sich mit Sicherheit auch in den verschiedenen Bewertungen heimischer Restaurantführer niederschlagen wird.

Text: Jürgen Schmücking

Zwei seiner Töchter setzen fort, was er und seine Frau aufgebaut haben. Edmund Steindl, der Unterwirt, hat 1991 die erste Haube erkocht.
Foto: Johannes Kernmayer.

«Ich liebe es, Gastgeberin zu sein. Ich kann mir gar nichst anderes mehr vorstellen.»

-KATRIN STEINDL-

Kurz zum Wesentlichen. Der Unterwirt ist ein altes Einkehrgasthaus im Ortskern von Ebbs. Das Gebäude und seine festen Mauern wirken, als hätten sie schon mehr erlebt als alle Einwohner des Ortes zusammen. Seine Wurzeln reichen bis ins Jahr 1490. Ein robustes, herrschaftliches Haus. Das gilt auch – und vor allem – für die rustikale und elegante Stube, die dann doch auch wieder das eine oder andere moderne Detail offenbart. Sabrina Steindl, die Wirtin, nennt es gerne “ein opulentes Haus”. Das trifft es richtig gut. Das Juwel des Unterwirts ist allerdings außerhalb seiner Mauern. Genauer gesagt hinterm Hof. Der Garten. Viel Grün, viel Schatten, viel Kunst, viel Liebe zum Detail. Die Tische scheinbar wahllos im Garten verteilt. Sitzt man aber an einem der Tische, spürt man sofort, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde. Auch der Standort der Tische nicht. Distanz, Schatten, Blickführung. Im Unterwirt-Garten zu essen ist ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.  

Auch, was auf den Teller kommt, kann sich sehen lassen. Zum einen sind da die großen Klassiker der österreichischen Wirtshausküche. Leistungsgruppe Tirol natürlich. An dieser Stelle ist es Zeit, den Küchenchef auf die Bühne zu holen. Christian Ranacher liefert hier samt seinem jungem Team eine unwahrscheinlich eindrucksvolle Performance. Ideenreich, grundsolides Handwerk und dabei ästhetisch höchst anspruchsvoll. Die Graukassuppe, seit je her eine Empfehlung ohne Wenn und Aber im Unterwirt – hier wird die eigentlich deftig-rustikale Suppe zur fast feingliedrigen Delikatesse. Der gebratene Zander kommt mit Quitte und weißen Bohnen. Portweineis wird mit  Maracuja kombiniert. In Summe ist es eine entspannte, unaufgeregte und dadurch hochsympathische Küche. Immer wieder blitzen moderne Küchentechniken und -methoden auf, der Kern bleibt aber alpin. Tirolerisch bis in die Knochen.

«In den letzten Jahren ist unser Publikum viel Jünger geworden. Es mag, was wir tun.»

-SABRINA STEINDL-

Der Herr Franz arbeitet seit 40 Jahren Unterwirt.

«Ich kenne die Gäste. Manchen gefallen die geflickten Gläser, anderen nicht. Ich kann das gut einschätzen.»

-HERR FRANZ-

Stilbruch bei Stielbruch?

Man muss schon ein wenig genauer hinschauen, auf Details achten. Es sind Kleinigkeiten, aber es sind Dinge, die ganz klar darauf hinweisen, dass im Unterwirt auf Nachhaltigkeit achtet. Ohne viel darüber zu reden. 

Da ist zum Beispiel die Sache mit den Gläsern. Die Glaskultur hat im Unterwirt schon seit je her einen besonderen Stellenwert. Kunststück. Einer der Vororte von Ebbs ist Kufstein und das wiederum das Herz der österreichischen Glashandwerks. Aber ganz unabhängig von der Marke: stylische Weingläser sind elegant, schlank und zerbrechlich. Vor allem der Stiel. Hin und wieder bei Tisch, viel öfter bei der Glaspflege. Knack. Vorbei. Damit wollten sie die Steindl-Schwestern nicht abfinden. Und weil Katrin eine solide künstlerische und kunsthandwerkliche Ader hat weiss sie, dass Glas auch nur ein Werkstoff ist. Also heraus mit dem Bunsenbrenner, die Stiele erhitzt, bis das Glas schmilzt, zusammendrücken, abkühlen lassen. Fertig. Des Riedels oder Zaltos zweites Leben. Es sieht natürlich nicht mehr aus wie zuvor. Vielmehr sind die reparierten Gläser Unikate. Vom Glasleben gezeichnete Einzelstücke mit Geschichte und Charakter. So geht Nachhaltigkeit. 

Wären die geflickten Gläser das Einzige, das die Unterwirtinnen in Sachen  Nachhaltigkeit tun, könnte man das leicht als Spleen abtun. Das ist es aber nicht. Auf der Karte finden sich immer öfter Produkte und Lebensmittel aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft und auch beim Gedeck bzw. Besteck werden neue Wege beschritten. Die Gäste werden einfach gebeten, das Besteck den ganzen Abend zu behalten. Kein Besteckreigen rechts, links und oberhalb der Teller. Das ist für viele neu. Für manche ungewohnt, für die meisten aber absolut schlüssig.

Das bringt uns zu dem Mann, mit dem wir unseren Bericht abschließen möchten. Dem Herrn Franz. Denn genauso, wie es kaum möglich ist, etwa über das Landhaus Bacher zu schreiben, ohne dabei die “Frau Johanna” zu würdigen, genauso kann man nicht über den Unterwirt schreiben, ohne Herrn Franz vor den Vorhang zu holen. Das machen wir hiermit. Herr Franz ist Steirer, den es nach seiner Lehrzeit nach Tirol verschlug. Jetzt arbeitet er seit fast 40 Jahren im Unterwirt und kennt das Haus und seine Gäste wie seine Westentasche. Der Herr Franz ist ein Grandseigneur, ein Kellner der alten Schule und eine Perle seiner Profession. Jedenfalls beschreiben ihn seine beiden Chefinnen so. Und er hat auch die Fähigkeit sich mit so manchen Neuerungen zu arrangieren. Er weiss zum Beispiel genau, welchen seiner Gäste man die geflickten Gläser geben kann und welchen nicht. Und wer doch komplette Palette an Besteck bekommt und wem ‘das eine’ Besteck reicht. Der Herr Franz findet immer eine Lösung. 

Um es auf den Punkt zu bringen, der Unterwirt ist zwar immer noch der Fels in der Brandung, der er immer war. Er ist aber auch gehörig in Bewegung. Sabrina und Katrin Steindl legen ein ordentliches Tempo vor, und die Entwicklung ist in höchstem Maße begrüßenswert.

Foto: Jörg Lehmann.

Foto: Dietmar Tollerian.

Zwei seiner Töchter setzen fort, was er und seine Frau aufgebaut haben. Edmund Steindl, der Unterwirt, hat 1991 die erste Haube erkocht.

Andreas Waldner vom Marxenhof in Niederndorf ist Bio-Bauer und liefert Topgemüse an den Unterwirt. Foto: Jörg Lehmann.

Foto: Jörg Lehmann.

was & wo

Der Unterwirt - Das kleine Gourmethotel

Wildbichler Straße 38, 6341 Ebbs

www.unterwirt.at