PORTRÄT // INTERVIEW
SPRITZIG DURCH DEN NACHMITTAG
Samy Walfisch eröffnet gleich zwei Open-Air-Locations am CopaBeach an der Neuen Donau und eine Speakeasy-Bar.
Text:Â Wolfgang Schedelberger // Fotos: Adrian Almasa
Foto: Adrian Almasa
Neben der Moby Dick Dependance, die es bereits zum dritten Mal gibt, sperrst du erstmals auch das „Negroni Please“ auf. Wie kam es dazu?
Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen liegt das Negroni Please auf der anderen Seite der Sandkiste genau gegenüber vom Moby Dick Beach. Sprich, es gibt viele Synergien, was Anlieferung, Lager und Arbeitsabläufe betrifft. Dann hat es uns gereizt, gemeinsam mit Bacardi-Martini das Italien-Thema in einer sommerlichen Variante umzusetzen. Das ist ein Thema, das mich schon lange beschäftigt, aber in unserem klassischen Moby-Dick-Konzept ist dafür nicht wirklich Platz. Und dann haben wir heuer auch mehr Kapazität beim Personal, weil wir das Moby Dick im siebenten Bezirk den Sommer über zusperren. Dort finden massive Grabungsarbeiten für die neue U-Bahnlinie statt, was einen Gartenbetrieb unmöglich macht. Ohne Gastgarten macht es für uns im Sommer einfach keinen Sinn.
Du sprichst von größeren Personalkapazitäten, während die gesamte Branche über Personalmangel klagt. Außerdem hat der CopaBeach sieben Tage die Woche geöffnet. Wie löst du diese Herausforderung?
Indem man auf ein paar Regentage hofft. Die Personalplanung ist bei Outdoor-Locations tatsächlich eine riesige Herausforderung und erfordert auch von den Mitarbeitern einiges an Flexibilität. Regnet es zu oft, klagen sie, dass sie zu wenig verdienen. Gibt es so wie im vergangenen Sommer viele Wochen nur Sonnenschein, geht dem einen oder anderen irgendwann die Luft aus. Nachdem wir im Moby Dick auch junge Leute ausbilden, habe ich einen relativ großen Pool von Menschen, die gerne einspringen, um sich nebenher etwas dazuzuverdienen. Dennoch bleibt die Personalplanung eine große Herausforderung. Dadurch, dass das Moby Dick geschlossen bleibt, können wir hier mit unserem Stammteam arbeiten, was eine verlässliche Servicequalität garantiert. Am CopaBeach ist um zehn Uhr abends Schluss, was auch zur Lebensqualität beiträgt. Nicht jeder Barkeeper will im Sommer die ganze Nacht lang arbeiten.
Am CopaBeach geht es bereits zu Mittag los. Adaptiert ihr das Angebot an die Tageszeit beziehungsweise die Temperaturen?
Nur bedingt. Wenn ein Gast schon zu Mittag einen Negroni will, bekommt er ihn natürlich – vor allem wenn er „please” sagt. Trotzdem sind tagsüber leichtere Drinks wie Spritzgetränke gefragt. Leicht bedeutet ja nicht langweilig oder gar geschmacksarm. Wir arbeiten da mit frischen Früchten und erprobten Rezepturen. Der Renner dieses Sommers ist unser Maracuja Spritz. Der Mojito feiert ein Revival und auch die Mules sind immer noch stark gefragt. Außerdem haben wir hier auch ein relativ großes Angebot an alkoholfreien Cocktails, die vor allem an sehr heißen Tagen extrem beliebt sind. Wir servieren alle Drinks in Gläsern und achten auch sonst darauf, so wenig Müll wie nur irgendwie möglich zu produzieren. Das gilt natürlich auch für die Speisen, die wir anbieten. Beim Negroni Beach gibt es die süditalienische Pizza-Variante „Pinsa“, im Moby Dick Beach fahren wir ein buntes Programm von Fish & Chips in einer japanischen Interpretation über köstliche Pommes-Frites-Variationen bis zu einem großartigen Chili sin Carne, damit auch alle vegetarischen Gäste bei uns glücklich werden.
Besteht da nicht die Gefahr, dass das Team an sonnigen Wochenenden regelmäßig ins Schwimmen kommt?
Das Um und Auf bei solchen Locations ist eine perfekte Organisation und Planung der Abläufe. Ja, es bedeutet mehr Arbeit, mit richtigen Gläsern zu arbeiten, aber wir haben in jedem Container einen professionellen Meiko-Osmose-Spüler stehen, bei dem wir die Gläser nicht mehr extra polieren müssen, bevor wir sie wiederverwenden. Die Sauerteig-Pinsa bekommen wir schon vorbereitet von einem Spezialisten aus Italien. Wir müssen sie nur noch belegen und fertig backen. Jeder Drink wird separat gemixt, weil das einfach zu unserem Qualitätsverständnis dazugehört. Wir arbeiten hier ja unter dem Namen Moby Dick. Es geht also nicht darum, schnelles Geld zu verdienen, sondern auch darum zu zeigen, wofür unsere Marke Moby Dick steht. Gleichzeitig ist hier Self-Service, sprich, die Gäste müssen sich die Drinks an den Bars selbst holen. Im ersten Jahr mussten wir noch einiges an Lehrgeld zahlen, aber man lernt schnell, worauf es bei einer Outdoor-Location wirklich ankommt.
Wie schaut das in der Umsetzung, abgesehen von der Vermeidung von Einweggeschirr, tatsächlich aus?
Da gibt es nicht die eine magische Formel, sondern eine Geisteshaltung, aus der eine Vielzahl von kleinen Maßnahmen folgt, die unterm Strich viel bewirken. Schon zu Zeiten, als ich noch das Botanical Garden betrieben habe, hat mich die Unmenge an Altglas gestört, die täglich angefallen ist, weil wir
Tonic und Ginger Ale von Thomas Henry nur in der 0,2-Liter-Flasche bekommen haben. Ich wollte das lieber im Fass kaufen, aber das ging aus logistischen
Gründen nicht. Also haben wir damit begonnen, Ginger Beer und Tonic Water selbst zu produzieren. Vom eigenen Tonic Water sind wir schlussendlich wieder abgekommen, weil bei uns der Anteil an Gin-Tonic-Trinkern immer mehr zurückgegangen ist und es ökologisch und ökonomisch keinen Sinn mehr gemacht hat. Das hausgemachte Ginger Beer läuft hingegen immer noch über die Schankanlage, auch hier am CopaBeach. Wenn man sich bei jedem Ding, bevor man es wegschmeißt, überlegt, ob das nicht auch anders geht, kommt man auf neue Ideen, wie etwa bei unserem Opium Espresso.
Opium Espresso klingt spannend. Ist das überhaupt legal?
Klar, der Name ist kokett, aber natürlich verwenden wir keinen Schlafmohn, sondern köstlichen Graumohn, aus dem wir eine Essenz herstellen, mit der wir dann unseren Espresso-Martini Twist aromatisieren. Nachdem wir den Mohn ausgekocht haben, bleibt ein Trester zurück. Viele würden den einfach in den Biomüll werfen, wir haben ein Rezept entwickelt, um daraus köstliche Cracker zu backen, die wir zum Drink servieren. Wie gesagt, es sind viele kleine Dinge, auf die wir achten.
Was hat es mit dem Fitzcarraldo auf sich?
Das ist eine großartige neue Bar, bei der ich und mein Bruder Fabian beteiligt sind. Es ist eine kleine, feine Nachbarschaftsbar, die sich hinter einem Getränke-Automaten versteckt. Mehr will ich hier gar nicht verraten, weil das Fitzcarraldo ein Ort ist, den jeder für sich selbst entdecken soll. Wir wollen keine große Geheimniskrämerei daraus machen, aber wir werden sie auch nicht mit einem großen Presse-Event eröffnen. Am CopaBeach müssen wir um zehn Uhr Abends zusperren. Das ist eigentlich der beste Zeitpunkt, um dann noch auf einen Drink ins Fitzcarraldo zu schauen.
Sammy Walfisch und Christian Pless, der im „Negroni Please“ für die Qualität der Cocktails verantwortlich ist.
wer&wo
MOBY DICK
Cocktailbar & Eatery
Neustiftgasse 26
1070 Wien
… hat Sommerpause und ist am