PORTRAIT

DIE RENAISSANCE DER HOLZKLASSE

Zell am Ziller ist eine kleine Gemeinde im Tiroler Zillertal. Im Juni 2020 eröffnete dort ein Hotel mit zukunftsweisender Architektur und Philosophie. Das neue Juwel der Gruppe ZillerSeasons heisst ‘MalisGarten’.

Text: Jürgen Schmücking

«Entstanden ist das Ganze aus der Geschichte unserer Familien heraus aber auch aus unserer Vision der Zukunft.»
–  CHRISTINA BINDER-EGGER –

Ein Refugium zum Abschalten und Seele baumeln aus nichts anderem als heimischem Holz. Und ein Ort, der zeigt, worauf es im Tourismus künftig ankommt. Den Weg zurück zur Natur zu finden. 

Beginnen wir mit einem Fakt. Das Green Spa Hotel MalisGarten ist das erste nachhaltig gebaute und geführte *****s Hotel. Das ist nicht nur ein Fakt, das ist auch ein Statement, denn dieser Anspruch der Nachhaltigkeit ist im MalisGarten umfassend und reicht von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bis zur Unternehmerfamilie, von der Küche zur Bar, von den Zimmern zum SPA. Sprich, vom großen Ganzen bis zum kleinsten Detail. 

Wurzeln

“Entstanden ist das Ganze einerseits aus der Geschichte unserer Familien heraus, aber auch aus unserer Vision von der Zukunft”, sagt Christina Binder-Egger, die Frau, die im MalisGarten alles verantwortet.  Während Christinas Ehemann, Reinhard Binder, aus der Holzindustrie kommt (ein Umstand, der beim Projekt ‘MalisGarten’ noch von Bedeutung sein wird), führten ihre Eltern den Gasthof Post in Zell am Ziller. Als es soweit war, dass der Betrieb von Christina übernommen werden sollte, war der Gasthof zwar in gutem Zustand, allerdings wurde er auf die damals übliche Art bewirtschaftet, und die fand die junge Generation wenig zukunftstauglich. Der Vater in der Küche, die Mutter im Service. Lange Arbeitstage und kaum mittel- oder langfristige Perspektiven für eine Veränderung. Das war 2009, und Christina wollte den Betrieb übernehmen. Das stand außer Frage. Zuviel haben zwei Generationen geleistet und investiert, um den Betrieb aufzubauen. Das zu verkaufen war keine Option. Es musste nur anders laufen. Es lief auch anders. Zuerst wurde der Gasthof Post zum stylishen Small Luxury Boutique-Hotel. Etwa zehn Jahre später konnte die Familie das gegenüberliegende Grundstück eines befreundeten Nachbarn kaufen. Eigentlich waren es zwei Nachbarn. Zwei Brüder, die das Grundstück von ihrer Mutter geerbt haben. Der Name der Frau war Amalia (kurz ‘Mali’) Huber. “Deswegen heisst unser Hotel hier auch MalisGarten. Mali hat hier gewohnt, hat gut gekocht und hatte auch einen schönen Garten. Wir wollten einfach, dass man sie in Erinnerung behält.”, erzählt Christine Binder-Egger. Einen gewissen Anteil hat auch Heleni, die jüngere der beiden Töchter von Christina Binder-Egger. Ihr Der Garten von Amalia Huber lag genau zwischen Helenis Elternhaus  und ihrer Volksschule. Irgendwie musste der Garten Heleni fasziniert haben. Immer wieder blieb sie am Schulweg unter den Marillen- oder Apfelbäumen hängen und wurde von der Mama dort – unterm Baum sitzend – abgeholt. Heleni wird uns weiter unten noch einmal begegnen. Auch nach ihr ist etwas Großartiges benannt. Aber dazu später mehr.  Die Huber Mali wäre jedenfalls unglaublich stolz auf das, was auf ihrem Grund entstanden ist. Nach dem Grundstückskauf hat die Familie überlegt, wie das Projekt genau aussehen soll. Denn dass es ein weiteres Hotel werden wird, war klar. Jetzt kommt Reinhard Binder und sein Hintergrund als Holz-Industrieller ins Spiel. binderholz ist ein Zillertaler Familienbetrieb mit Sitz in Fügen und 28 Standorten in Europa und den USA, der seit über 80 Jahren im Holzgeschäft tätig ist und dementsprechend zu den ‘big players’ der Tiroler Wirtschaft gehört. Jedoch spielt hier in unserer Geschichte die Größe des Unternehmens weniger Rolle als die Liebe zum Holz. 

Stamm

Ein Hotel komplett aus Holz, vom Scheitel bis zur Sohle. Also in Gebäudesprache vom Boden bis zum Dach. Außen wie innen. Sogar der Liftschacht ist aus Holz. Geplant hat diesen besonderen Ort der italienische Star-Architekt Matteo Thun. Der einundsiebzigjährige Südtiroler ist längst eine Ikone nachhaltiger Architektur. Und eng mit Reinhard Binder befreunet.  Thuns Projekte sind normalerweise viel größer und wuchtiger. Dieser Freundschaft ist das Projekt letztlich zu verdanken. Auch für Reinhard Binder ist MalisGarten ein wichtiges Projekt. Auch, wenn die Geschäftsführung des Hotels, bzw. der Hotels bei Christiane Binder-Egger liegt, der Holzmagnat hat mit dem Hotel einen einzigartigen Showroom, kann seinen Kunden zeigen, was mit Holz möglich ist. Am Ende des Tages ist es Projekt, von dem viele profiterien. Nicht zuletzt die Gäste. Immerhin ist MalisGarten das erste 5-Sterne superior in Holzbauweise. Ein Haus, in dem Nachhaltigkeit keine leere Phrase ist, sondern täglich gelebt wird. Und ein Ort der zeigt, dass auch ein Urlaubsziel ein Klimaziel sein kann. 

«Die Pâtisserie genießt im MalisGarten einen ganz besonderen Stellenwert.»
–  CHRISTINA BINDER-EGGER –

Zweige

Das HeLeni, das haubenverwöhnte Gourmetrestaurant der Familie, war davor im Posthotel untergebracht, ist jetzt  im MalisGarten zu finden. Was Genießerinnen und Genießer in der schönen, alten Zirbenstube – sie ist immerhin aus dem Jahr 1902 und hat damit schon über 120 Jahre am Buckel – erwartet, ist nichts weniger als ein kulinarischer Höhenflug. Kaviarblinis mit Kartoffelespuma und Schlutzkrapfen. Regionalität und Luxus auf einem Teller sozusagen. Die Bärlauchsuppe macht Lust auf den Frühling, ebenso  – definitiv ein Höhepunkt des Abends – das Gerloser Hirschcarpaccio mit Radieschenkaltschalte. Frühlingshaft und ausgezeichnet dann auch der Hauptgang mit einem fantastischen Lammkarree, begleitet von frischen Morcheln. Die Desserts sind handwerklich großartig, was natürlich daran liegt, dass die Pâtisserie im MalisGarten eine ganz besondere Rolle spielt. Ein eigener Bereich, in dem dem süßen Handwerk gefrönt werden kann und eine Vitrine, die in Bezug auf Torten, Törtchen und Desserts keine Wünsche offenlässt.  Wunderschöne Kreationen, sündhaft gut. Sehr erfreulich ist auch das Saisonale und Regionale der Küche, was absolut stimmig zur nachhaltig-ganzheitlichen Philosophie des gesamten Hotels ist. Sehen lassen kann sich auch die umfangreiche Weinkarte und der aufmerksame Service. Kulinarischer Genuss ist aber nicht auf den fine-dining-Tempel HeLeni beschränkt. Die Wilde Kräuterküche im MalisGarten ist täglich geöffnet und bietet solide Kulinarik, bei der der Garten und seine frischen Kräuter eine zentrale Rolle spielen. Falsch, sie spielen die Hauptrolle.  Hier wird Genuss viel breiter definiert und geht über reine Gaumenfreuden weit hinaus. Gesundheit wird wieder zum bedeutsamen Aspekt des Essens. Auf Geschmacksverstärker wird gänzlich verzichtet. Nein, wieder falsch. Als Geschmacksverstärker werden einfach frische Kräuter eingesetzt. Die Gerichte haben dadurch eine Langzeitwirkung in doppelter Hinsicht. Zum einen bleiben sie in Erinnerung, weil der Geschmack einfach ausgezeichnet ist. Zum anderen wirken sie wohltuend und förderlich für Stoffwechsel und Ausgeglichenheit. 

Das ist das Stichwort für die Zusammenfassung. “Ausgeglichenheit”. Gäste, die ihren Urlaub im MalisGarten buchen, suchen genau das. Stille, Gelassenheit, Individualität. Es sind keine Abenteuersuchenden, die von einem Adrenalinkick zum nächsten hechten. Vielmehr geht es um Zeit für sich. Oder fürs Ich. Und ja – dafür ist es nicht unwesentlich zu wissen, dass MalisGarten ein Platz für Erwachsene ist. Ein “Adults Only”-Hotel. Auch wenn es die kleine Heleni war, die gezeigt hat, dass der Garten ein perfekter Platz zum Träumen ist.

«Die Mali Huber wäre stolz.»
– CHRISTINA BINDER-EGGER –
Grün ist und bleibt die Farbe der Kräuter und der Natur. Auch am Teller.
Blick nach vorne. Oder zumindest in den Garten. Die Familie.

wer&wo

Malis Garten

Rohrerstraße 5
6280 Zell am Ziller, Tirol

www.malisgarten.at