EIN AUSFLUG IN DER STADT

Wien hat viele Gesichter. Ein besonders sympathisches Antlitz zeigt die Stadt gleich neben dem Filmteich im Kurpark Oberlaa. Die Familie Eitljörg betreibt hier mit der Panoramaschenke ein kleines Gastro-Universum, das mit inneren Werten überzeugt.

Text: Wolfgang Schedelberger. Fotos: Rainer Fehringer

Jetzt wird vom Tank gezapft: Hans und Franz lassen es sich schmecken.

Die Stadt ist doch größer als man auch als gebürtiger Wiener gemeinhin glaubt. So habe ich vom malerischen Filmteich im Kurpark Oberlaa ich bis jetzt noch nie gehört. Dabei wurde sogar eine eigene Straße nach ihm benannt. Fährt man diese bis zum Ende, landet man direkt bei der Panoramaschenke. Der ursprüngliche Ausblick bis Rax und Schneeberg, der 1974 zur Eröffnung der Wiener Internationalen Gartenschau wohl spektakulär gewesen sein muss, ist mittlerweile zugewachsen. Der Name ist jedoch geblieben. Seit 1986 trägt die Panoramaschenke stolz den Beinamen Eitljörg. 

Damals haben Alfred und Renate Eitljörg den Betrieb übernommen. Ein Jahr später folgte mit Hans der erste Sohn, 1991 mit Franz der zweite. Heute arbeiten alle vier gemeinsam in ihrem Familienbetrieb. Meine Frage nach der Rollenaufteilung stößt zunächst auf Erstaunen. „Wir sind eine Familie. Alle machen alles“, ist die erste Reaktion von Hans. Bruder Franz beginnt zu erläutern: „Wir haben sieben Tage in der Woche durchgehend geöffnet. Das Fleisch zerlegen und verarbeiten wir im Haus. Schließlich ist der Papa gelernter Fleischer. Außerdem gibt es noch die Bäckerei, in der wir Brot und Mehlspeisen selbst produzieren. In der Küche ist also immer etwas los. Und dann haben wir ja noch das Hotel.“ 

Nicht zu vergessen. Es gibt auch das Ristorante Don Alfredo, das am Schwanensee liegt. Der ist als Nachbargewässer des Filmteichs nur unwesentlich größer, auch wenn er stolz die Bezeichnung See trägt. Kurzum: Es gibt viele Verantwortungsbereiche, die es gemeinsam zu managen gilt. Weil alle am gleichen Strick ziehen und alle Interna bestens kennen, greift innerfamiliär ein Rad ins Andere. Nur wenn größere Investitionen anstehen, tagt der Familienrat formell. Hier gilt mittlerweile das Einstimmigkeitsprinzip, weil solche Entscheidungen in die Zukunft vor allem die nächste Generation betreffen. Die neue Bar mit Biertanks von Budweiser war so eine Entscheidung. 

Von Anfang an das Maß aller Dinge: Budweiser vom Fass.

Innere Werte statt schicker Oberflächlichkeit

Wenn heute ein Gastronomie-Betrieb aufsperrt, wird viel über Konzepte und Zielgruppen gesprochen. Auch die Architektur und das Interieur Design ist wichtig. Mit schicker Optik und trendigen Gerichten – Pizza, Burger, Pulled Pork, Poke Bowls – will man ein junges Publikum ansprechen. Ganz wichtig ist natürlich auch der Online-Auftritt und eine hyperaktive Social Media Präsenz. Manchmal funktionieren derartige Trendlokale eine Zeit lang, manchmal auch nicht. 

Betritt man die Panoramaschenke, umweht einen hingegen ein gewisser Retrocharme. Die Einrichtung ist durchaus gepflegt, stammt aber ganz offensichtlich aus einer anderen Zeit. Auch das Speiseangebot ist sehr traditionell gehalten. Gerade einmal vier vegetarische (aber nicht vegane) Gerichte findet man auf der Speisekarte. Dafür aber viel Gebackenes und Gegrilltes. Hausgemachten Würste, Schweinsbraten und Wiener Schnitzel sind die Renner. Und wenn es, wie bei unserem Besuch, Reisfleisch mit Salat als Mittagsmenü gibt, sind alle Gäste glücklich. Der Köder muss eben dem Fisch schmecken, nicht irgendwelchen Influencern, die uns virtuell die Welt der Gastronomie erklären wollen. 

Dennoch stellt sich die Frage: Wie füllt man schon zu Mittag ein derart großes Lokal an so einem abgelegenen Ort? „Unter der Woche sind es vor allem Firmenkunden, die ihre Mittagspause nutzen, um bei uns ein ordentliches Menü zu essen – also frisch gekocht statt TK-Convenience oder Dosenware. Außerdem leben viele Pensionisten in der Gegend, für die das Mittagessen die wichtigste Mahlzeit des Tages ist. Im Gegensatz zu den Berufstätigen haben sie deutlich mehr Zeit und bleiben zumeist noch auf einen Kaffee. Andere kommen später zu Kaffee und Kuchen. Jünger wird das Publikum ab dem späteren Nachmittag. Da beginnt dann auch das Bier so richtig zu fließen, erklärt Hans. Jahrzehnte lang war dies ein Budweiser vom Fass, seit 5. September kommt es direkt aus dem Tank.  

«Am Nachmittag beginnt auch das Bier so richtig zu fließen.»

– HANS EITLJÖRG-

Schenke wird zur Tankstelle

Trotz eines attraktivem Weinangebots ist und bleibt Bier das wichtigste Getränk der Panoramaschenke. Von Anfang an ist das ein Budweiser vom Fass. Besonders gut schmeckt es den Gästen zur warmen Jahreszeit im riesigen Gastgarten, aber Durst haben die Gäste natürlich das ganze Jahr. An den Werktagen geht es noch vergleichsweise ruhig zur Sache. Doch am Wochenende platzt das riesige Gasthaus aus allen Nähten. „Wir sind eben ein Ausflugslokal, wo Familien nach einem Spaziergang durch den Kurpark einkehren. Auch Familienfeste und andere Feierlichkeiten finden in der Regel am Wochenende statt. Da sollte man schon reservieren, aber das wissen unsere Stammgäste natürlich“, erklärt Franz.

Über den Sommer wurde die zentrale Bar neugestaltet und direkt dahinter ein Lager für Biertanks installiert. Nach dem Praterwirt im zweiten Bezirk ist dies erst die zweite Tankanlage von Budweiser in Österreich. Weil das Bier immer frisch ist – wöchentlich bringt ein Tankwagen Nachschub aus Budweis – kann es unpasteurisiert und ohne Kohlensäurezusatz ausgeschenkt werden. Kurzum: es schmeckt einfach noch besser!      

„Wir waren schon immer für unsere hohe Bierkultur bekannt. Diese Kompetenz wollten wir Zuge des Umbaus der Bar weiter ausbauen. Die Tanks hinter der Glasfront sind zwar einsehbar, aber wir verzichten darauf, das bei Tisch groß zu bewerben. Lediglich ein kleine Schiefertafel zeigt an, wann der aktuelle Tank angezapft wurde“, erklärt Hans. Vom Fass wird allerdings weiterhin gezapft. Das dunkle Grieskirchner, das gemeinsam mit dem Budweiser das allseits beliebte Mischbier ergibt, wird weiterhin im Fass geliefert. Sportler lieben den Panoramaschenke-Radler, der aus Budweiser und Almdudler gemacht wird. „Wir haben viel probiert – es gibt keinen besseren Radler“, weiß Hans. Gemeinsam beim Zapfen sieht man die Brüder außer auf unserem Foto natürlich selten. Dafür ist im Normalbetrieb einfach zu vieles andere zu erledigen. Spaß machen tut es ihnen aber ganz offensichtlich. „Es macht einfach Freude, wenn man sieht, wie gut unseren Gästen das Bier bei uns schmeckt. So bringen wir auch an trüben Wintertagen ein bisschen Sonnenschein nach Wien Favoriten“, fasst die stets gut gelaunte Mutter Renate die Grundstimmung in der Panoramaschenke mit einem Bonmot zusammen.

Ristorante Don Alfredo

Gleichzeitig mit der Panormaschenke wurde 1974 im Kurpark Oberlaa ein Wienerwald-Restaurant eröffnet. Was heute kaum noch jemand weiß: Wienerwald war die erste große Restaurant-Kette Europas und daher extrem angesagt. Der Oberösterreicher Friedrich Jahn hatte sich in den 1950er Jahren vom einfachen Kellner zum erfolgreichsten Gastronomen Europas hochgearbeitet. 1978 gab es allein im deutschsprachigen Raum 700 Wienerwald Restaurants, weltweit waren es damals über 1.600! Auf den sensationellen Höhenflug folgte allerdings ein spektakulärer Fall. 1982 erfolgte der Konkurs in Deutschland, zu dem auch Branchenfremde Engagements (Reisebüros, Immobiliengesellschaften, etc.) beigetragen hatten. 2002 schlitterte auch die österreichische Tochter in die Insolvenz. Bei der Suche nach einer Nachfolge für die Niederlassung im Kurpark Oberlaa haben sich die Eitljörgs beworben und nach einem Umbau ein italienisches Ristorante eröffnet. „Wir haben mit der Panoramaschenke mehr als genug zu tun gehabt. Aber wir wollten nicht, dass sich hier ein ähnlich positioniertes Lokal niederlässt. Wir haben dort deshalb ein italienisches Restaurant eröffnet. Im Don Alfredo wird die gesamte Bandbreite der italienischen Genusskultur geboten – von Pasta und Pizza bis zu klassischen Fisch- und Fleischgerichten“, berichtet Alfred Eitljörg.          

Schlafen in grüner Ruhelage

Oberhalb der Panoramaschenke befinden sich die 26 Zimmer des 4-Sterne Hotels Eitljörg. Gleich daneben bietet man mit der Pension am Kurpark weitere elf Zimmer an. Es gilt also Nacht für Nacht insgesamt 37 Zimmer zu vermieten. Wie geht das an einer derart abgelegenen Lage?

Die Antwort ist recht simpel. Nicht jeder Geschäftstermin findet in der Innenstadt statt. So liegt etwa die Zentrale des Bauriesens Porr weniger als Kilometer von der Panoramaschenke entfernt. Auch zahlreiche andere Unternehmen befinden sich keine zehn Autominuten entfernt. Es sind vor allem auf Stammgäste, die geschäftlich in diesem Teil Wiens zu tun haben. Sie schätzen die absolute Ruhe, die hier nachts herrscht genauso wie die hervorragende Küche des Hauses. An den Wochenenden ist die Buchungslage etwas niedriger, aber über Booking.com finden auch regelmäßig internationale Touristen den Weg auf den Laaerberg. Schließlich will nicht jeder Wien-Besucher mitten in der Stadt wohnen. Der Kurpark Oberlaa ist ein traumhaftes Naherholungsgebiet, das unmittelbar vor der Haustür liegt. Bis zum Verteilerkreis Favoriten braucht man mit dem Auto fünf Minuten und auch öffentlich ist das Hotel leichter zu erreichen, als man zunächst glaubt. Die Bushaltestelle des 68A, der zur U1-Station Reumannplatz fährt, liegt vor der Haustür.

wer&was

PANORAMASCHENKE

Filmteichstraße 5, 1100 Wien

www.hotel-eitljoerg.at