GEMÜTLICHES GENUSS-GLASHAUS
Text: Wolfgang Schedelberger Fotos: ID Werkstatt
Die Einrichtungsprofis der id-werkstatt haben ein stimmungsvolles Lokal geschaffen, das zu jeder Uhrzeit funktioniert.
Eines der Erfolgsgeheimnisse bei Lokaleröffnungen ist es, das richtige Konzept für den richtigen Ort zu finden. Ein durchdachter Businessplan hilft in der Regel auch. Die Basis ist jedoch immer, dass auch das Ambiente funktioniert – für die Gäste, wie auch für die Betreiber. Das betrifft die Optik genauso wie die Laufwege, die Raumaufteilung und die Gestaltung von Küche und Gastraum.
-ROBERT HOCHBRUGGER-
Der Weg zum eignen Lokal
Zunächst hat Hochbrugger in Traunkirchen bei der Familie Gröller sowohl im Bootshaus als auch in der Post gekocht. Dann zog er ein paar Kilometer weiter nördlich, um in der Küche vom Schloss Hochhaus in Vorchdorf zu werken. Der erste Schritt in die Selbständigkeit folgte dann vor zehn Jahren mit der Floriani Stub’n im wunderschönen Almtal. „Ich blicke gerne auf diese Zeit zurück, weil das erste eigene Lokal immer etwas Besonderes ist. Als beliebtes Ausflugslokal mussten wir unsere eigenen kulinarischen Ansprüche leider ein bisschen herunterfahren, um mehrheitsfähig zu bleiben“, erinnert sich Hochbrugger. Das größere Problem war es jedoch, für die stark schwankende Auslastung – am Wochenende Hochbetrieb, unter der Woche nur vereinzelte Gäste – Personal zu finden. Mit der Corona-Pandemie hat sich diese Problematik weiter verschärft.
„Ich habe also begonnen, mich nach neuen Möglichkeiten umzuschauen. Ich wollte wieder richtig gutes Essen machen, allerdings in einem kleineren Rahmen. Zweitens wollte ich meinen langjährigen Kollegen und Freund Jan Plackolm als Partner mit an Bord haben. In der ehemaligen Sensenfabrik Geyerhammer im benachbarten Scharnstein wurden wir schließlich fündig“, so Hochbrugger.
Die historische Produktionsstätte, die im späten 16. Jahrhundert gegründet wurde, ist heute ein vorbildlich renoviertes Museum. Gleich daneben wurde ein Neubau mit gemischter Nutzung – also Wohnungen und Büros – errichtet. Die Investoren hatten auch ein ebenerdiges Café geplant gehabt, für das man jedoch keinen Pächter fand.
„Ich kenne die Gegend, also war mir klar, dass man hier mit einem einfachen Bistro oder Café nicht reüssieren kann. Dafür leben in der Umgebung einfach zu wenig Leute. Ein kleines, anspruchsvolles Restaurant, zu dem Gäste auch zwanzig Minuten und mehr mit dem Auto anreisen, könnte allerdings sehr wohl funktionieren“, umreißt Hochbrugger seine damaligen Überlegungen. Er würde das Service übernehmen, Plackolm die Küche alleine bespielen. Eigentlich eine blendende Idee, allerdings fehlte noch der konkrete Plan, denn beim Lokal handelte es sich um einen großen, leeren Raum mit großer Glasfassade.
„Unsere Vorgaben waren: nicht mehr als 24 Sitzplätze und eine offene, einsehbare Küche, damit wir das Lokal zu zweit bespielen können. Edel und gleichzeitig lässig sollte es werden, zeitgemäß aber nicht ultramodern. Was wir wollten, konnten wir ganz gut beschreiben. Die Frage war nur, wie und mit wem können wir das umsetzen“, so Hochbrugger.
Das Gmundner Atelier Meinhart und der Gastronomie-Einrichter id-werkstatt haben aus dem ursprünglich sehr nüchternen Glaskubus ein echt gemütliches Restaurant gemacht. „Große Glasfläche bringen viel Licht ins Lokal und können als Gästemagnet fungieren. Andererseits gibt es da immer akustische Herausforderungen. Holz und Stoff gehören zum Materialmix unbedingt dazu, damit das Spiel mit dem Innen und Außen gelingt. Der Blick hinaus ist nur dann reizvoll, wenn es drinnen urgemütlich ist“, weiß Johannes Tretter von der id-werkstatt.
Das Smaragdgrün der Stoffe spiegelt die Farbe des Almflusses wider, der seinerzeit die Schmiede angetrieben hat und unmittelbar neben dem Lokal vorbeifließt. Bei der Anordnung der Tische war eine Kombination aus Intimität und Flexibilität gefragt. Deshalb wurde keine klassische Bistro-Bestuhlung gewählt, sondern eine kreuzförmige Tischanordnung, bei der man sich schräg gegenübersitzt. So haben Pärchen ausreichend Intimität, mit flexiblen Elementen lassen sich aber auch größere Tische zusammenstellen. Sogar lange Tafeln sind möglich, was für private Feste oder Weihnachtsfeiern wichtig ist.
-JOHANNES TRETTER / ID-WERKSTATT-
Variable Menüs statt á la Carte Geschäft
Wie bespielt man ein anspruchsvolles Restaurant zu zweit, ohne ungewollte Kompromisse bei der Qualität machen zu müssen? Für Hochbrugger und Plakolm war klar, dass dies nur mit vorgegebenen Menüs funktionieren kann. Weil man aber kein hochdekoriertes Luxusrestaurant ist, würde ein radikales Carte-Blanche-Konzept an diesem Ort nicht funktionieren. Also haben die Beiden monatlich wechselnde Menüs mit Wahlmöglichkeiten und variabler Länge entwickelt. Als zusätzlichen Dauerbrenner gibt es perfekt gereifte Filetsteaks auf der Karte.
„Wir geben den Kurs vor. Gleichzeitig wollen wir unsere Gäste verführen und nicht unter Druck setzen. Wenn jemand kein Lamm will, kann er ein Steak oder etwas Vegetarisches wählen. Vor allem am Wochenende sind die großen Menüs stark gefragt, aber man kann bei uns auch ganz unkompliziert dreigängig genießen“, erklärt Hochbrugger.
Das kulinarische Angebot ist bunt gemischt und wechselt laufend mit saisonalen Scherpunkten. Auch Loup de Mer oder Pulpo gibt es regelmäßig. „Wenn jemand Schweinsbraten oder Wiener Schnitzel essen will, gibt es in der Umgebung viele empfehlenswerte Adressen. Wir wollen kulinarische Abwechslung bieten und kochen Gerichte, die es in der Region einfach nicht gibt. Gleichzeitig arbeiten wir eng mit lokalen Produzenten zusammen“, umreißt Hochbrugger die kulinarische Linie.
Erfreulicherweise ist das Konzept voll aufgegangen. Ohne Reservierung geht an den Wochenenden gar nichts mehr. Stammgäste kommen mittlerweile auch aus Wels und Linz. Sowohl im Service als auch in der Küche hat man inzwischen Verstärkung engagieren können.
Zwei tolle Köche, die zu erfolgreichen Gastronomen wurden: Jan Plakolm (li.) und Robert Hochbrugger (re.).
wer & wo
Restaurant Geyerhammer
Grubbachstraße 13
4644 Scharnstein