ERÖFFNUNGEN

NEUE HÄUSER, NEUE BETTEN

Trotz pandemiebedingter Flaute hat sich in der Wiener Hotellerie in den letzten beiden Jahren sehr viel getan. Neue Betreiber und neue Standorte machen Wiens Beherbergungsangebot um einiges bunter.

Text: Wolfgang Schedelberger 

wolfgangjosefine

Chefredakteur Wolfgang Schedelberger beim Lokalaugenschein im Hotel Josefine.

Foto: Rainer Fehringer

Der Tourismus in Wien hat bis zum März 2020 goldene Zeiten erlebt. Ein Rekordjahr ist dem nächsten gefolgt – 2019 hatte gar ein Nächtigungsplus von 14 Prozent gebracht! Ein gelungener Mix aus Business-Reisenden, Kongress-Besuchern und privaten Urlaubern, die vor allem das kulturelle Angebot der Bundeshauptstadt zu schätzen wussten, habe für eine stetig steigende Nachfrage gesorgt. Auch die Vielfalt der Herkunftsmärkte schien eine rosige Zukunft zu garantieren: eine starke Präsenz aus den Nachbarländern, dazu ständig wachsende Ankünfte aus Übersee. Was sollte da groß passieren?

In so eine Destination investiert man nicht nur in Zeiten von minimalen Zinserträgen gerne. Rund um den neuen Hauptbahnhof sind bis Ende 2019 gleich mehrere zum Teil auch recht große neue Hotels (Andaz, Azimut, Moons, Ibis, Novotel, Motel One, Star Inn, Prizeotel etc.) entstanden. Um die noch verbliebenen Palais im ersten Bezirk entstanden regelrechte Bieterschlachten. Und auch in den urbanen Trendbezirken 2, 5, 6, 7 und 8 wurden spannende Projekte auf den Weg gebracht. Teilweise wurden dabei neue Standorte entwickelt, vielfach hat man aber auch in die Jahre gekommene Häuser komplett umgebaut und mit neuen Konzepten und neuen Namen wieder aufgesperrt.

Doch dann hat die Pandemie mit monatelangen Schließungen den Markt nachhaltig durcheinandergebracht. Manche Hotelprojekte wurden auf Eis gelegt, doch wenn Verträge bereits unterzeichnet oder mit Bauvorhaben gar schon begonnen wurde, gab es keinen Weg zurück – zumindest sofern die Finanzierung halbwegs gesichert war. Deshalb ist es bereits im Vorjahr zu einigen spektakulären Neueröffnungen wie der Josefine und dem Motto Hotel gekommen. Offensichtlich hatten Häuser, deren Erweiterung und Neugestaltung bereits vor der Pandemie abgeschlossen waren, größere Probleme, mangels Umsätzen die Finanzierungszusagen zu halten.cJedenfalls hat Das Triest nach einem spektakulären Umbau samt Erweiterung des Hauses im Jahr 2019 zu Jahresbeginn seinen Betrieb einstellen müssen.

Langfristig – also jenseits von Pandemie und Ukrainekrise – scheint Wien nach wie vor großes touristisches Potenzial zu haben. Aktuell heißt es jedoch, von einer Woche zur nächsten zu blicken. Trotz einer sehr guten Auslastung während der vergangenen Monate und hoffnungsvollen Prognosen für Herbst und Winter heißt es momentan „auf Sicht fahren“: Vor allem Buchungen von privaten Gästen werden immer kurzfristiger. Und ob Geschäftsreisen und Kongresse jemals wieder das Niveau von 2019 erreichen werden, scheint derzeit mehr als zweifelhaft.

Neuer Luxus in der City

Wir beginnen mit unserem Streifzug durch die neuen Hotels der Stadt am besten im Zentrum. Keine fünf Minuten vom Stephansplatz hat im heurigen April das Fünf-Sterne-Hotel The Leo Grand eröffnet. Im eleganten Barock-Ambiente wurden 76 Zimmer und Suiten errichtet, die gekonnt den Spagat zwischen historisch und modern schafften. Namenspatron war übrigens Kaiser Leopold I., zu dessen Regierungszeit das Palais errichtet wurde. Als Leo Grand erlebt er eine Auferstehung im 21. Jahrhundert. Hinter dem Projekt steht der Wiener Unternehmer Martin Lenikus mit einer Finanzgruppe, als Betreiber für die Gastronomie wurde Martin Ho (Dots) engagiert.

Nur ein paar Ecken weiter hat im Juni das spektakuläre Rosewood Hotel eröffnet. Statt Barock prägt hier der neoklassische Stil des 19. Jahrhunderts das Ambiente. In der ehemaligen Zentrale der Erste Bank am Petersplatz befinden sich heute 99 Zimmer (davon 28 Suiten), ein Spa-Bereich sowie eine Brasserie, die genauso für die Öffentlichkeit zugänglich ist wie die großzügig dimensionierte Rooftop-Bar. Rosewood ist eine rasch wachsende Hotelgruppe, die 1979 in Texas gegründet wurde und sich auf den Ultra-Luxusbereich konzentriert. Aktuell betreibt Rosewood 29 Resorts, 24 weitere Projekte sind in Planung. Beim Rosewood Vienna handelt es sich um das erste Haus im deutschsprachigen Raum und das fünfte in Europa.

Nobler geht es nicht – das neue Rosewood in der Wiener City bietet in 99 Zimmern höchsten Komfort gepaart mit klassischer Eleganz.

Foto: Rosewood Vienna

Der Ring wird neu gefasst

Auch rund um die Ringstraße hat sich einiges getan. Schräg gegenüber der Oper hat vor wenigen Wochen das Boutique-Hotel O11 eröffnet, das von der Wiener Horst-Group betrieben wird. Das O11 (O-Eleven) ist im Gebäude des ehemaligen Hotels am Opernring beheimatet und richtet sich mit seinen 49 Zimmern bevorzugt an ein jüngeres Publikum. Schließlich kommt man als Gast in den Genuss einer mattschwarzen Horst-Group-Karte, mit der man eventuelles Schlangestehen vor dem Inc. oder dem O-Club vermeiden kann. Für einen Besuch des Heidi-Clubs muss man nicht einmal das Haus verlassen. Extralässig ist auch das asiatische Restaurant Hayakan gestaltet, wo der junge Küchenchef Kevin Micheli in einer offenen Show-Küche werkt.

Von seinem 2007 eröffneten Luxushotel The Ring hat sich der saudische Scheich Al Jabar bereits vor sechs Jahren getrennt und es an einen Investmentfonds verkauft. Während der Pandemie hat es das Wiener Immobilien-Unternehmen Breiteneder um knapp 30 Millionen Euro erworben und will es noch vor Weihnachten unter der Marke The Amauris aufsperren. Die Inneneinrichtung wurde entstaubt und neu gestaltet. An der Positionierung als Luxushotel und der Mitgliedschaft bei Relais & Chateaux soll sich auch unter dem neuen Betreiber nichts ändern.

Pandemiebedingt verzögert hat sich die Eröffnung des Almanac Hotels im ehemaligen SAS-Palais neben dem Marriott Hotel. Nach den beiden Almanac-Hotels in Barcelona und Prag wollte man eigentlich im Herbst 2020 mit Wien das dritte Haus der jungen Gruppe aufsperren. Zuletzt war von Sommer 2022 die Rede, seither heißt es auf der Website „coming soon“. Einen konkretes Eröffnungsdatum konnte man uns auf telefonische Nachfrage leider nicht nennen.

Verlängert man den Ring gedanklich über den Donaukanal, ist auch das im März eröffnete Radisson Red mit 179 Zimmern zu nennen. Nach den bereits länger bestehenden zwei Radisson-Blu-Hotels (in der Herrengasse und neben dem Technischen Museum) hat Radisson jetzt auch mit seiner jungen Premium-Marke in Wien Fuß gefasst.

Lifestyle in den Trendbezirken

Hotels wie das 25hours oder das kurz vor der Pandemie eröffnete Max Brown haben gezeigt, wie man trendige Häuser mit Design-Anspruch in Trendbezirken innerhalb des Gürtels etabliert. In diesem Segment sind jetzt einige weitere Häuser mit unterschiedlichen Positionierungen gefolgt. Eher klassisch und hochwertig wurden das Josefine (Lust & Leben #91) und das Hotel Motto gestaltet.

Sehr lässig und für ein junges Publikum gedacht ist das neue Jaz in the City, das direkt neben dem Haus des Meeres liegt. Mit 119 „In-Tunes-Rooms“, 38 „Bassbeat-Rooms“, vier „Offbeat-Lofts“ und zwei „Backbeat-Suites“ ist das Haus relativ groß geraten. Nach Stuttgart und Amsterdam ist das Wiener Jaz in the City das dritte Hotel dieser auf Musik getrimmten Marke, die zur Steigenberger-Gruppe (die seit der Übernahme durch eine chinesische Investorengruppe offiziell als DH Lifestyle GmbH firmiert) gehört.

Beim inhabergeführten Hotel Gilbert gleich hinter dem MQ handelt es sich streng genommen nicht um ein neues, sondern „nur“ um ein radikal umgestaltetes altes Hotel. Dem ehemaligen „ViennArt“-Hotel wurde nicht nur ein grüner Anstrich verpasst, wie die Fassade vermuten lässt, es wurde von Grund auf als grünes „Öko-Hotel“ gestaltet. Mit der Brasserie &flora will man auch Einheimische aus der Gegend zu einem Besuch verführen.

Der Naschmarkt liegt zwar etwas weiter entfernt, als es der Name des neuen Indigo-Hotels Vienna-Naschmarkt vermuten lässt, die Lage direkt bei der U-Bahnstation Pilgramgasse ist dennoch sehr attraktiv. Mit insgesamt 158 Zimmern ist das neue Haus größer, als es die Fassade vermuten ließe. Betrieben wird es von der IHS Group, zu der auch Marken wie Intercontinental, Six Senses, Crown Plaza und Holiday Inn gehören. Viele Grünpflanzen, die die Lobby wie einen Dschungel erscheinen lassen, verleihen dem Haus ein gewisses Extra.

Leben neben dem Riesenrad

Rund um dem Prater hat sich seit der Übersiedlung der WU in den letzten Jahren sehr viel getan. Nachdem zuerst Business-Gäste und Messebesucher mit Häusern wie Motel One und Hampton by Hilton versorgt waren, haben hier zuletzt auch drei junge, urbane Hotels ihre Pforten geöffnet. Am spektakulärsten ist wohl die neue Superbude, wo sich im Dachgeschoß ein Neni-Restaurant befindet.

Gleich daneben liegt das Zoku-Loft. Dabei handelt es sich um ein junges Konzept aus Amsterdam, das nach Kopenhagen jetzt in Wien sein drittes Haus eröffnet hat. Mit flexiblen Raumgestaltungen der insgesamt 131 „Lofts“ hat man bewusst ein „Hybrid-Konzept“ geschaffen, das Business und Freizeit verschmelzen lässt. Und auch der „Platzhirsch“ Verkehrsbüro hat sich entschieden, seinen Auftritt im Prater moderner und jünger zu gestalten.

Kurz vor der Pandemie wurde das Austria Trend Hotel Messe unter der neuen Marke Bassena eröffnet. Mit über 240 Zimmern ist es sogar noch etwas größer als das Hampton by Hilton mit 194 Zimmern. Demnächst steht die Eröffnung des zweiten Bassena Hotels in Wien-Donaustadt an. Es ist Teil des neuen Stadtteil-Projekts Vienna twentytwo, das gegenüber des Donauzentrums liegt. Ebenfalls im 22. Bezirk liegt das neue Dormero Hotel, das in einem aus Holz errichteten Hochhaus beheimatet ist. Mit 119 Zimmern und 24 Serviced Apartments ist es Teil des Stadtentwicklungsprojekts Seestadt Aspern.

Holz vor der Hütte

Um Holz geht es übrigens auch in zwei weiteren neuen Hotels. Das Joe&Joe Hotel im neuen Ikea beim Wiener Westbahnhof wird von Accor betrieben, wendet sich mit Mehrbettzimmern an ein junges, preisbewusstes Publikum. In die Fassade wurden 160 Bäume integriert. Gleich daneben liegt das zu Jahresanfang eröffnete Boutique Hotel Wood, das asiatisches Design mit Ökologie und urbanem Zeitgeist verbindet. Doch damit ist allerdings noch lange nicht Schluss.

Neben den bereits angeführten Eröffnungen sind noch einige weitere Openings in der Pipeline. Das größte Projekt ist das zweite Hampton by Hilton Wien West in der Linken Wienzeile, gleich außerhalb des Sechshauser Gürtels. Die Eröffnung ist für 2024 geplant. Bereits im kommenden Jahr soll im ehemaligen Gebäude der Wirtschaftskammer Wien am Rudolf-Sallinger-Platz das erste Haus der britischen Hoxton Gruppe eröffnen.

Ebenfalls 2023 soll das lange erwartete Luxushotel Mandarin Oriental im ehemaligen Wiener Landesgericht in der Riemergasse eröffnen. Ist das Potenzial für Fünf-Sterne-Luxushotels in der Wiener City damit erschöpft? Immer noch im Raum steht, was mit dem Palais Schwarzenberg passieren wird, das bereits seit vielen Jahren leer steht und auf einen renommierten Betreiber wartet.

Langsame Erholung

Mit knapp 1,3 Millionen Gästenächtigungen erreichte die Wiener Hotellerie im September rund 85% seines Aufkommens aus dem Vor-Corona-Jahr 2019. Von Jänner bis September 2022 wurden rund 9,1 Millionen Übernachtungen gezählt. Nach Herkunftsländern gegliedert stellte es sich folgendermaßen dar:

Österreich 265.000,
Deutschland 268.000,
USA 92.000,
Italien 52.000,
Großbritannien 49.000,
Spanien 39.000,
Frankreich 29.000,
Polen 31.000,
Israel 36.000 und die
Ukraine 22.000.

Gäste aus dem Nahen Osten sowie aus dem asiatischen Raum fehlen gegenüber 2019 genauso wie aus Russland.

Die durchschnittliche Auslastung der Hotelbetten betrug im September 54,7%, jene der Zimmer rund 71%. Im bisherigen Jahresverlauf lag die Bettenauslastung bei 43,5, die Zimmerauslastung bei rund 56% (1–9/2021: rund 29%). Insgesamt wurden im September in Wien mit rund 65.900 Hotelbetten rund 6.300 Betten mehr angeboten als im Vergleichsmonat des Vorjahres.

Trotz großer Konkurrenz bestens gebucht. Viele heimische Gäste verbinden mit der Marke „Motto“ höchste Qualität.

Foto: Rainer Fehringer

Das Restaurant “Chez Bernard” in der Glaskuppel des Hotel Motto.

Foto: Rainer Fehringer

Bunt geht es in der Lobby der Superbude zu, weiß ist lediglich der Astronauten-Anzug im Hintergrund.

Foto: Superbude

Luxus pur im neuen Leo Grand. Das gastronomische Konzept stammt aus der Feder von Martin Ho.

Foto: Lenikus Group

Beeindruckend: Die grüne Fassade des Hotel Gilbert hinter dem MQ

Foto: Hotel Gilbert

Hotel-Eröffnungen

2020

Bassena Prater, Moons

2021

Josefine, Motto, Jaz in the City, Gilbert,Superbude, Zoku, Dormero, Joe&Joe

2022

Leo Grand, Rosewood, O11, The Amauris, Radisson Red, Indigo, Bassena, twentytwo, Almanac, The Wood, Prizeotel

2023

The Hoxton, MandarinOriental

2024

Hampton by Hilton Wien West

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HOTEL ROCK’N’ROLL

Trotz seines jugendlichen Auftritts als Direktor des im vergangenen Jahr neu eröffneten Hotels Josefine in Wien-Mariahilf kann Manfred Stallmajer bereits auf eine mehrere Jahrzehnte dauernde Karriere in der Wiener Top-Hotellerie zurückblicken. Vor allem in den 15 Jahren zwischen im Hotel Das Triest hatte er mit zahlreichen Größen aus Musik und Film zu tun. In seinem neuen Buch „Hotel Rock’n’Roll“, das er gemeinsam mit der Journalistin Martina Parker verfasst hat, gibt er die kurzweiligsten Anekdoten aus dieser Zeit zum Besten. Das Buch ist auch ein Stück Zeitgeschichte, das auf amüsante Art und Weise auf das Wien nach der Jahrtausendwende beschreibt. Dazu gehören auch über 100 Bilder und 46 prominente Gästebucheinträge. Auf einigen Seiten kommt übrigens auch die „Wegbegleiterin“ Fanny Holzer-Luschnig zu Wort, die mehrere Jahre lang mit Stallmajer im Das Triest gearbeitet hat.

Hotel Rock’n’Roll umfasst 224 Seiten und ist um 36 Euro im Buchhandel erhältlich.