SHADES OF YELLOW

VON LIMONEN UND ZITRONEN

Die deutsche Sprache kann für Verwirrung sorgen. Die allseits bekannte Zitrone ist eigentlich eine Limone. Sie gehört zur Familie der Zitrusfrüchte, die erstaunlich vielfältig ist – sowohl was Form, als auch Geschmack betrifft.

Text: Wolfgang Schedelberger

Hubert Wallner bringt bei seinem Gericht für’s „The Zest is yet to come“ gleich sieben verschiedene Zitronenorten zum Einsatz, einige davon stammen aus Kärnten.

Schmökert man in heimischen Kochbüchern, spielen Zitronen eine wichtige Rolle und zwar nicht nur bei den Desserts. Für viele wäre der Genuss unseres Nationalgerichts Wiener Schnitzel ohne die dazugehörige Zitronenspalte undenkbar. Ein paar Spritzer Zitronensaft gehören sehr oft dazu, um Eintöpfe oder Saucen abzuschmecken. Doch um welche Zitrone es sich handelt, wird nicht näher ausgeführt. Nur wenn man bei Desserts auch etwas Abrieb von der Schale als aromatische Zutat braucht, wird geraten, eine „unbehandelte“ Zitrone zu verwenden.    

Jahrzehnte lang waren Zitronen etwas, das man für wenig Geld im offenen Netz in der Obstabteilung gekauft hat. Gelbe ovale Früchte, die man wegen ihres sauren Safts gebraucht hat. Man quetscht sie aus und wirft den Rest weg. Von wo sie kommen und wie sie wachsen, hat niemanden wirklich interessiert. Bei so wenig Wertschätzung für diese Südfrucht ist es kein Wunder, dass faule Zeitgenossen gleich zur gelben Miniflasche mit Saftkonzentrat greifen. 

Globalisierung bringt Vielfalt

Erst zu Ende des 20. Jahrhunderts wurde es in Österreichs Zitrusfruchtwelt langsam etwas bunter. Der EU-Beitritt belebte das Angebot an importierten Waren, sodass es erstmals auf breiter Front Limetten gab, die vor allem bei Barkeepern heiß begehrt waren. Wir lernten, dass Cuba Libre eigentlich mit Limettenspalten dekoriert werden. Gleichzeitig feierten exotische Drinks wie Mojito und Caipirinha ihr Österreich-Debut. In Feinkostgeschäften wurden aromatische Amalfi-Zitronen angeboten. Vor wenigen Jahren hat sogar die japanische Yuzu-Zitrone in der Top-Gastronomie Einzug gehalten, wenngleich diese intensive Aromasorte bei uns zumeist nur in vorverarbeiteter Form erhältlich ist. Ähnliches gilt für die Kalamansi, die von den Philippinen stammt. Eine Zitrusfrucht ist sie zweifellos, ob sie allerdings streng genommen zu den Zitronen gehört, ist gar nicht so sicher. Sie könnte auch aus einer Kreuzung zwischen Kumquat und Mandarinen hervorgegangen sein.   

«Jede Sorte hat ihre Vorzüge. Ich liebe sie alle.»

– ZITRONEN-EXPERTE VICENTE TODOLÍ –

Auch ohne Saft ein Genuss

Der Saftanteil, die Dicke der Schale und jene des weißen Fleisches (Albedo) variiert je nach Sorte. Die hocharomatische „Buddhas Hand“ hat überhaupt keinen Saft. Hier geht es ausschließlich um das Aroma. So wie übrigens auch bei der Bergamotte, deren intensiver Duft vor allem für Parfüms verwendet wird. Bei manchen Zitronensorten wie der Kaffir-Limette aus Südostasien sind übrigens auch die Blätter sehr aromatisch und werden in der Küche wie an der Bar als Würzmittel hoch geschätzt. 

Das Auspressen einer große „Citrus Medica Maxima“ würde auch für Goliath zur Sissiphus-Arbeit werden. Hier geht es weder ums saftige Innere noch um das Aroma der Schale, sondern um das bis zu einem Zentimeter dicke Fruchtfleisch, das man roh essen kann. Es eignet sich hervorragend für mediterranen Salate, die man am besten auch gleich mit Zitronensaft säuert. Das gilt übrigens auf für Suppen wie die griechische Festtagssuppe „Avgolemo“, die eine mit Ei legierte Hühnersuppe ist, der zusätzlich Bällchen von Lammfaschiertem beigegeben werden. Aktuell ist diese mollige Köstlichkeit übrigens in Konstantin Fillipous neuem Lokal/Shop Mama Konstantina erhältlich. Eine weitere griechische Spezialität ist das Lukum (Loukoumi), bei dem das weiße Fruchtfleisch (Albedo) mit Zuckerwasser zu einem süßen Snack verkocht wird, der traditionell zum Kaffee gereicht wird.                       

Konstantin Filippou hat ein elegantes Sardinengericht mit Zitronenschaum kreiert. In seinem Restaurant fand auch die Österreich Premiere der neuen Krug Editionen statt. Zuvor hielt der spanische Zitronenexperte Vicente Todolí einen spannenden Zitronen Workshop.

Vom Himalaya nach Österreich

Die Forschung sieht den Ursprung der Zitrusfrucht in den südlichen Ausläufern des Himmalaya-Gebirges. Von dort hat sie ihren Siegeszug rund um die Welt angetreten und zahlreiche Mutationen erlebt. In den Mittelmeer-Raum transferiert wurde sie rund um die Jahrtausendwende durch die Araber, die auch damit begannen, sie in Spanien und Sizilien zu kultivieren. Erstaunlich früh kamen übrigens die ersten Zitronen nach Österreich. Das war in den 1520er Jahren – also zu einer Zeit, als es im Deutschen noch gar kein Wort für diese exotische Frucht gab. Ferdinand I, der 1503 als Infant von Spanien in Madrid geboren wurde, brachte einige Zitronenbäume mit nach Wien, als es galt, Österreich und die anderen Kronländer in Mitteleuropa für seine Familie zu regieren. In der Küche fand diese wertvolle Rarität damals allerdings keine Verwendung.        

Eine große Orangerie hatten die Habsburger damals noch nicht – schließlich wurde Schloss Schönbrunn ja erst über 200 Jahre später errichtet. Heute befindet sich dort eine beachtliche Sammlung an seltenen Zitrusfrüchten, von denen einige über 180 Jahre alt sind und aus der Zeit von Maria Theresia stammen. Heinz Reitbauer hat diesen öffentlich ausgestellten, aber doch weithin geheimen Schatz Wiens vor 15 Jahren erstmals gehoben und begonnen, im Steirereck damit zu experimentieren. Groß war das Staunen, als Reitbauer 2013 bei seiner Präsentation auf der Madrid Fusión einem internationalen Publikum über Zitrusfrüchte aus Österreich berichtete.

Auch in Österreichs südlichstem Bundesland blühen seit Jahren die Zitronenbäume, auch wenn sie – so wie in Wien – im Winter ins Glashaus müssen. Michael Ceron hat in Jahre langer Arbeit damit begonnen, einen beachtlichen Zitrusgarten aufzubauen. Normale Kunden der Gärtnerei kaufen Zitrusbäumchen als Zierpflanzen für die Terrasse, aber Ceron zählt auch namhafte Köche zu seinen Kunden. Einer der Treuesten unter ihnen ist Hubert Wallner, der vor allem die aromatischen Sorten wie etwa Buddhas Hand schätzt. „Das Aroma der Buddhas Hand passt hervorragend zur Gänseleber, aber auch Lammgerichte lassen sich damit stimmig abschmecken“, erklärt Wallner.

Reife Frische voller Eleganz 

Das berühmte Champagner-Haus Krug hat seine eigene Zeitrechnung. Vor kurzem wurde die 171. Edition des Bruts Grande Cuvée auf den Markt gebracht. Parallel dazu kam die 27. Edition des Rosés heraus. Außerdem wurde ein einzigartiges Rezeptbuch, das der Zitrone gewidmet ist, präsentiert. 

Bei den meisten Champagnermarken vollzieht sich der Jahrgangswechsel still und heimlich und ist bestenfalls Insidern bekannt. Ziel der Kellermeister ist es ja, Kontinuität zu garantieren, was durch die Assemblage mehrerer Jahrgänge auch gelingt. Bei Krug ist das anders.

Zwar stellt die 171. Edition der Krug Grande Cuvée ebenfalls eine Assemblage aus zwölf verschiedenen Jahrgängen dar, aber der 171er Krug unterscheidet sich durchaus von seinem Vorgänger 170. Der dominierende Jahrgang ist 2015, der mit elf weiteren Jahrgängen ab 2000 vermählt wird und dann sieben Jahren reifen darf, bevor er auf den Markt kommt. Dieser hohe Einsatz bei der Vinifizierung führt dazu, dass Krug Champagner sehr gut reift und mit den Jahren noch zulegt. Die Einführung der 171er Edition bedeutet also nicht, den 170er möglichst zügig auszutrinken, weil schon der nächste da ist. Eher sollte man die eventuell noch verbliebenen Flaschen der 170er Edition in den Reifekeller zu legen, um sie bei passender Gelegenheit zu Verfügung zu haben.

Jeder renommierte Champagner hat sein Publikum. Manche Marken werden fast ausschließlich für den privaten Konsum gekauft, andere finden in Bars und Nachtclubs ihr Publikum. Krug hat sich der gehobenen Gastronomie verschrieben und arbeitet seit Jahren eng mit ausgezeichneten Küchenchefs zusammen. 

Neben Konstantin Filippou und Juan Amador aus Wien zählen Andreas Döllerer aus Golling und – seit letztem Jahr – auch Hubert Wallner am Wörthersee zum elitären Kreis der offiziellen Krug-Botschafter. Das bedeutet, dass man in deren Restaurants Krug Grande Cuvée glasweise ordern kann. Außerdem findet man in ihren Kellern exklusive Raritäten wie etwa den Lagenwein Clos de Mesnil.   

Seit einigen Jahren widmet Krug jeder neuen Edition ein kulinarisches Thema, das sich durch seine grundlegende Einfachheit auszeichnet. Reis oder Pilze zählten in den letzten Jahren an der Reihe. Heuer hat man sich der Zitrone gewidmet und ein grandioses Rezeptbuch mit dem stimmigen Titel „The Zest is yet to come“ herausgebracht. 

Gemeinsam ist allen Rezepten, dass sie perfekt mit Krug Champagner zusammen gehen. Andreas Döllerer hat ein Hirschmark-Crostino mit Oliven und Salzzitrone kreiert. Von Konstantin Filippou hat Sardinenfilets mit Zwiebelsticks, Miso-Doenjang Creme und Miso-Zitronen-Marinade beigesteuert. Juan Amador ist seinen spanischen Wurzeln treu geblieben und hat eine Rotbarbe mit grünen Oliven, Chorizo und Zitrone kreiert. Hubert Wallner konzentriert sich auf österreichische Herkunft: Sein Fischtatar stammt von Kärntner Süßwasserfischen und die sieben unterschiedlichen Zitrusaromen stammen – zumindest teilweise – von einem befreundeten Züchter am benachbarten Faakersee.       

„The Zest is yet to Come“ ist übrigens nicht im regulären Handel erhältlich. Doch so lange der Vorrat reicht, bekommt man es bei einem unserer vier Krug-Ambassadors bei der Bestellung eines Glases Grande Cuvée als kleines Präsent.