Zum Jubiläum im Restaurant Steirereck

AM ANFANG WAR DER APFEL

Vor vierzig Jahren hat Alois Gölles erstmals Apfelessig in Fässern gereift und diese neue Kreation Apfel Balsam Essig getauft.

Text: Redaktion;

v.l.: Heinz und Birgit Reitbauer, Alois und Herta Gölles, Katharina Fleck und David Gölles beim 40 Jahres Jubiläum auf der Terrasse des Restaurants Steirereck.  

Ein Garten voller blühender Apfelbäume ist etwas Wunderschönes. Gilt es jedoch, mit den Früchten dieses Gartens eine Familie zu ernähren, ziehen rasch dunkle Wolken auf. Mit dem Verkauf von Äpfeln geht sich das nicht aus. Auch bei Auslieferung des vorzüglichen Mosts, musste der junge Alois Gölles erkennen, dass der Erlös mitunter nicht einmal ausreichte, um die Tankrechnung zu begleichen. Er musste sich also etwas einfallen lassen.

Nach Absolvierung der Wein- und Obstbauschule in Klosterneuburg widmete sich der neugierige Jungbauer zunächst hobbymäßig dem Schnapsbrennen. Was aus diesem Hobby geworden ist, weiß heute zwar nicht jedes Kind, aber doch (fast) jeder Erwachsener in unserem Land. Das ist die eine Hälfte der Erfolgsgeschichte dieses Vorzeigebetriebs aus der Südoststeiermark.

Hier ist von der anderen Hälfte die Rede. Bei einem Praktikum In Italien lernte der junge Landwirt erstmals Aceto Balsamico aus Modena kennen und schätzen. Irgendwann stellte er sich dann die Frage, wieso noch niemand probiert hat, auch Apfelessig in Fässern zu reifen? Diese Frage ist bis heute unbeantwortet. Jedenfalls war Alois Gölles der Erste, der es im Jahr 1984 probiert hat und auf Anhieb Erfolg hatte. Auf der Suche nach einem passenden Namen, orientierte er sich an den Vorbildern aus Modena. Der Begriff Balsam Essig bereichert seither die deutsche Sprache.

Holz und Früchte

In den folgenden 40 Jahren lernte Gölles mehr und mehr über die Reifung seiner Produkte, wobei neben Glas und Stahl vor allem das Holz eine zentrale Rolle einnahm – sowohl bei den Destillaten als auch beim Essig. Neben der allgegenwärtigen Eiche experimentierte man auch mit Exoten wie Akazie, Kastanie und Kirsche. Auch der Garten wurde bunter. Zu den Äpfel- und Birnbäumen gesellten sich Pflaumen, Kriecherl und Vogelbeere.

1996 begann Gölles mit Fruchtessigen zu experimentieren und brachte sie in weiterer Folge als Kreativ-Linie heraus. Neben Balsam Essig aus Apfel und Birne kamen in Lauf der Jahre Himbeere, Kirsche, Marille, Quitte, Spargel, Tomaten und Zwetschke dazu. Der Verkauf der Essige entwickelte sich kontinuierlich. Gleichzeitig platzte der Lagerbedarf aus allen Nähten, weil Gölles mit Weitblick immer größere Mengen für eine längere Reifung zur Seite legte. Schließlich folgte im Jahr 1999 der Neubau eines Kellers für die Fassreifung, in dem sich heute über 1.400 Barriques befinden. Es ist der größte des Landes.

So konnte Gölles im Jahr 2004 erstmals XA Essige (und Destillate) präsentieren, die zumindest 20 Jahre im Holz gereift waren. Wie man es von sehr alten italienischen Balsamico-Essigen kennt, verändert sich der Charakter des Essigs bei Jahrzehntelanger Reifung im Holzfass dramatisch. Statt einer säurebetonten Flüssigkeit zum Würzen, erhält man eine süßliche, dickflüssige Essenz von unbeschreiblicher Komplexität, die man tröpfchenweise genießt. Wer so etwas einmal kosten durfte, vergisst das sein Leben lang nicht mehr.

Feinkosthandel und Gastronomie

Der Voksmund sagt: Tue Gutes und rede darüber! Das hat Alois Gölles zweifellos gemacht. Verkauft ist damit allerdings noch nichts. Gleich zu Beginn hat man auch auf Ab-Hof-Verkauf gesetzt, doch in den 1980er Jahren verirrten sich nur wenige auswärtige Gäste ins Vulkanland rund um die Riegersburg. Das Thema Online-Shops stand damals noch in den Sternen. Es war vor allem die heimische Top-Gastronomie, die von Anfang an von den Produkten von Alois Gölles (Destillate und Essig) begeistert war und sie ihren Gästen präsentiert hat. Das sich die Familie Gölles dazu entschieden hat, das 40 Jahre Jubiläum von ihrer Balsam Essige im Restaurant Steirereck zu feiern, ist auch eine Danksagung an einen der ältesten und treuesten Wegbegleiter.

Darüber zu berichten, was die Familie Gölles in den letzten 40 Jahren sonst noch alles gemacht hat, würden diesen Rahmen bei weitem sprengen. Alois und seine Herta sind nach wie vor wohl auf und umtriebig. Sohn David, der sich in den letzten Jahren mit außergewöhnlichen Destillaten einen Namen gemacht hat, wird das Lebenswerk des steirischen Genuss—Pioniers Alois Gölles mit Elan und Kreativität hoffentlich für viele Jahre erfolgreich weiterführen. Dann dürfen wir vielleicht in 20 Jahren ein paar Tropfen eines 60jährigen Balsamessigs verkosten. Ein paar Tropfen dieser Rarität werden hoffentlich noch vorhanden sein.  

Zur Verkostung kamen Essige aus vier Jahrzehnten. Während Fruchtessige mit jugendlicher Frische überzeugen, werden Balsam Essige mit zunehmenden Alter immer konzentrierter und komplexer.

Über 1.400 Barriques lagern mittlerweile in Reifekeller der Familie Gölles.

Das „Neue Essigbrevier“ von Alois Gölles ist bereits vor sechzehn Jahren erschienen, hat aber nichts von seiner Attraktivität verloren. Es ist um 19,90 € im Online-Shop von Gölles erhältlich.