DER GESCHMACK DER ALTEN HEIMAT

Klaus Leopold führt in Singapur eine angesagte Gastro-Bar, in der es sehr österreichisch schmeckt. Weil er den Geschmack der alten Heimat mit möglichst vielen Menschen teilen will, hat der Austro-Gastronom auch ein beachtliches Import-Geschäft mit Wein und Spirituosen aufgezogen.

Text: Wolfgang Schedelberger

Josef Farthofer (l.) produziert den Leopold Gin, klaus Leopold (r.) hat die Rezeptur beigesteuert.

Mit 19 Jahren war es zu allererst ein großes Abenteuer. Ein Job in Singapur? Warum denn nicht! Klaus Leopold hatte gerade seine Ausbildung (Tourismuskolleg mit Matura) absolviert und in den Ferien bereits jede Menge praktische Gastronomie-Erfahrung gesammelt. Ein befreundeter Kollege hatte einen Job in Singapur in Aussicht und fragte Klaus, ob er nicht mitkommen wolle. Der Gastronom sei ein Österreicher und hätte sicher auch einen zweiten Job für einen jungen tüchtigen Kellner. Den Freund zog es bald wieder zurück nach Österreich. Klaus blieb. Zwei Jahre später hatte ihn der mittlerweile leider schon verstorbene Wolfgang Laper zum Restaurantleiter gemacht. Nach weiteren zwei Jahren wagte Klaus Leopold den Schritt in die Selbständigkeit. Wir haben ihn in seiner Gastro-Bar „Leopold“ zum Interview getroffen.

Man fühlt sich bei Dir gleich wie zu Hause. Die Speisekarte liest sich wie in einem klassischen Landgasthaus. Auch die Weine und Schnäpse kommen aus Österreich. Nur beim Bier bist Du abtrünnig geworden und bei unseren Lieblingsnachbarn gelandet. Wieso denn das?

Du sagst es. Die Deutschen sind wirklich meine Lieblingsnachbarn und das Hofbräu Lager aus München ist ein ausgezeichnetes Bier, das alle Gäste lieben. Am Anfang hatte ich mein persönliches Lieblingsbier Raschhofer aus Salzburg, das ich selbst importiert hatte. Aber auf Dauer war die Logistik für den Import von Fassbier in vergleichsweise kleinen Mengen doch zu kostenintensiv. Das Hofbräu importiere ich zwar ebenfalls selbst, aber damit kann ich auch ein paar weitere Betriebe, die ein gutes deutsches Bier haben wollen, beliefern. Wenn du unbedingt ein österreichisches Bier willst, lade ich dir gerne ein Edelweiß aus Kaltenhausen ein. Das kommt in Flaschen, das macht das Handling einfacher.

Schön, dass du mich auf ein Bier einladen willst. Umgerechnet kostet das Edelweiß bei Dir mehr als zehn Euro – und dieser Preis gilt nur jetzt während der Happy Hour. Ist das Bier in Singapur überall so teuer?

Nicht nur das Bier. Auch bei Wein und Spirituosen fallen sehr hohe Importzölle an. Generell sind die Steuern in Singapur nicht so hoch, aber Alkohol ist überall teuer. Außerdem schwächelt der Euro momentan und der Singapur Dollar ist gleichzeitig sehr stark. Momentan ist es hier für Europäer also ziemlich teuer. Umgekehrt sind jetzt für mich Besuche in der alten Heimat recht günstig geworden, was nicht immer so war. Aber zurück zum Bier. Wenn wir nur Exil-Österreicher ansprechen würden, bräuchte ich gar nicht erst aufsperren, weil so groß ist die Austro-Community hier nicht. Wir haben auch viele Deutsche und Schweizer als Stammgäste. Der Großteil unseres Publikums – also zwischen 80 und 90 Prozent – ist aber asiatisch.   

»Auch Asiaten lieben die österreichische Küche.«

– KLAUS LEOPOLD –

Und die kommen wirklich wegen Käsekrainer, Wiener Schnitzel und Leberkäse zu Dir? 

Nicht nur, aber auch. Wir haben ja auch „feinere“ Speisen wie Räucherforelle oder Spargelgerichte auf der Karte. Natürlich besetzen wir damit eine Nische, aber wenn es gut zubereitet und ordentlich angerichtet ist, schmeckt das auch den Einheimischen, die einmal etwas Anderes probieren möchten. Die Österreicher essen mittlerweile ja auch gerne zur Abwechslung Asiatisch. Viele kommen auch wegen unserer Weinauswahl und unseren Cocktails und freuen sich, dabei einen gemischten Teller mit Wurst, Käse und Liptauer zu naschen. Dazu gibt es knackiges Vollkornbaguette.

Gratulation! Du hast ganz offensichtlich deine Nische gefunden. Angefangen hast du vor zwölf Jahren aber als angestellter Kellner. Wie hast du den Schritt in die Selbständigkeit geschafft?

In dem ich tüchtig war und Glück hatte. Ich habe beim Wolfgang Laper in der Brasserie Wolf an der Bar angefangen, war dann rasch Barchef und innerhalb eines Jahres sogar Restaurantleiter. Zum einen habe ich wirklich viel gearbeitet und überall, wo es gefragt war, gerne Verantwortung übernommen. Die gemeinsame Sprache hat sicher auch geholfen. Am Ende waren wir richtig gute Freunde. Ich bin dann aber trotzdem gegangen, weil ich mich unbedingt selbständig machen wollte. Ich hatte ein bisschen etwas gespart gehabt. Außerdem hat mein Onkel an mich geglaubt und mir beim Start finanziell geholfen. Ich habe dann auch ein günstiges Lokal im arabischen Viertel gefunden, wo ich eine Bar mit echt guten Cocktails und tollen Weinen geführt habe. Das lief zu nächst ganz toll, aber nach einem Jahr wurde in der ganzen Gegend der Ausschank von Alkohol ab 19.30 untersagt, was für mein Konzept natürlich katastrophal war. Ich wollte nicht auf ein Tagescafé umsatteln und habe das Lokal ohne große Verluste zurückgeben können. Seither sind wir hier in der Tanjong Pagar Road, die eine der Partymeilen der Stadt ist. Die Location hier ist für uns perfekt.

»Wer sich an die Regeln hält, hat in Singapur keine Probleme.«

– KLAUS LEOPOLD –

Eine Rückkehr nach Österreich hast du nie ins Auge gefasst?

Nicht wirklich. Ich bin jetzt schon seit sieben Jahren mit meiner Frau zusammen, die aus Singapur stammt. Ich habe hier also auch familiär Wurzeln geschlagen. Ich komme aber jedes Jahr gerne ein oder zwei Mal nach Österreich. Erstens will ich den Kontakt zu meiner Familie nicht verlieren. Zweitens habe ich mittlerweile auch zahlreiche geschäftliche Verbindungen nach Österreich. Ich importiere Weine von Gebetshuber, Pöckl, Groß, Zahel und noch ein paar anderen Winzern nach Singapur. Seit letztem Jahr haben wir auch die Fruchtsäfte von Rauch im Programm. Und dann gibt es noch die Kooperation mit Josef Farthofer, mit dem ich den Leopold Gin entwickelt habe – zuerst als Sloe Gin und dann auch als regulären London Dry Gin, der sich nicht nur in Singapur ganz hervorragend verkaufen.

Das klingt beachtlich und ist ganz offensichtlich mehr als nur ein kleines Nebengeschäft. Wie ist es dazu gekommen?

Es hat ganz klein angefangen. Zuerst habe ich österreichische Weine hier in Singapur bei einem Importeur gekauft. Als dieser damit aufgehört hat, dachte ich mir: das kann ich eigentlich auch. Außerdem wollte ich noch ein paar andere Spezialitäten aus Österreich haben, damit es im Lokal auch möglichst authentisch schmeckt. So ist das Eine zum Anderen gekommen. Weil meine Frau von hier stammt, haben wir auch gute Kontakte in viele einheimische Lokale ganz ohne Österreich-Connection. Heute machen wir mit dem Importgeschäft ungefähr so viel Umsatz wie mit dem Lokal. Während der Pandemie, die für die Gastronomie in Singapur massive Einschränkungen bedeutet hat, war das unsere Rettung. Operativ kümmert sich meine Frau darum, weil ich ja noch einen kleinen Zweitjob habe.

… damit einem nicht langweilig wird …

Genau. Aber bei diesem Job verschwimmen Arbeit und Freizeit ein bisschen. Wir haben vor vier Jahren eine kleine Motoryacht gekauft, mit der wir tagsüber kleine Touren machen. Im Gegensatz zu allen anderen Anbietern, gibt es bei uns eine gastronomische All-Inclusive Verpflegung vom Feinsten. Ich bin da Kapitän, Smutje und Barkeeper in Personalunion und gebe auch noch den DJ, wenn das gewünscht ist. Bis zu sechs Gäste haben auf dem Boot gemütlich Platz. Obwohl ich da wirklich zum Einsatz komme, macht mir das enorm viel Spaß. Wenn wir um fünf am Nachmittag wieder zurück in der Marina sind, geht es schnurstracks ins Restaurant.               

Ein Privatleben geht sich da aber nicht mehr wirklich aus, oder?

Mit dem Boot fahre ich nur ein bis zwei Mal in der Woche raus. Das Lokal hat zwar täglich geöffnet, aber der Sonntag ist uns heilig, da muss es das Team auch ohne mich schaffen. Wir sind ja noch jung und meine Frau ist auch sehr tüchtig. Wenn wir einmal Kinder haben sollten, müssten wir das ein bisschen anders organisieren. Aber wie du siehst, bin ich eigentlich ganz entspannt. Genug geredet! Magst du noch ein Weizen trinken? Die Happy Hour ist gleich vorbei. 

Klaus Leopold über …

Das Leben in Singapur

Die Stadt ist sauber, sicher und alles funktioniert so gut wie in Europa, manches sogar besser. Was einem Österreicher anfangs schwer fällt, ist zu akzeptieren, dass Regeln wirklich Regeln sind. Jeder Verstoß wird geahndet. Mit einem Inspektor oder gar einem Polizisten braucht man gar nicht anfangen, zu argumentieren. Es wird dann höchstens noch teurer. Das gilt für den Verkehr, das Einhalten der Sperrstunde und natürlich auch den Konsum von verbotenen Drogen. Da kennen sie hier keine Gnade. Aber wenn man sich an die Regeln hält, hat man keine Probleme. Singapur ist eine multikulturelle und weltoffene Metropole, die sehr viel zu bieten hat.

Sloe Gin macht Stimmung: Klaus Leopold mit dem Autor im nächtlichen Singapur.

Gin und Sloe Gin

Ich war Jahre lang vergeblich auf der Suche nach einem feinen, nicht zu süßen Sloe Gin für die Bar. Bei einem Heimatbesuch habe ich den Josef Farthofer besucht, der quasi im Nachbardorf lebt und einer der genialsten Brenner Österreichs ist. Wir haben gemeinsam einen Slow Gin entwickelt, den wir Leopold getauft haben, weil das einfach ein guter Name ist, der in jeder Sprache funktioniert. Den vertreibe ich nicht nur in Singapur, sondern auch in einigen anderen asiatischen Ländern. Weil sich unser Sloe Gin so gut verkauft hatte, haben wir dann zwei Jahre später unter der Marke Leopold auch einen regulären London Dry Gin gemacht, der heute sogar noch besser läuft als der Sloe Gin.

Klimawandel und Umweltschutz

Singapur liegt am Wasser, Wenn der Meeresspiegel auch nur geringfügig ansteigen würde, hätten wir hier ein Problem. Im Gegensatz zu anderen, weniger entwickelten Ländern in Asien werden hier Umweltschutz und Klimawandel sehr, sehr ernst genommen. Es wurden zahlreiche Initiativen gestartet, damit Singapur eine grüne Stadt wird. Das ist nicht so einfach, weil praktisch alles importiert werden muss, von der Energie über Rohstoffe bis hin zu Lebensmitteln und zum Teil sogar das Trinkwasser. Ressourcen zu sparen, gehört einfach zur DNA dieser Stadt. 

Importierte Weine gibt es auch zum Mit-Nachhause-Nehmen.

COVID 19

Die Regeln waren sehr streng und wurden auch eingehalten. Natürlich hat man – wie auch in allen anderen Ländern – Fehler gemacht. Vor allem das laufende Ändern der Social Distancing Regeln hat viele irritiert. Singapur hat ein hervorragendes Gesundheitssystem und mit über 90 Prozent war auch die Impfquote sehr hoch, sodass die Anzahl an COVID-Todesfällen zu den weltweit niedrigsten gehörte. Als „Essential Business“ durften wir zwar weiterhin Take-Away-Gerichte zubereiten, aber keine Gäste bewirten. Ob ich das Gastronom wirklich durchgehalten hätte, weiß ich nicht. Aber unser Importgeschäft mit Wein lief besser als je zuvor – dank vieler privater Kunden, die sich für zu Hause mit guten Weinen eingedeckt haben. Wir sind also mit einem blauen Auge davongekommen.

wer&wo

LEOPOLD

Tanjong Pagar Road
Singapur

www.leopold.sg