KEIN SCHNITZEL, NICHT

Tanja und Tobias Schöpf sind angekommen. Zu zweit führen sie die Wirtschaft Traube in Klösterle am Arlberg. Das kann nur gut gehen. 

Text & Fotos: Jürgen Schmücking

Wie aus dem Bilderbuch: Eine kleine Karte, hervorragende Getränke und ein stimmiges Ambiente.

Einer der Gründe, warum die Wirtschaft Traube bei den Gästen so gut ankommt, ist – neben dem hohen Wohlfühlfaktor in der Stube – die Klarheit des Konzepts. „Viele Gäste kommen zu uns und sind von den Zutaten, den Produkten, die wir verwenden überrascht. Sie fragen nach, es kommt zum Gespräch. Letzten Endes ist das, was wir hier machen, nichts Weltbewegendes. Nichts Neues. Wir versuchen, Dinge, die rund um uns leben und wachsen, auf den Teller zu bringen“, erzählt Tobias Schöpf. 

Wobei man natürlich schon zugeben muss, dass er bei der Aufgabe, die Sachen, die „um ihn herum wachsen und leben“ auf den Teller zu bringen, aus dem Vollen schöpfen kann. Damit sind einerseits die Ressourcen „um ihn herum“ gemeint, aber auch – und vor allem – seine Erfahrung. Tobias Schöpf war Schüler von Thorsten Probost, jenem Ausnahmekoch, der schon früh die Natur als Architektin seiner Küche sah. Im Fuxbau in Stuben gelang es Schöpf – gemeinsam mit Markus Gitterle –  die Probost-DNA zu bewahren, dabei aber seinen ganz eigenen Stil zu entwickeln.

«Vegetarische Alternativen werden immer wichtiger. Unsere Küche kann da einiges an Wünschen erfüllen» – Tanja Schöpf –

Immer stärker und immer intensiver beschäftigt sich der Tüftler mit den Rohstoffen seiner Region: „Ich bin immer wieder selbst überrascht, wie einfach man Gäste mit Dingen am Teller überraschen kann, an denen sie fast täglich vorbeigehen ohne zu ahnen, dass man sie auch essen kann.“ Er spricht da von nur scheinbar exotischen Früchten, wie etwa der Mehlbeere. Die wächst hier in rauen Mengen, wird aber von niemanden beachtet. Oder auch von Blut- oder Meisterwurz oder der Wiesen-Bärenklau. Pflanzen, die es aus unterschiedlichen Gründen nicht ins Standardrepertoire der heimischen Küche geschafft haben. Tobias Schöpf hat sich ihrer angenommen und baut sie in seine Gerichte und Menüs ein. Aus Meister- oder Blutwurz macht er keinen Schnaps, sondern fermentiert ihn zu Kombucha und macht in weiterer Folge Saucen daraus. Ein Tüftler, wie gesagt. 

Bienenwachs Panna Cotta mit Physalis und rotem Holunder mit großartigen Weinen im rustikalen Ambiente.

Neustart in historischen Mauern 

Nach einem Intermezzo von etwa einem Jahr in Joschi Walchs gastro-kulinarischem Think Tank in der Roten Wand war es dann so weit. Der nächste Schritt. Das eigene Wirtshaus mit Tanja, der Frau an seiner Seite. 

Das Haus, in dem die Wirtschaft Traube ist, hatten die beiden schon länger ins Auge gefasst. Ein solides Gebäude an der Hauptstraße in Richtung Langen, das schon eine Zeit leer stand. Immer wieder sind sie daran vorbeigefahren und haben bemerkt, dass im Haus nie Licht brennt. Gleichzeitig wussten sie, dass es früher schon einmal ein Wirtshaus war. Das ist allerdings mehr als ein Vierteljahrhundert her. Jedenfalls war das Interesse der beiden so groß, dass sie sich erkundigten, wem das Haus gehört. Bereits beim ersten Besuch wurde ihnen klar, dass es genau das ist, wonach sie suchten. Die Wirtschaft Traube musste es sein.

Tanja Schöpf schupft den Service. Und zwar auf eine derart herzliche und empathische Art, dass es eine Freude ist. Es ist keine üppige Weinkarte, wie in manchen Restaurants am Arlberg üblich. Ausgefallene Weine, ohne dabei zu sehr in die Avantgarde abzudriften. Und die Getränkebegleitung ohne Alkohol, für die Tobias in der Produktion und Tanja im Pairing verantwortlich ist, kann man nur als „outstanding“ bezeichnen. Da wird mit Amasake genauso experimentiert, wie mit Blutwurzeistee oder Kwas. Das ist jenes slawische Ferment, das aus der Gärung von altbackenem Brot hergestellt wird. Malzig und frisch. Und nachdem Tobias Schöpf es kategorisch ablehnt, Gebackenes auf seine Karte zu schreiben, muss irgendwas mit dem alten Brot passieren. Kwas zum Beispiel.

Die Entscheidung, weder Schnitzel noch Backhendl anzubieten, hat übrigens nichts Dogmatisches an sich. Tobias Schöpf will nur nicht das Gleiche anbieten, das es in jedem Wirtshaus des Landes gibt. Da greift er lieber zu einem Steinbock. Durch seinen familiär bedingten guten Zugang zur Jägerschaft, stehen ihm immer wieder großartige Stücke zur Verfügung. Sein „Zweierlei vom Steinbock“ kommt als perfekt gebratenes Filet sowie als Steinbockragù zu Tisch. Dazu gibt es Mehlbeerknödel. Es ist aber immer nur ein Gang von den fünf, der Fleisch enthält. Ein weiterer ist mit Fisch zubereitet, zwei sind vegetarisch. Und ein Dessert ist natürlich auch immer dabei. Den Trend zu vegetarischen Gerichten bemerkt auch Schöpf.  Die Nachfrage ist groß, sie mit außergewöhnlichen Gerichten zu befriedigen, macht ihm große Freude.

Tobias und Tanja Schöpf sind am Fuß des Arlbergs gut angekommen. Foto: (c) Tabea Martin

“Nach vier Wochen haben wir schon die ersten Wiederholungstäter. Den Einheimischen gefällt, was wir tun.”

Tanja Schöpf, Gastgeberin

Eingelegt und angerichtet. Beides mit Bedacht und Sinn für Ästhetik. Das gilt auch fürs Wirtshausschild.

Es ist ein absoluter Wohlfühlort, die Wirtschaft Traube. Eine außergewöhnliche Küche, spannende Getränke, herzlicher Service. Im Sommer, sobald die Temperaturen es zulassen, kommen die Stühle und Tische raus in den Garten. Momente, auf die wir uns jetzt schon freuen.

wer & wo

Wirtschaft Traube​

Tanja & Tobias Schöpf
Klösterle 45
6745 Klösterle am Arlberg

info@wirtschaft-traube.at